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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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flüsterte, »… es ist so, das habe ich Ihnen ja noch gar nicht gesagt, dass die Amerikaner damals am Alatsee doch was gefunden haben. Aber nicht viel. Ein paar Aufzeichnungen über Strömungsversuche mit Hohlkörpern. Und allein das hat ausgereicht, um bessere, stromlinienförmigere Torpedos, Flugzeuge und U-Boote zu bauen, als es sie jemals zuvor gegeben hat. Stellen Sie sich nur vor, die hätten das damals in die Hände gekriegt. Oder die Deutschen hätten gar die Waffe noch …« Er verstummte.
    Dem Kommissar schwirrte der Kopf. So viele »historische Sensationen« für jemanden, der an Geschichte nicht übermäßig interessiert war – das war ein bisschen zu viel des Guten.
    Ein plötzlich aufflammender Lichtblitz ließ Kluftinger zusammenzucken. Der Feuerwehrmann hatte sich die zweite Kiste vorgenommen. Der Kommissar hatte sie schon fast vergessen, aber nun war er gespannt, was sich darin wohl befinden würde. Diesmal überließ er es dem Feuerwehrmann, die Truhe aufzubrechen. Friedel Marx hatte sich derweil an seine Seite gesellt, einen Zigarillo im Mund. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, gönnte Kluftinger ihr den Genuss von Herzen.
    »Auch eine?«, fragte sie, als sie sein wohlwollendes Lächeln bemerkte.
    Er überlegte kurz und antwortete dann: »Gerne. Ich hab früher ja auch mal …«
    Grinsend reichte sie ihm das Päckchen und gab ihm Feuer. Allerdings löste schon sein erster Zug einen so Furcht erregenden Hustenanfall aus, dass er den Rest ungeraucht und mit einem entschuldigenden Lächeln in den Schnee warf.
    »Nummer zwei!«, rief da nun der Feuerwehrmann und die Beamten traten näher.
    Wieder blickten sie auf ein Bündel Papiere und einige alte, graue Aktenordner, deren Metallkanten mit Flugrost überzogen waren. Kluftinger zog einen heraus. Diesmal waren es keine Baupläne, sondern Listen. Er wollte wieder den Professor um Hilfe bitten, doch der stand bereits dicht hinter ihm und sah ihm über die Schulter.
    »Und?«, fragte der Kommissar.
    »Das sind detaillierte Aufstellungen …«, er vergewisserte sich mit einem Blick und fuhr dann fort, »… über jede Menge Gemälde und andere Kunstschätze. Darf ich mal?« Er nahm den Ordner an sich und blätterte in den vergilbten, brüchigen Seiten herum.
    »Hm, da ist aber noch mehr. Diese Liste hier beinhaltet Wertgegenstände wie …« Er stockte.
    »Professor?«
    »Das, was hier aufgelistet ist, ist der Rothschildschatz, da gibt es keinen Zweifel.«
    Kluftinger nahm dem Professor den Ordner aus der Hand und ging damit auf die Alten zu.
    »Haben Sie zu dieser Liste irgendwas zu sagen?«, fragte er, doch er erhielt keine Antwort.
    »Gibt es noch weitere Kisten?«
    Keine Reaktion.
    »Da ist noch was«, rief ihn Friedel Marx zurück. Sie holte ein kleines, metallenes Kästchen aus der zweiten Truhe.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    Kluftinger wusste es nicht und auch der Historiker zuckte mit den Achseln.
    »Das werden wir gleich haben«, sagte der Kommissar, nahm das Kästchen und versuchte, es zu öffnen. Er brauchte all seine Kraft dazu, doch schließlich gab der Deckel nach. Das Innere war mit Zeitungspapier ausgeschlagen, darin befand sich ein kleines Tütchen aus vergilbtem Pergamentpapier.
    Mit zitternden Fingern nahm Kluftinger es heraus, legte es auf seine Handfläche und öffnete es. Darin lagen zwei goldgefasste Ohrringe. Doch was dem Kommissar den Atem stocken ließ, war ihre Gestalt: Die rubinroten Steine, die sich in der Fassung befanden, hatten die Form zweier Tränen.
    Kluftinger ballte die Faust um die Schmuckstücke. Dann rannte er noch einmal zu den Alten hinüber. Drohend hob er die Faust: »Gibt es noch mehr Kisten?«
    Kluftinger erntete nur erbittertes Schweigen.
    »Herrgottsakrament, jetzt sagen Sie uns das! Was hat es denn jetzt noch für einen Sinn, wenn Sie schweigen? Es ist aus, Sie werden nie mehr irgendwas von Ihrem Schatz sehen. Also: Gibt es noch mehr Kisten?«
    Die Alten rührten sich nicht. Da fühlte der Kommissar mit einem Mal eine Woge der Erschöpfung über sich hereinbrechen. Er war zu müde, um weiterzumachen. Sollten sich eben andere um diese Unverbesserlichen kümmern. Seine Arbeit war erledigt.
    Aber er hatte das ungute Gefühl, dass das Geheimnis wohl nie ganz gelüftet werden würde. Denn auch, wenn sie vieles erreicht hatten, eines hatten sie nicht geschafft: die Mauer des Schweigens zum Einsturz zu bringen.

    »Die … die Spitze sitzt a bissle schie … schie … schieffff!« Kluftinger wurde von
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