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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue
Autoren: Jack Vance
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1.
 
Vom Shanglestone Strand nach Saskervoy
     
Flutic
     
     
    Iucounu (in ganz Almery als der »Lachende Magier« bekannt) hatte Cugel einen äußerst üblen Streich gespielt. Zum zweitenmal war Cugel gepackt, nordwärts über das Seufzermeer verschleppt und an der trostlosen Küste, Shanglestone Strand genannt, fallen gelassen worden.
    Cugel stand auf, streifte den Sand vom Umhang und rückte den Hut zurecht. Er befand sich keine fünfzig Fuß von der Stelle entfernt, an der er das erste Mal, ebenfalls von Iucounu veranlaßt, abgesetzt worden war. Doch nun trug er weder ein Schwert noch enthielt sein Beutel Terces.
    Die Einsamkeit war vollkommen. Außer dem Seufzen des Windes entlang der Dünen war kein Laut zu hören. Weit im Osten ragte eine Landzunge ins Wasser, und genausoweit westlich eine zweite. Im Süden erstreckte sich leer – von der Widerspiegelung der alten roten Sonne abgesehen – das Meer. Cugels erstarrte Sinne begannen sich zu regen, und eine Vielfalt von Gefühlen, eines nach dem anderen, machte sich bemerkbar, das stärkste davon die Wut.
    Zweifellos kostete Iucounu seine Schadenfreude nun weidlich aus. Cugel hob drohend die Faust südwärts: »Iucounu, du bist zu weit gegangen! Diesmal wirst du dafür bezahlen! Ich, Cugel, werde dein Untergang sein!«
    Eine Zeitlang stapfte Cugel fluchend und schreiend hin und her. Langbeinig und langarmig war er, mit glattem Schwarzhaar, schmalen Wangen und einem sehr beweglichen, im Augenblick verzerrten Mund. Es war Nachmittag, und die Sonne, bereits halbwegs im Westen, wankte wie ein krankes Tier den Himmel hinab. Cugel, der durchaus praktisch veranlagt war, beschloß, den Rest seiner Tirade ein andermal fortzusetzen und sich nun erst einmal nach einer Unterkunft für die Nacht umzusehen. Abschließend wünschte er Iucounu jedoch schnell noch pochende Geschwüre an den Hals, ehe er über den Kies stiefelte und zu einem Dünenkamm hochstieg, um sich in alle Richtungen umzusehen.
    Gen Norden dehnten sich Marschen aus, und vereinzelt kuschelten sich schwarze Lärchen aneinander, die mit ihrem Hintergrund fast verschmolzen.
    Dem Osten widmete Cugel nur einen flüchtigen Blick. Er wußte, daß sich dort die Ortschaften Smolod und Grodz befanden – und im Land Cutz hatten die Menschen ein gutes Gedächtnis.
    Im Süden breitete sich das Meer müde und eintönig bis zum Horizont und weiter aus.
    Westwärts erstreckte der Strand sich bis zu einer fernen Hügelkette, die ins Meer strebend zur Landzunge anwuchs ... In der Ferne blitzte ein rotes Glitzern, das sofort Cugels Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ein solches Funkeln konnte nur Sonnenschein bedeuten, der sich auf Glas brach. Cugel merkte sich die Stelle, die mit dem Weiterwandern der Sonne schnell außer Sicht verschwand. Er rutschte den Dünenhang hinunter und eilte den Strand entlang.
    Die Sonne versank hinter der Landzunge. Lavendelgraue Düsternis fiel über den Strand. Ein Arm des gewaltigen Waldes, des Großen Erms, tastete sich aus dem Norden herab und verbreitete eine unheimliche Stimmung, so daß Cugel vornübergebeugt den Schritt beschleunigte.
    Die Hügel hoben sich schwarz gegen den Himmel ab, doch von Behausungen war nichts zu sehen. Cugels Laune verschlechterte sich. Er schritt langsamer dahin, schaute sich forschend um, bis er endlich, erleichtert aufseufzend, zu einem großen, prächtigen Herrenhaus uralter Bauart gelangte, das die gewaltigen Bäume eines ungepflegten Gartens fast verbargen. Hinter den unteren Fenstern glühte bernsteinfarbenes Licht: ein erfreulicher Anblick für einen Wanderer, so kurz vor Einbruch der Nacht.
    Cugel bog in den Garten ein und eilte zum Haus. Er schaute sich nicht vorsichtig um oder spähte erst durch die Fenster, wie er es üblicherweise tat, denn er hatte am Waldrand zwei weiße Gestalten bemerkt, die sich schnell hinter die Bäume zurückzogen, als er sie anstarrte.
    Er hastete zur Haustür und zog am Glockenstrang. Tief im Innern erklang das gedämpfte Dröhnen eines Gongs.
    Ein Augenblick verging. Cugel schaute besorgt über die Schulter und zog erneut am Strang, bis sich innen schließlich langsame Schritte näherten.
    Die Tür öffnete sich, und ein hagerer alter Mann mit schmalem, bleichen Gesicht und hängenden Schultern spitzte durch den Spalt.
    Cugel bediente sich des höflichen Tones von Edelleuten. »Guten Abend. Welch schönes altes Landhaus ist dies, wenn ich fragen darf?«
    Der Alte antwortete nicht sonderlich freundlich: »Mein Herr, dies ist
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