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Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Cynthia J. Omololu
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1
    Gleich geschieht es wieder, ich kann es spüren.
    Ein Kribbeln in meinem Nacken, das Gefühl, dass alles um mich herum in immer weitere Ferne rückt, kalte Schweißperlen auf meiner Stirn – ich kenne die Anzeichen und weiß, das bedeutet nichts Gutes.
    Ich hefte den Blick auf meine Füße, folge Kat aus dem U-Bahnhof Tower Hill hinaus in den hellen Sonnenschein und versuche, mich ganz auf meine Schuhe zu konzentrieren, die sich Schritt für Schritt über den tadellos sauberen Bürgersteig bewegen. Aber es ist, als seien sie weit fort, kein Teil von mir, sondern einfach ein Paar blau karierter Vans Größe achtunddreißig, das zu irgendjemand anderem gehört.
    Hastig nehme ich die Kopfhörer ab und die erhabene Massenet-Sinfonie verebbt zu einem leisen Rauschen in der Ferne. Mein Herz hämmert wie wild und ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Ich schüttele den Kopf, will dem Unvermeidlichen entgehen, nicht hineingezogen werden in was auch immer mich dieses Mal erwartet. Krampfhaft versuche ich, die Kontrolle zu behalten, doch schon spüre ich, wie mir alles entgleitet. Ich schnappe nach Luft, als eine Welle von Bildern und Gefühlen über mir hereinbricht, mich verschlingt und alles andere auslöscht.
    Die Menschen in der Menge drängen sich so dicht heran, dass ihr warmer, übel riechender Atem sich mit dem meinen vermengt – einige der Gesichter sind wutverzerrt, entstellt von der Gier nach Blut. Ich weiche zurück, will umkehren, aber man hält mich fest an den Ellbogen gepackt und zieht mich weiter, so heftig, dass meine hübschen, neuen Seidenschuhe kaum den feuchten, schlammigen Boden berühren. Obwohl ich den Hügel nicht länger sehen kann, rieche ich den Rauch der Feuer und höre, wie die Verurteilten zu Gott flehen. Der metallische Geruch von Blut erfüllt die Luft ringsumher. Mit wachsender Panik suchen meine Augen in der Menge der Gefangenen verzweifelt nach Connor, doch man zerrt mich immer weiter, hinunter zum Wasser und fort von dem Hügel, wo ich ihn zuletzt sah –
    »Hey!« Meine Schwester schnippt vor meinem Gesicht mit den Fingern und holt mich in die Realität zurück. »Cole!«
    Ich blinzele, starre sie an und versuche, meine Gedanken von dem, was ich gerade gesehen und gefühlt habe, loszureißen. Immer noch rieche ich beißenden Rauch und versuche angestrengt, mir klarzumachen, dass ich zurück in der Wirklichkeit bin. Ich trage kein langes Samtkleid und keine zarten, seidenen Schuhe, sondern die üblichen Jeans und meine leicht abgewetzten Sneakers. Alles ist normal. Ich bin nicht dabei, durchzudrehen.
    »Was ist denn?«, frage ich und versuche, möglichst genervt zu klingen, um meinen inneren Aufruhr zu verbergen. Ich muss diese Träume oder Halluzinationen oder was auch immer es ist in den Griff bekommen. Mein Magen rebelliert, ich möchte mich übergeben, um das, was da in mir sitzt, herauszuwürgen, damit diese Visionen aufhören.
    »Langsam glaube ich, dass du dich in meiner Gesellschaft ziemlich langweilst«, sagt Kat, während ihre perfekt manikürten Daumen über die Tasten ihres Handys hüpfen.
    Ich nehme einen Schluck aus meiner Wasserflasche, bemüht, das Zittern meiner Hände zu verbergen. Kat hat noch nichts gemerkt, aber wenn ich in Tränen ausbreche oder mich in den nächsten Mülleimer übergebe, wird sich das garantiert schnell ändern. Ich zerbreche mir den Kopf, um für das, was mit mir geschieht, eine logische Erklärung zu finden, denn tief in mir spüre ich, dass es immer schlimmer wird. Seit wir in London angekommen sind, begegnen mir immer wieder kleinere Dinge, die mir merkwürdig vertraut erscheinen, beinahe so, als sei ich zurückgekehrt – an einen Ort, an dem ich niemals zuvor gewesen bin. Wir laufen durch die Stadt und tun, was alle Touristen so tun, kommen an einem alten Haus vorbei, einem Schaufenster oder an einer schmalen, kopfsteingepflasterten Gasse, und plötzlich überfällt mich ein so heftiges Déjà-vu, dass ich stehen bleibe und versuche, eine passende Erinnerung zu diesem unerklärlichen Gefühl zu finden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erheben sich düster die dunklen Mauern des Tower of London, aber keiner der Menschen auf dem dicht bevölkerten Gehweg scheint die Verzweiflung und den Wahnsinn zu spüren, die diesen Ort umgeben. Wahrscheinlich, weil alle anderen nicht verrückt sind.
    Ich trinke noch einen Schluck, aber das Wasser ist warm und schmeckt metallisch, nicht besonders erfrischend. »Sorry. War nur in
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