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Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Autoren: Robin Cook
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Prolog
      
    16. Februar 1988
      
    Überfallartig griffen die giftigen Bakterien an, als kämen sie direkt aus der Kloake geschossen. In Sekundenschnelle nisteten sich mehrere Millionen schlanker, stäbchenförmiger Mikroorganismen in den Hohlräumen der Eileiter ein. Die meisten drängten sich zu dichten kleinen Klumpen zusammen. Sie richteten sich in den samtigen Windungen der Schleimhaut ein, schmiegten sich in die warmen, fruchtbaren Täler, nahmen die reichlich vorhandenen Nährstoffe in sich auf und schieden ihre eigenen fauligen Exkremente aus.
    Die zarten Zellen, die das Innere der Eileiter säumten, waren angesichts der plötzlich eingedrungenen Horde machtlos. Die faulen Ausscheidungen der Bakterien ätzende Proteine und schmierige Fette brannten wie Säure und zerstörten im Nu die feinen Flimmerhärchen, deren normale Aufgabe es war, ein Ei in die Gebärmutter zu befördern.
    Daraufhin riefen die feinen röhrenförmigen Zellen den Körper um Hilfe, indem sie ihre Abwehrund Signalgebenden chemischen Stoffe entsandten. Leider erzielten die Abwehrsekrete bei den Bakterien keinerlei Wirkung, denn deren Membrane besaßen einen bräunlichen, fettartigen Schutzüberzug von Lipoiden.
    Frisch aus ihren mikrobiologischen Labors kommende Medizinstudenten hätten die Bakterien erkannt oder es sich jedenfalls eingebildet. Die fettigen Zellwände dieser Bakterien waren säurefest, konnten gewisse Pigmente aufsaugen und waren widerstandsfähig gegen Alkoholsäure. In selbstgefälliger Befriedigung hätten alle Studenten im Chor ausgerufen: »Tuberkulose!«
    Ob nun tuberkulös oder nicht, für die Röhrenzellen bedeuteten jede Art von eingedrungenen Bakterien Gefahr. Die von den Zellen ausgesandten Botenchemikalien lösten einen komplizierten Abwehrmechanismus gegen die fremden Eindringlinge aus, der sich in einer Milliarde Jahren seit Beginn des Lebens auf der Erde fortlaufend entwickelt hatte.
    Die ausgesandten chemischen Stoffe bewirkten eine Veränderung in den betroffenen Blutgefäßen. Der Blutkreislauf verstärkte sich hier, eröffnete winzige Verzweigungen und entließ Plasma in das Gewebe. Mit dem Blutstrom wanderten spezielle Erste-Hilfe-Abwehrzellen, Granulocyten genannt, in die Bakterienhorde. Diese Zellen produzierten weitere chemische Stoffe, darunter starke Enzyme. Außerdem griffen sie die Bakterien direkt an. Für sie selber ein KamikazeUnternehmen nachdem sie ihre Granulen ausgestoßen hatten, starben sie ab.
    Bald reagierten größere Zellen, die sogenannten Makrophagen, auf den chemischen Hilferuf. Sie kamen aus den Lymphknoten und dem Knochenmark und stießen ebenfalls durch die feinen Blutgefäße auf das Schlachtfeld vor. Und sie hatten mehr Erfolg als die Granulocten. Sie machten einen Teil der Bakterien unschädlich und entließen weitere chemische Stoffe in den entstandenen Eiter, der nun eine grünliche Färbung annahm.
    Innerhalb von sieben Stunden begann der Aufmarsch von Lymphkörperchen. Damit setzte eine höhere Stufe der Immunverteidigung ein. Da man bisher noch nie von dieser besonderen Bakterienart befallen worden war, gab es auch keine spezifischen Antikörper. Doch nun wurden sie entwickelt. T-förmige Lymphkörperchen sammelten sich und machten chemische Veränderungen durch. Dies führte zu einem vermehrten Ansturm von Makrophagen, der in einer spiralförmig anwachsenden Zellentätigkeit für eine ständig größer werdende Zahl von T-förmigen Zellen sorgte.
    Nach 24 Stunden verließ die Bakterien das Schlachtenglück. Die röhrenförmigen Zellen behielten die Oberhand. Doch das war ein Pyrrhussieg. Durch die Immunreaktion waren große Teile der zarten Schleimhäute in den Eileitern zerstört worden. Das führte unweigerlich zu ausgedehnter Narbenbildung. Das Aufeinandertreffen mit dem Blutstrom vergrößerte den Schaden. Darüber hinaus lösten die überlebenden Bakterien und ihre Ausscheidungen neue Reaktionen im Immunsystem aus. Ohne zu ahnen, daß die Schlacht bereits gewonnen war, stellte der Körper weitere Zellentruppen zusammen. Neu hinzukommende Makrophagen verursachten neue Zerstörungen.
    Im Übereifer kam es in zahlreichen Zellen zu Kernteilungen ohne folgende Zellteilung. So entstanden Riesenzellen mit mehreren Kernen.
    Wiederum hätten Medizinstudenten, wenn sie Gelegenheit gehabt hätte, diese Folgen durch die Linsen eines Mikroskops zu beobachten, weise gelächelt und beifällig über die verzerrte Struktur der entstehenden Granulationsgeschwülste
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