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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
Autoren: Janine Binder
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genau weiß, dass ich eigentlich kaum noch etwas tun kann. Die Chancen dafür, jemanden auf frischer Tat zu erwischen, sind nachts einfach höher.
    »Guten Morgen!« Grinsend und bereits in Uniform betrete ich die Wache. Zum Nachtdienst komme ich immer gut gelaunt und meist überpünktlich, weil ich weiß, dass die Kollegen vom Spätdienst froh sind, wenn sie sich endlich an ihren Schreibkram begeben können, den sie während des Nachmittags und Abends angesammelt haben.
    »Guten Morgen? Sag bloß, du bist grad erst aufgestanden!« Meine Kollegin grinst mich an. »Alte Schlafmütze!«
    Wir übernehmen unseren Streifenwagen vom Spätdienst, die Kollegen verdrücken sich gestresst in die Schreibräume, und ich frage beim Funker, ob noch Einsätze offen sind oder ob ich mich sonstwie nützlich machen kann.
    Heute werden wir sofort raus auf die Straße geschickt, fahnden. Ein Sechzehnjähriger hat sich das Auto der Frau Mama geschnappt, ist offenbar betrunken und kurvt nun durch Köln. Bisher ist er noch niemandem aufgefallen, es scheint also, dass er trotz Alkohol und fehlendem Führerschein ganz gut fährt.
    Ich sitze am Steuer, und wir rollen, nach rechts und links spähend, durch unseren Bereich. Da deutet die Kollegin auf einen vor uns fahrenden schwarzen Kleinwagen. »Der ist nicht angeschnallt!«
    Auch ich hatte das bemerkt, wollte aber eigentlich großzügig darüber hinwegsehen. »Na gut, halten wir ihn an! Nach unserem kleinen Besoffski können wir auch später wieder Ausschau halten.«
    Wir geben das Anhaltesignal, und der Kleinwagen stoppt so unvermittelt, dass ich ihm fast hinten drauffahre. Das rechte Rücklicht ist auch defekt, nehme ich zur Kenntnis, während ich aussteige.
    »Guten Abend, Binder, Polizei Köln-Porz. Führerschein und Fahrzeugschein bitte!«
    Am Steuer sitzt ein Junge mit einer beeindruckend stacheligen Frisur. Er sieht mich mit großen Augen an wie ein verschrecktes Kaninchen und reagiert nicht. Ich wiederhole meine Aufforderung, sehe, wie sich seine Hand kurz Richtung Schalthebel bewegt, und mache mich bereit, zum Auto zurückzusprinten, falls er jetzt Gas geben sollte.
    »Motor bitte auch aus!«, ergänze ich meine kleine Ansprache, und er leistet brav Folge. Trotzdem ist hier irgendwas faul, ich spüre es.
    Über das Autodach hinweg tausche ich einen Blick mit meiner Kollegin. Die zieht eine Augenbraue hoch, ihr Bauchgefühl scheint also auch irgendwas anzudeuten.
    Der Junge fingert unter unseren kritischen Blicken seine Papiere aus dem Handschuhfach und reicht sie mir. Ich betrachte den Führerschein und dann sein Gesicht, das er jetzt verschämt abwendet. Auffällig, wie er jeden Blickkontakt mit mir vermeidet.
    »Sie waren nicht angeschnallt!« Ich beuge mich ins Fahrzeug und schnuppere, stutze und schnuppere dann noch mal. »Himmelherrgott, und in Ihrem Auto riecht’s nach Gras, als hätten Sie einen ganzen Coffeeshop dabei! Steigen Sie mal aus!«
    Langsam steigt er aus und stellt sich, wie man es im Fernsehen oft sieht, mit erhobenen Händen und leicht schwankend neben das Auto, ohne dass ich was gesagt oder getan hätte. Meine Kollegin kommt zu uns rüber.
    »Also, wann hast du … wann haben Sie den letzten Joint geraucht?« Häufig fällt es mir schwer, bei einem so jungen Burschen beim »Sie« zu bleiben.
    Er schweigt nur und sieht mich über die Schulter hinweg an. Die Kollegin funkt bereits nach einem männlichen Kollegen für die Durchsuchung, die wir Mädels bei männlichen Personen nur in Ausnahmefällen durchführen dürfen.
    »Ich hab nichts geraucht!« Er spricht so schleppend, dass ich gar keine weiteren Anhaltspunkte brauche, um zu wissen, dass er komplett stoned ist.
    »Ja, genau, und ich bin der Weihnachtsmann! Haben Sie noch was von dem Kram dabei?«
    Fahrig schüttelt er den Kopf, denkt aber doch kurz nach. »Weiß nicht, kann sein, im Kofferraum!« Er betrachtet interessiert seine Schuhspitzen und schwankt selbst im Stehen noch vor und zurück. Ein Wunder, dass er überhaupt geradeaus fahren konnte.
    Der zweite Streifenwagen trifft ein, einer der Kollegen tastet den Jungen kurz ab und findet zwei kleine Päckchen mit Speed in seiner Hosentasche.
    »Ey, das ist nicht von mir!«
    Unbeeindruckt packen ihn die Kollegen in den Streifenwagen, um ihn wegen »Fahrens unter Betäubungsmitteleinfluss« zur Blutprobe auf die Wache zu bringen.
    Anschließend durchwühlen meine Kollegin und ich systematisch das Auto. In zwei CD -Hüllen finde ich zwei weitere kleine
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