Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sechs Brüder wie wir

Sechs Brüder wie wir

Titel: Sechs Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
sehen.
    Es war vollbracht. Der Astronaut Neil Armstrong hatte als erster Mensch den Mond betreten.
    „Kinder“, sagte Papa, der bei gewichtigen Anlässen ein Gespür für große Worte hat, „das war ein kleiner Schritt für den Menschen, aber ein großer Schritt für die Menschheit …“
    Danach konnte ich nicht einschlafen.
    Jean Eins auch nicht, deshalb stand er heimlich auf, um noch etwas Fernseh zu gucken. Weil es schon sehr spät war, gab es keine Sendungen mehr, nur das Logo des öffentlich-rechtlichen Senders war noch in der Mitte des Bildschirms zu sehen und außerdem eine bescheuerte Uhr mit Sekundenzeiger.
    „Na und?“, sagte Jean Eins. „Wenn wir schon einmal einen Fernseher haben, dann will ich das auch bis zum Schluss auskosten.“
    Bis auf uns beide schliefen alle. Es hatte zu regnen aufgehört und der Mond schien blass und etwas verstörend zum Fenster herein.
    Ob die Astronauten da oben in ihrem Raumschiff jetzt schliefen? Ob sie vielleicht auch fernsahen, so wie Jean Eins und ich?
    In Zeitlupe spazierte ich durch die menschenleeren Zimmer, versuchte dabei, weiche, kleine Hüpfer zu machen, und fragte mich, wie es sich später, wenn ich einmal groß war, wohl anfühlen würde, als erster Mensch den Fuß auf den Mars zu setzen.
    „Hallo, Erde, hören Sie mich?“, brabbelte Jean Eins in die hohle Hand hinein, als würde er vor einem Mikrofon sitzen. „Hier Raumschiff Apollo … Hallo, hören Sie mich?“
    „Einwandfrei“, sagte Papa, der auf einmal im Schlafanzug vor uns stand.
    Mit Raketenschnelle hagelte es Ohrfeigen.
    Papa verkündete, dass er wegen unseres Benehmens den Fernseher am nächsten Morgen sofort in das Geschäft zurückbringen würde, wo er ihn ausgeliehen hatte, und ohne einen Muckser von uns zu geben, schlichen wir in unsere Betten.
    Eigentlich hatte sich überhaupt nichts verändert, seit die Menschheit auf dem Mond gelandet war. In einer Woche würden wir von Cherbourg fortziehen. Trotzdem – es war irgendwie seltsam – hatte ich plötzlich keine Angst vor dem Umzug mehr.
    Was waren denn schließlich ein paar Hundert Kilometer, verglichen mit den Lichtjahren, die ich zurücklegen würde, wenn ich erst einmal Astronaut war, in einem intergalaktischen, superschnellen Rennwagen durchs All sauste und Geheimbotschaften an François Archampaut schickte?

„Guten Morgen, Jungs“, sagte Papa, als er am Tag X in unser Zimmer kam. „An Deck mit euch!“
    Normalerweise muss er mindestens zweimal kommen, bis Jean Eins und ich wach sind. Aber diesmal waren wir bereits aus dem Bett gesprungen, bevor er wie immer hinzufügen konnte: „Das stinkt ja bestialisch hier!“ Wir flitzten ins Bad.
    „Ich zähle auf euch, Jungs!“, rief Papa uns hinterher. „Wir haben einen langen, harten Tag vor uns. Deshalb erwarte ich von euch Ordnung und Disziplin!“
    Das Schöne an einem Umzugstag ist, dass da niemand überprüft, ob man sich auch wirklich die Zähne geputzt hat. Mama war mit Jean Sechs beschäftigt und Papa weckte die Mittleren auf. Deshalb haben wir an der Badezimmertür den Riegel vorgeschoben, den Wasserhahn weit aufgedreht und uns auf den Badewannenrand gesetzt, um in aller Seelenruhe die Comics zu lesen, die Papa uns für die Reise gekauft hatte.
    „Seid ihr bald fertig?“, rief Papa uns durch die Tür zu.
    „Urrrrrgh-ghhh-ghhh!“, antwortete Jean Eins, der so tat, als würde er gurgeln.
    Dann wartete er, bis Papa sich entfernt hatte, öffnete die Tür einen Spalt und spuckte das Wasser auf die Mittleren, die in ihren Schlafanzügen im Flur darauf warteten, dass sie ins Bad durften.
    „Papa, die beiden Großen lesen Comics, statt sich zu waschen!“, petzte Jean Drei.
    Jean Eins ging zum Gegenangriff über.
    „Jean Drei will sich die Zähne mit einer Schuhbürste putzen!“, rief er.
    Gerade als Papa sich auf Jean Eins und Jean Drei stürzen wollte, klingelte es an der Tür: Es waren die Umzugsleute.
    „Sind wir hier richtig für den Umzug nach Toulon?“, fragte der Boss der Mannschaft.
    „Ja, warum?“, fragte Papa zurück.
    „Nichts weiter“, sagte der Boss, nachdem er unsere gestreiften Schlafanzüge und zerzausten Haarschöpfe gemustert hatte. „Einen Moment hab ich geglaubt, mitten in einer Wasserschlacht gelandet zu sein …“
    „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen“, sagte Papa. „Es ist alles bereit … Jedenfalls so gut wie.“
    Diesen Augenblick wählte Jean Fünf, um auf seinem Dreirad loszudüsen. Das Gepäck für die Ferien war neben dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher