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Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Titel: Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)
Autoren: Hannah Beitzer
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Einleitung Unpolitisch, egoistisch, weinerlich
    Ichbezogen, karrierefixiert, angepasst und unpolitisch: So sollen wir sein, die Deutschen, die nach 1980 geboren wurden. Verwöhnt von nie dagewesenem Wohlstand und ständig bestätigt von den wohlmeinenden Eltern ist angeblich eine Generation herangewachsen, die von Anfang an darauf getrimmt war, das eigene Leben – oder zumindest den Lebenslauf – zu optimieren. Ideale und Visionen? Fehlanzeige. Vor allem unsere (politische) Elterngeneration, die zu den späten Ausläufern der 68 er gehört, wird nicht müde, die Jungen zu triezen: Euch geht es nur um euch selbst, um Geld und ein kleines Häuschen im Grünen. Politik ist euch doch egal! Die Alten wussten in Sachen Politik eh schon immer alles besser: Sie haben, so erzählen sie heute noch stolz, schließlich schon gegen Atomwaffen demonstriert, lange bevor sie überhaupt Eltern waren.
    Sie haben in ihrer Jugend noch «an etwas geglaubt». Sie sind für den «Weltfrieden» eingetreten, haben auf Demos Plakate hochgehalten und laut «Ho-Ho-Ho-Chi-Minh» geschrien. Sie haben im Gegensatz zu uns versucht, die Welt besser zu machen, haben in Studentenküchen nächtelang über die richtige Umsetzung des Kommunismus diskutiert, über die Revolutionen in Lateinamerika, den Vietnamkrieg. Sie haben Coca-Cola boykottiert und Fair-Trade-Kaffee gekauft, lange bevor es den auch in lecker gab. Wie einst die Anti-Springer-Transparente tragen sie heute ihr angestaubtes politisches Engagement vor sich her. «Und was macht ihr?», heißt es allzu oft anklagend. «Unbezahlte Praktika.»
    Tatsächlich kommen die Kinder dieser engagierten Generation in der Politik nicht wirklich zu Wort – den Eindruck bekommt jedenfalls, wer sich die Führungsspitzen großer deutscher Parteien anschaut. In der SPD gelten schließlich immer noch die inzwischen 43 -jährige Andrea Nahles und die fast 40 -jährige Manuela Schwesig als erfolgversprechende Nachwuchstalente. Nichts gegen die beiden – aber das ist doch ein Witz!
    Die Linke hat sich nun zwar zumindest zur Hälfte an der Spitze ordentlich verjüngt – doch sie hat im Durchschnitt die ältesten Mitglieder aller Parteien. Für viele junge Wähler vor allem im Westen Deutschlands ist diese Partei nach wie vor schwer zu fassen. Sie scheint noch immer ihre DDR -Vergangenheit auszustrahlen, selbst wenn sie jetzt eine von dieser unrühmlichen Geschichte völlig unbelastete Vorsitzende wie Katja Kipping hat.
    Die Grünen hingegen tun zwar jugendlicher denn je, mit flotten Kampagnen und flippigen Haarfarben – werden aber schon seit Jahren von Leuten geleitet, die größtenteils stramm auf die 60 zugehen. Sie protestieren zwar immer noch sehr eifrig gegen Bahnhöfe, Flughäfen und alles, was sonst noch so gebaut werden soll – aber vielen Jungen kommt ihre Protesthaltung und ihre Rhetorik tatsächlich vor wie aus dem vergangenen Jahrhundert. Da könnte man gleich seine Eltern wählen.
    Und die Union? Was die sogenannten Konservativen uns als ultimative Werte präsentieren, hat mit unserem Leben einfach wenig zu tun. Ihre enge Verbindung zur Kirche irritiert uns, wenn wir überhaupt noch religiös sind, dann hängen die meisten von uns dennoch keinesfalls christlichen Moralvorstellungen an, wie sie zum Beispiel die katholische Kirche propagiert. Familie ist uns wichtig – aber nicht in der traditionellen Form, wie sie von den Konservativen als Fundament der deutschen Gesellschaft propagiert wird. Da nützt es auch wenig, dass Angela Merkel die CDU schon ordentlich entrümpelt hat, sodass sie inzwischen im Vergleich zur Union unter Kohl geradezu progressiv wirkt. Für uns hinkt sie den gesellschaftlichen Entwicklungen immer noch hinterher. Die Ablehnung der Homo-Ehe beispielsweise können wir überhaupt nicht verstehen – gerade in Zeiten, in denen es sogar schwule Außenminister gibt. Wenn das «konservativ» ist: Nein, danke. Ach ja, die deutschen Parteien … Sie kommen kurz vor der Bundestagswahl 2013 reichlich grauhaarig daher.
    Seltsamerweise sind es aber oft nicht einmal die alten Parteisoldaten, die den größten Unmut von uns Jungen auf sich ziehen – fast noch schlimmer sind die jungen Politiker, die sich in der ersten Reihe deutscher Parteien finden. Zum Beispiel die oft scherzhaft «Boygroup» genannte Clique um Philipp Rösler, die vor gar nicht allzu langer Zeit Guido Westerwelle aus der FDP -Führung putschte. Mit keinem von denen kann ich mir vorstellen, abends in der Kneipe zu
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