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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition)
Autoren: Tim Parks
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BlackBerry Pornos reinziehst?«
    Das hat ihn geärgert. Es war ziemlich komisch. Wie kam ich darauf, dass er sich Pornos reinzog? wollte er wissen. Er hat einen starken deutschen Akzent. »Wieso glaubst du das?« Ich musste mich zusammenreißen, um ernst zu bleiben. »Alle Männer schauen sich Pornos an«, erklärte ich. Was absolut stimmt. »Wieso hättest du es sonst verstecken wollen?«
    Aber wenn ich Ralph gemeldet hätte, bei den Harpers, oder bei Mi Nu, dann hätten sie mich deswegen mehr gerügt als ihn wegen des BlackBerrys. Im Dasgupta-Institut muss man die Regeln befolgen,
weil man es will.
Solange niemand beim Meditieren gestört wird, brauchen Regelverstöße nicht geahndet zu werden. Vermutlich hätte ich behaupten können, Ralph hätte mich gestört, aber ich weiß nicht genau, ob die Helfer wirklich zählen. Als ehemalige Schüler sollten wir uns durch so etwas nicht stören lassen, wozu haben wir denn sonst die Methode gelernt? Es stört mich aber trotzdem. Es nervt, daran zu denken, dass er ins Netz kann, und mir vorzustellen, wie es wäre, auch mal wieder meine E-Mails zu lesen. Oder auf Facebook zu gehen. Verdammt. Vielleicht könnte ich jetzt, wo ich Stift und Papier habe, eine anonyme Nachricht schreiben. RALPH HAT EIN BLACKBERRY UND GUCKT PORNOS . Vielleicht fange ich jetzt, wo ich angefangen habe zu schreiben, auch wieder an zu rauchen. Ich könnte die letzte Schachtel aufrauchen. Dann könnte Ralph
mich
anschwärzen. Ich würde ihn beim Möhrenschrubben meinen rauchigen Atem schnuppern lassen. Dann würden sie mich fragen, wo ich die Zigaretten herhabe, denn ich habe das Grundstück seit Monaten nicht verlassen. Ich würde gestehen und sagen, dass es mir leidtut. Zu Mi Nu vielleicht. Mi Nu Wai. Ich hätte gern einen Grund, ihr ein paar Sachen zu gestehen. Ich könnte ihr sagen, dass ich manchmal abends heimlich in den Pub gehe. Aber ich glaube kaum, dass Ralph mich verraten würde.
    Ralph mag mich. Er ist immer zur Stelle, um nach dem Mittagessen beim Abkratzen der Teller zu helfen und die schleimigen Essensreste aus dem Abfluss zu fischen. Vielleicht wollte er sogar, dass ich sein BlackBerry sehe. Ralph mag mich, aber er ist zu jung, zu süß, zu
deutsch.
Süße Jungs haben mich noch nie interessiert. Es gibt hier mit Sicherheit Dutzende von attraktiveren Männern. Und Frauen. Gute Idee, dass Sex im Dasgupta-Institut verboten ist. Vielleicht gibt es auch gute Gründe, das Schreiben zu verbieten.
    Ich bin nicht wieder eingeschlafen, als ich heute Morgen im Bett geblieben bin. Die anderen sind mit der wunderbaren Unterwürfigkeit aufgestanden, zu der wir alle morgens bereit sind. Sie sind zur Meditation gegangen. Aber ich habe im Bett gelegen und nachgedacht. Nach ungefähr zehn Minuten kam Meredith zurück und erkundigte sich, ob ich krank sei, aber da auch die Helfer nur reden sollen, wenn es sein muss, habe ich nicht geantwortet. Meredith ist ein pummeliges Mädchen, vermutlich ziemlich hübsch. Sie hat ein hübsches Lächeln. Im Herbst fängt sie in Cambridge an zu studieren, sagt sie jedenfalls. Ich habe nicht geantwortet. Nicht mal den Kopf geschüttelt. Jetzt fragt sie sich bestimmt, was los ist oder ob sie mich verärgert hat. Mein Gott. Warum bin ich so gemein? Keine Ahnung. Es macht mir Spaß. Nett sein macht mir Spaß, und gemein sein macht mir auch Spaß. Ich finde, Meredith hat ein bisschen Gemeinheit verdient. Sie muss eindeutig abnehmen. Falls ich je eine Chance hatte, nach Cambridge zu gehen, dann habe ich sie mir schon vor langer Zeit versaut.
    Ich bin also nicht wieder eingeschlafen, sondern habe dagelegen und nachgedacht. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Wenn ich sonst im Bett lag und nachdachte, habe ich immer Pläne geschmiedet, Pläne über Pläne, aufgeregt und eifrig.
    Ich habe im Geiste Songs geschrieben und alles Mögliche geplant und organisiert – Proben, Übungsräume, Auftritte, E-Mails, die Webseite, Geld. Aber in meiner Anfangszeit hier im Dasgupta-Institut bin ich immer so schnell wie möglich aus dem Bett gesprungen, denn die Gedanken waren
furchtbar.
Kaum war ich wach, ging das Pochen in meinem Kopf los. Nein, das stimmt nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte Frieden, ehe die Gedanken wie eine Lawine auf mich niedergingen und mich begruben. Dann verfluchte ich diese friedliche Sekunde, weil sie die Lawine noch viel schlimmer machte. Du musst über diese Gedanken hinwegkommen, sagte ich mir immer wieder. Du musst, du musst, du musst. Du
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