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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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Kluftinger zurück.
    »Hat Frank gestern nicht gesagt, dass auch der Arzt ertrunken ist?«, fragte Yumiko mit ehrlichem Interesse.
    Kluftinger geriet ins Schwitzen: »Ja, das ist ja allgemein bekannt. Jedenfalls ein ganz romantischer See. Wie aus dem Bilderbuch. Im Sommer hätten wir auch mit dem Schiff fahren können, dann hätten wir einen ganz tollen Blick auf die Königsschlösser gehabt. Aber jetzt ist er vielleicht sogar zugefroren.« Er war nicht zu bremsen.
    Schließlich bog der Wagen auf den Parkplatz an der Bootsanlegestelle ein.
    »… wirklich ein Schmuck … oha!«
    »Oh, das ist aber mal nicht so schön, Herr Kluftinger«, sagte Yumiko leise. »Was ist da bloß passiert?« Sie schien ehrlich besorgt, möglicherweise gerade Zeugin einer mittleren Umweltkatastrophe geworden zu sein. Markus konnte sein Lachen kaum noch unterdrücken, sagte aber nichts, denn er wollte zu gerne sehen, wie sich sein Vater aus der Affäre ziehen würde.
    Vor ihnen erstreckte sich eine riesige, unansehnliche, grau-braune Fläche mit einigen kleinen, von dünnem Eis überzogenen Tümpeln.
    »Kruzinesn! Da hab ich jetzt gar nicht dran gedacht.«
    »Ist es schlimm?«, fragte Yumiko und jetzt platzte es aus Markus heraus: »Der Forggensee ist ein Stausee, der jeden Winter abgelassen wird!« Alle stimmten in das Gelächter mit ein, nur Kluftinger saß mit hochrotem Kopf am Steuer und starrte auf das, was im Sommer noch ein wunderschöner See gewesen war.
    »Dann fahr mer jetzt halt heim. Da ist es auch schön«, sagte er gereizt und wendete den Wagen. Mit jedem gefahrenen Kilometer verschlechterte sich seine Laune. Er verabscheute sinnlose Fahrten. Wenn er nur an die Spritkosten dachte – von der Abnutzung ganz zu schweigen …
    Dabei fuhr er in letzter Zeit günstiger, weil er billigeren Biodiesel tankte. Eigentlich war der alte Passat nicht dafür zugelassen. Aber die Aussicht, dass möglicherweise auf lange Sicht Schäden am Motor entstehen würden, konnten ihm bei einem zwanzig Jahre alten Wagen kaum schrecken. Überhaupt schenkte er solchen Prognosen einer verschwörerischen Koalition aus Werkstätten, Autoherstellern, Politik, Industrie und Ölscheichs wenig Glauben. Letztlich zählte nur ein Argument: Rapsöl war zehn Cent billiger.
    »Ach komm, wenn wir schon mal hier sind«, insistierte Erika. »Gehen wir halt ein bissle spazieren. Oder wir kehren irgendwo gemütlich ein. Wir könnten auch auf den Tegelberg fahren, mit der Gondel.«
    »Nein, die Yumiko hat ein bisschen Höhenangst, da ist die Gondel nicht so gut«, wandte Markus ein.
    Kluftinger war erleichtert. Vier Berg- und Talfahrten auf den Tegelberg – Yumiko musste ihn ja nicht schon am ersten Tag ihres Besuches ein Wochengehalt kosten.
    »Du hast doch einen Kuchen gebacken, da wär’s doch ein Schmarrn, unterwegs noch einzukehren. Fahren wir halt zum … zum Alatsee!« Kluftinger nahm erleichtert zur Kenntnis, dass er damit einen mehrheitsfähigen Vorschlag gemacht hatte.
    Die Fahrt zu dem malerisch gelegenen See verlief ohne weitere Zwischenfälle – wenn man davon absah, dass Kluftinger den in einem Suzuki vor ihm fahrenden Mann, der seiner Meinung nach viel zu langsam unterwegs war, mit den Worten »Jetzt fahr halt endlich zu mit deiner blöden Reisschüssel!« zur Eile angetrieben hatte. Die darauf einsetzende Stille machte dem Kommissar so zu schaffen, dass er freimütig erzählte, er sei froh darüber, dass er heute bei der Kälte die dicke, lange Frotteeunterhose angezogen habe. Dann stellte er das Radio lauter und bekam deshalb nicht mit, wie Markus seine Freundin in den Arm nahm und ihr zuflüsterte: »Wenn du mir nach dem Besuch bei meinen Eltern nicht davonläufst, dann muss es wahre Liebe sein.«
    Der »ganz schön anstrengende Fußmarsch«, der von Kluftinger im Auto angekündigt worden war, hatte sich im Nachhinein als gemächlicher Spaziergang von einer knappen halben Stunde auf einer Teerstraße durch den Wald entpuppt. Auf dem Weg hatte Kluftinger Yumiko noch über die möglichen alpinen Gefahren im Winter aufgeklärt und eindringlich gewarnt, dass man auch flache Teerstücke um diese Jahreszeit nicht unterschätzen dürfe. Yumiko ließ sich ihre Freude darüber nicht anmerken, dass Kluftinger bei dem leichten Anstieg so ins Schnaufen geriet, dass ihm eine Unterhaltung unmöglich wurde.
    »Also, wisst ihr was? Nach der kleinen Bergtour würde ich euch glatt zu einer Brotzeit einladen!«, verkündete der Kommissar dann generös, wobei seine
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