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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)
Autoren: Raphael M. Bonelli
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Gründer der gleichnamigen Klinik, ließ 1975 mit seinem erstaunlichen Buch »Whatever became of Sin?«, in dem er nach dem Verschwinden des Begriffs der Sünde forschte und den Zeitgeist ordentlich gegen den Strich bürstete, aufhorchen: »Es gibt Immoralität, es gibt unethisches Verhalten, es gibt unrechtes Handeln. … Solange ich nicht erkenne und anerkenne, dass ich meines Bruders Hüter bin, wird die Flut menschlicher Selbstzerstörung nicht eingedämmt werden können. … Sünde, Hass, Entfremdung, Aggression – nennen Sie es, wie Sie wollen – können durch Liebe besiegt werden. Die eigene Ichzentriertheit zu überwinden ist keine Tugend, es ist eine rettende Notwendigkeit.« Der Psychoanalytiker macht die Menschen darauf aufmerksam, dass – wie schon Martin Buber, der große jüdische Religionsphilosoph, sagte – der Mensch erst am Du zum Ich wird.
    In der menschlichen Gesellschaft gibt es eine natürliche gegenseitige Zugehörigkeit und Abhängigkeit, weil der Mensch ein soziales Wesen ist. Wer sich dem entzieht, ist sozial gestört. Selbstbefreiung aus der neurotischen Ichhaftigkeit, die der gesunden Wirhaftigkeit entgegensteht, macht den Menschen erst fähig für das Du und sozial kompetent.
    Folge dieser Selbstbefreiung ist ein »in sich Ruhen«, das offen ist auf den anderen hin. Erst der Selbstbefreite kann einen klaren Blick auf die Bedürfnisse des Nächsten haben. So gesehen sind Selbstlosigkeit und Altruismus, von Psychologen lange pathologisiert (so nach dem Motto »der Selbstlose hat kein Selbst«), ein Zeichen für psychische Gesundheit. Jeder Mensch neigt zur Ichhaftigkeit, jeder kann einen narzisstischen Anteil in sich entdecken, wenn er sich traut. Doch der, der sich um die selbstlose Liebe und den selbstlosen Dienst bemüht, öffnet sich dadurch wieder für die anderen, macht in seinem Herzen Platz, wächst in seiner Beziehungsfähigkeit und ist für andere Menschen liebenswert.
    Je weniger man an sich selbst hängt, desto eher kann man auch eigene Schuld erkennen und um Verzeihung bitten – das ist der Schritt zurück zum Du, von dem man sich durch die Schuld entfernt hat. Der prominente Sozialpsychologe Philip Zimbardo empfiehlt: »Sagen Sie die Zauberworte: ›Es tut mir leid‹, ›Ich entschuldige mich‹, ›Verzeih mir‹. Nehmen Sie sich vor, aus Ihren Fehlern zu lernen, ein besserer Mensch zu werden. Wenn wir das oft tun, schwindet die Notwendigkeit, Fehler zu rechtfertigen oder zu rationalisieren und dadurch weiterhin für schlechtes oder unmoralisches Verhalten einzutreten. Das Eingeständnis von Fehlern entzieht der Motivation, kognitive Dissonanz zu reduzieren, die Grundlage; eine Realitätsprüfung lässt die Dissonanz verschwinden. Nachzugeben, statt eisern einen falschen ›Kurs zu halten‹, kostet zunächst Überwindung, erbringt jedoch stets einen bleibenden Gewinn.«
    Das innere Stehaufmännchen
    Wie können Menschen wie Jean Valjean Ungerechtigkeiten und Demütigungen aushalten, während andere wie Michael Kohlhaas daran zerbrechen? Nehmen wir zur Beantwortung kurz Anleihen bei der Physik. Dort beschreibt der Begriff »Resilienz« die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Stehaufmännchen, das sich aus jeder beliebigen Lage von selbst wieder aufrichtet. Sosehr wir es auch kippen, drücken, schlagen, herzen: das bunte Männchen kippt immer wieder in seine Ausgangslage zurück. In der Psychologie ist Resilienz ein Ausdruck für die Stabilität gegenüber jedweder Lebenskrise. Das Bild aus der Physik ist hier speziell brauchbar, weil es veranschaulicht, was »in sich ruhen« bedeutet. Ein anderer physikalischer Begriff für das funktionierende Stehaufmännchen ist »stabiles Gleichgewicht«, im Kontrast zum »labilen Gleichgewicht«. Zweiteres schaut von außen ähnlich aus, verliert aber bei Belastung völlig die Fassung und stürzt in sich zusammen – wie Michael Kohlhaas.
    Es gibt Situationen im Leben, die das innere Stehaufmännchen in eine ziemliche Schieflage bringen. In der Psychologie nennt man das Krise. Manche Krisen sind so eindeutig Folge unseres eigenen Verhaltens, dass es mindestens jedem Außenstehenden klar ist. Nehmen wir ein harmloses Beispiel: ein Schüler, der die Klasse wiederholen muss. Wir sprechen hier nicht über Ausnahmefälle, die sieben Monate lang schwer krank waren, dreimal das Land wechselten und sich gleichzeitig um die gebrechliche Großmutter kümmern mussten. Sprechen wir
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