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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition)
Autoren: Tim Parks
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das Kribbeln in deinen Wangen. Veränderung.
Anicca.
Vielleicht ist es die gleiche Veränderung, die mich dazu gebracht hat, einen Stift in die Hand zu nehmen. Heute habe ich ganz spontan nach einem Stift gegriffen. Schreiben ist noch etwas, das im Dasgupta-Institut verboten ist. Schreiben und Sex.
    Nicht, dass mir das Schreibverbot je etwas ausgemacht hätte. Die einzige Regel, die mir zu schaffen machte, als ich ins Dasgupta-Institut kam, war die »Edle Stille«. Nicht reden. Nicht singen. Für mich gibt es Augenblicke, in denen es ganz natürlich erscheint, laut Guten Morgen zusammen! zu sagen. Würden Sie bitte mal den Wasserkrug herüberreichen? He, Sie haben vergessen,Ihre Schuhe auszuziehen! – Oder Augenblicke, in denen ich
gar nicht anders kann,
als draufloszusingen:
When the working day is done, Girls just wanna have fun.
Dann muss ich einfach tanzen, die Hüften schwingen und mit den Füßen stampfen. Das Schweigen fiel mir also schwer. Das Schöne am Dhamma-Service ist, dass man ein bisschen sprechen darf, zumindest in der Küche. Vielmehr, man
muss
sprechen, um seine Aufgaben zu erledigen. Aber natürlich niemals mit den Meditierenden. Die Meditierenden dürfen nicht gestört werden.
    Eigentlich erzähle ich hier Lügen. Das Rauchverbot hat mich auch verrückt gemacht. Ich hatte drei Schachteln mitgebracht, um über die zehn Tage zu kommen, und ich rauchte sie im Gebüsch unten am Wiesenrand. Bestimmt hat mich ab und zu jemand gesehen. Aber ich habe die Zigaretten nicht aufgeraucht. Nach acht Monaten habe ich immer noch eine halbe Schachtel. Man sollte meinen, es sei ein großes Ereignis in meinem Leben gewesen, das Rauchen aufzugeben. Ich habe es weiß Gott oft genug versucht, während Carl mir im Nacken saß. Aber jetzt weiß ich nicht mal mehr, wann es passiert ist. So ist das beim Meditieren. Wir leben hier im Dasgupta-Institut in einem Trancezustand. Einem ewigen
jhāna.
Ich mag dieses Wort. Eines Tages stellte ich fest, dass ich nicht mehr rauchte. Eines Tages merkte ich, dass ich aufgehört hatte zu denken. An Dad und Mum und Jonathan und Carl und Zoe. Ich hatte aufgehört, an
Pocus
zu denken, aufgehört, an die Zukunft zu denken. Die Dasgupta-Methode funktioniert also. Ich war im Dhamma gewachsen. Außer dass ich jetzt plötzlich hier sitze und alles aufschreibe. Ich, die sonst außer Songs nie etwas geschrieben hat. Im Grunde stört mich das Schreibverbot immer noch nicht. Ich meine, es war schön, zu rauchen, als ich nicht rauchen durfte. Ich habe nicht wegen des Verbots aufgehört. Und es ist schön, jetzt zu schreiben,obwohl ich weiß, dass ich es eigentlich nicht darf. Ich hatte deswegen heute Morgen ziemlich intensive Gefühle. Ich schien absolut ich selbst zu sein. Vielleicht verwandle ich mich gerade von einer vorbildlichen Dasgupta-Helferin in ein verrücktes, rebellisches Bad-Girl, das gegen alle Regeln verstößt. Dann werfen sie mich raus, und ich werde herausfinden, zwischen was ich mich die ganze Zeit befunden habe.
    Einer der männlichen Helfer hat ein BlackBerry. Ich bin ziemlich sauer geworden, als ich es entdeckt habe. Ralph. Ein Deutscher. Beim Kochen dürfen die Helfer mit Angehörigen des anderen Geschlechts zusammen sein. Es gibt nur eine Küche, und wir kochen für alle das Gleiche, egal ob Männer oder Frauen, neue oder alte Schüler, obwohl es natürlich ein paar Sachen gibt, die alte Schüler nicht nehmen sollten, wie zum Beispiel Kuchen oder das Nachmittagsobst. Ich bin einmal ein paar Minuten zu früh zur Frühstücksschicht erschienen, und da saß Ralph auf einer der Arbeitsflächen und hatte den Kopf über seinen kleinen Bildschirm gebeugt. Ralph ist stolz darauf, Service zu leisten. Sein hübsches Gesicht wird ganz weich vor lauter Hingabe. Ihm gefällt der Gedanke, dass er Gutes tut. Ohne uns hätten die Meditierenden nicht die Freiheit, in der Stille zu leben, sie könnten ihr schlechtes Karma und ihre
sankharas
nicht abladen und anfangen, sich zu reinigen. Also, zuerst wollte er das Ding schnell in der Schürzentasche verschwinden lassen, aber als er sah, dass ich gesehen hatte, was er da macht, fragte er mich, ob ich meine E-Mails checken wolle. Er wollte mich zur Mittäterin machen. Fast hätte ich die Sache gemeldet. Vielleicht hätte ich es tun sollen. »Das geht echt gegen den Geist des Dasgupta-Instituts«, sagte ich. »Du solltest dich schämen. Wozu schaffen wir hier alle dieses reine Umfeld, wenn du es dann wieder verseuchst, indem du dir auf deinem
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