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Sechs Brüder wie wir

Sechs Brüder wie wir

Titel: Sechs Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
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Jean-C., sieben Jahre, alias Jean Drei. Von mir auch Capito getauft, weil er meistens zu zerstreut ist, um mitzubekommen, was eigentlich los ist; und dann kommt Jean-D. oder Jean Vier, fünf Jahre, unser kleiner Dunixgut. Er hat schon zweimal unsere Wohnung unter Wasser gesetzt.
    Die beiden Kleinen sind Jean-E. alias Jean Fünf, der bei mir Z-zungenb-brecher heißt, weil er mit der Zunge anstößt und manchmal auch ein bisschen stottert, und natürlich unser Baby Jean-F. alias Jean Sechs, der noch kein Jahr alt ist und noch kaum Haare auf dem Kopf hat. Er ist zu klein, um schon einen Spitznamen zu haben.
    Bevor Jean Sechs auf die Welt kam, haben wir uns alle auf ein Mädchen gefreut, einfach um mal etwas Abwechslung zu haben, und Papa, der ein sehr guter Heimwerker ist, hat sein Zimmer mit einer hübschen rosa Tapete ausgeklebt, die solche Blasen warf, als hätte jemand dahinter Kirschkerne versteckt.
    Anfangs waren wir alle enttäuscht, dass Jean Sechs kein Mädchen war. Immer wenn er Hunger hat, und das ist dauernd, hält er die Luft an, bekommt einen roten Kopf und schreit so laut, dass die Leute auf der Straße glauben, die Luftschutzsirene sei angegangen.
    Ich wäre gern ein Einzelkind wie François Archampaut, mein bester Freund. Er wohnt in einem so großen Haus, dass er ein Fahrrad braucht, um von seinem Schlafzimmer ins Badezimmer zu kommen. Jedenfalls erzählt er das … Weil sein Vater Geheimagent ist, kann François Archampaut am Donnerstagnachmittag, wenn wir keine Schule haben, nie jemanden zum Spielen zu sich nach Hause einladen. Jean Eins sagt, dass er ein Lügner ist. Aber ich glaube ihm. Sein Vater besitzt einen dicken, fetten Citroën DS 19, ausgerüstet mit der allerneuesten Technik, und François Archampaut sagt, später, wenn wir groß sind, werden wir auch Geheimagenten, und dann sind wir beide ein unschlagbares Team. Wir haben uns schon Visitenkarten zugelegt. Auf meiner stehen nur die Initialen meiner beiden Vornamen, die ich sonst nie verwende: J. B. Wie jeder weiß, ist das auch die Abkürzung für James Bond. Er ist mein großes Vorbild und mein Lieblingsheld.
    Ein Held sein, das ist der Beruf, den ich später haben möchte. Ob Detektiv, Karatemeister oder Geheimagent weiß ich noch nicht genau. Das Problem ist nur: Kann man sich einen James Bond vorstellen, der ständig fünf Brüder mit Segelohren im Schlepptau hat?
    An dem Tag, als das mit dem Brief für Jean X. passierte, wartete Papa an der Wohnungstür auf uns.
    Papa ist ein sehr guter Arzt. Er hat immer sehr viel Arbeit, deshalb isst er mittags so gut wie nie zu Hause, vor allem dann nicht, wenn wir Schule haben. Da schlingen wir unser Essen nämlich hinunter, als würde uns jemand eine Pistole auf die Brust setzen. Das geht gar nicht anders, wenn man nachmittags in der Schule nicht zu spät kommen und dann von Herrn Martel als Strafarbeit hundert Zeilen aufgebrummt bekommen will.
    Papa hatte an dem Tag seinen weißen Arztkittel angelassen, was er sonst nie macht, und musterte uns alle mit einem breiten Grinsen, als versuchte er herauszufinden, wer von uns diesmal einen schlimmen Streich ausgeheckt hatte.
    „Meine Kinder“, sagte er, nachdem er Mama rechts und links ein Küsschen gegeben hatte, „ich habe eine große Überraschung für euch!“
    „Oje!“, rutschte es Jean Eins heraus.
    Das letzte Mal, als es eine große Neuigkeit gab, hatte Mama uns verkündet, dass wir ein neues Geschwisterchen bekommen würden. Das würde doch nicht schon wieder von vorn anfangen?
    Ein paar Wochen nach der Geburt von Jean Sechs hatte jemand neben unseren Namen an die Wohnungstür „ BELEGT “ gekritzelt, und weil sich der unbekannte Übeltäter nicht melden wollte, durften wir alle eine Woche lang nicht ins Schwimmbad gehen. Das war Papas Strafe.
    Doch der Schmierfink, wer auch immer es gewesen war, hatte nur ausgesprochen, was alle dachten. Sechs Jungs, das reichte ein für alle Mal.
    „Was macht ihr denn für ein Gesicht?“, fragte Papa grinsend. „Mögt ihr keine Überraschungen?“
    Wenn Papa gute Laune hat, ist es bis zur nächsten Katastrophe nicht weit. Fröhlich beugte er sich über den Kinderwagen und wollte Jean Sechs unter dem Kinn kitzeln. Böser Fehler: Jean Sechs griff nach dem Stethoskop, das an Papas Hals baumelte, zerrte daran und ließ es dann plötzlich wieder los. Plopp!, machte es, direkt in Papas Auge.
    Wir prusteten alle los, bis auf Jean Sechs, der vor Schreck zu brüllen anfing, und dann hörten wir alle schnell
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