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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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fragte sich, ob Sam doch ein bisschen eifersüchtig war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Sam, trotz seiner anderen Prägung, gar keine Gefühle für Laine hatte, die über Freundschaft hinausgingen.
    „Schwimmt ihr gleich mit mir?“, fragte Sam.
    „Laine kann mit dir schwimmen. Ich mache einen Kontrollgang“, sagte Bill und sah Sams Gesicht vor Freude aufleuchten. Bill stand auf und ging über die Felsen zurück zum Strand. Dann kletterte er die Böschung hoch zu dem Platz, an dem sein Wagen versteckt parkte. Er nahm sein Fernglas und suchte die Umgebung ab. Laine schwamm inzwischen neben Sam im Wasser und er sah die beiden herumalbern. Bill konnte nichts Verdächtiges entdecken, wie jedes Mal, wenn er Posten bezog.
    Vielleicht hat Laine recht, dachte er. Das ist übertrieben, was ich hier mache. Aber seine Erinnerungen ließen ihn weiter jede Vorsichtsmaßnahme ergreifen. Er wollte nicht noch mal schuld sein, wenn Sam etwas geschah. Außerdem fühlte er sich mit Sam im Wasser oft unwohl. Es erinnerte ihn an den Moment, als Sam wie ein Raubfisch aus dem Wasser geschnellt war, um ihn zu packen. Manchmal schwamm er zwar mit Sam und Laine zusammen, aber ein ungutes Gefühl blieb doch. Sam sah ihn dann manchmal so merkwürdig an. Nicht wirklich feindselig, aber auch nicht freundlich. Bill war sich nicht sicher, was in Sam wirklich vorging. Auf seinem Beobachtungsposten hatte er die perfekte Ausrede, um nicht ins Wasser zu gehen.
     Inzwischen war Bill ein guter Kunde auf diversen Internetseiten für Überwachungstechnik. Erstaunlich, was dort alles angeboten wurde. Es gab Geräte, die versteckte Peilsender am Auto aufspürten, Kameradetektoren und jede Menge andere nützliche Dinge. Bill besaß inzwischen eine beachtliche Ausstattung, die er über den Verkauf von Sams Fundstücken finanzierte und die ausnahmslos Sams Sicherheit diente. Er richtete das Fernglas aufs Meer. Sam drückte Laine gerade mit seiner Schwanzflosse unter Wasser. Sie kam lachend wieder an die Oberfläche und umarmte ihn. Bill wusste inzwischen, wie er die Beziehung der beiden zu nehmen hatte.
    Wäre Sam ein normaler Junge gewesen, hätte er das nie geduldet. Bill schätzte Sam einige Jahre jünger ein als sich selbst. Und auch jünger als Laine. Sams genaues Alter war nicht zu ermitteln, da er dazu keine Angaben machen konnte. Er war verspielt und manchmal etwas naiv. Das konnte natürlich auch daran liegen, dass er kein Mensch war. Jedenfalls musste man auf ihn aufpassen.
     
     
    Laine hatte die Arme um Sams Nacken gelegt, während er rückwärts schwamm und sie durchs Wasser zog. Er lächelte. Laine wusste, dass Sam gerne mit ihr allein war. Es war zu zweit einfach anders. Sie redeten über andere Dinge, wenn Bill nicht da war, als in ihrer Dreiercombo.
    „Sollen wir Spaßtauchen machen?“, fragte Sam.
    „Okay. Auf drei. Eins, zwei, drei!“ Laine hielt die Luft an und Sam tauchte mit ihr ab. Kühles Rauschen umfing sie, während Sam mit ihr unter Wasser zügig vorwärts schwamm. Sie vertraute ihm. Bill hätte so ein Manöver mit Sam nicht gewagt. Er traute dem jungen Meermann nicht recht über den Weg. Die kleinen Neckereien zwischen den beiden Jungs hatten im letzten Jahr nicht abgenommen und Laine fand, dass Bill Sam manchmal zu sehr von oben herab behandelte. Sie fühlte, dass Sam sie fester an sich drückte und sich mit ihr im Meerwasser drehte wie eine Robbe. Bill konnte nicht sehen, was sie taten und Sam nutzte das aus, um ihr nahe zu sein. Wären die Besuche bei Sam nicht so risikobehaftet gewesen, hätte sie ihn gerne noch einmal alleine getroffen. Seit seiner Entführung gab es keine Zeit mehr für sie zu zweit. Bill behauptete, Sam bewachen und beschützen zu müssen, aber seine Anwesenheit diente selbstredend auch der Kontrolle. Er steckte sein Revier klar ab und sah in Sam mehr und mehr einen möglichen Konkurrenten.
       Laine pikte Sam mit dem Finger in die Seite. Das war das Zeichen, aufzutauchen. Sofort änderte Sam den Kurs und brachte sie an die Oberfläche zurück. Laine schnappte nach Luft und sah Sams glückliches Gesicht vor sich. Sie spürte, wie er den geschmeidigen Fischschwanz um ihre Beine legte. Sie kicherte und versuchte, ihn abzustreifen, aber Sam hielt sie weiter fest. Er grinste frech und Laine zwickte ihn in die Rückenflosse.
    „Nein“, lachte er. „Das ist unfair, hör auf.“
    „Du hörst ja auch nicht auf.“ Laine packte ihn wieder an der Rückenflosse, bis Sam seine Umklammerung
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