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Sechs Brüder wie wir

Sechs Brüder wie wir

Titel: Sechs Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
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Eingang gestapelt und auf den Koffern prangten die Aufkleber „Bitte nicht mitnehmen“, damit den Umzugsleuten nichts durcheinander geriet. Jean Fünf wollte noch abbremsen, aber weil er nur Socken anhatte, gelang es ihm nicht und er rumpelte in den Hochstuhl von Jean Sechs hinein.
    Papa hob ihn am Bund seiner Schlafanzughose hoch.
    „Ich werde dich lehren, in der Wohnung Dreirad zu fahren!“, rief er und schüttelte ihn wie einen Pflaumenbaum.
    „I-ich h-hab die Kurve nicht gekriegt“, stotterte Jean Fünf. „Ich b-bin nicht s-schuld daran!“
    „Es stimmt: Er ist nicht schuld daran“, wiederholte der Boss der Umzugsleute.
    „Wie? Nicht seine Schuld?“ Papa verschluckte sich fast.
    „In diesem Alter“, sagte der Boss, „sind allein die Eltern verantwortlich. Hab ich nicht Recht, Männer?“
    „Klarer Fall“, sagten die Umzugsleute und nickten. „Es ist nicht seine Schuld …“

„Hab ich’s doch gesagt“, bekräftigte der Boss. „Wenn Eltern ihre Kinder schlagen, heißt das nur, dass sie unfähig sind …“
    „Danke für Ihre Ratschläge“, sagte Papa, „aber ich muss Sie doch bitten, sich nicht in unsere Erziehung einzumischen!“
    Der Boss der Umzugsleute war mindestens zwei Meter breit und hatte mächtige Muskeln. Papa ist auch sehr stark, aber weil die Umzugsmänner zu dritt waren, wollte er nicht unhöflich erscheinen und zu sehr auf seiner Meinung beharren.
    „Na gut“, sagte er und stellte Jean Fünf auf dem Boden ab. „Aber so leicht kommt mir dieser kleine Racker nicht davon …“
    Er hat es dann Mama überlassen, sich um die Umzugsleute zu kümmern, und ist runter, um das Auto mit dem Gepäck zu beladen. Aus dem Treppenhaus konnte man ihn laut fluchen hören, dies sei das letzte Mal, dass er an einem Umzugstag zugleich in die Sommerferien fahre.
    Das Problem war wie immer unser Auto. Weil unsere Gepäckstücke wegen der vielen Sachen für Jean Sechs nicht alle in den Kofferraum passten, musste ein Teil davon aufs Dach geschnallt werden. Und jedes Mal, wenn Papa dort die Regenschutzplane richtig schön festgezurrt hatte, stellte er fest, dass er einen Koffer vergessen hatte, und der ganze Ärger fing wieder von vorn an.
    Weil die Umzugsleute den Aufzug in Beschlag genommen hatten, musste Papa alles zu Fuß machen, elf Stockwerke rauf und runter. Bei jedem Mal wurde sein Gesicht länger und wir kapierten schnell, dass wir uns besser unauffällig verhielten, wenn wir nicht in einem Erziehungsheim enden wollten.
    Einmal versuchte Papa, den Umzugsleuten einen guten Rat zu geben, wie man am besten unsere Stockbetten auseinanderschraubt. Papa ist nämlich ein sehr guter Heimwerker.
    Die Küchenmöbel hatte er allein abgebaut, aber er muss wohl eine ganz eigene Technik haben, denn als der Boss der Umzugsleute das Ergebnis sah, kratzte er sich am Kopf und sagte: „Hat hier unlängst eine Atombombe eingeschlagen?“
    „Nein“, sagte Papa mit stolzgeschwellter Brust. „Das sind schwedische Küchenmöbel. Ich hab sie selbst zerlegt.“
    „Na dann“, sagte der Boss. „Hoffentlich haben Sie die Bauanleitung noch, denn das wird später kein Honigschlecken werden, das versprech ich Ihnen.“
    Zum Glück hatte Mama alles gut vorbereitet, denn die Umzugsleute machten nicht den Eindruck, als hätten sie es besonders eilig.
    Papa guckte dauernd auf die Uhr, und als sie sich dann auch noch gemütlich auf den Kisten im Wohnzimmer niederließen, lief er hochrot an, als bekäme er keine Luft mehr.
    „Ist das ein Streik?“, fragte er.
    „Nein, wir machen Brotzeit“, sagte der Boss und biss in ein riesengroßes Sandwich mit Senfgurken.
    „Um die Uhrzeit?“, fragte Papa. „Aber Sie haben doch kaum angefangen.“
    „Vorschrift von der Gewerkschaft“, sagte der Boss.
    „Und eine Familie mit sechs Kindern davon abzuhalten, ihre lange Autofahrt in die Ferien anzutreten – ist das auch Vorschrift von der Gewerkschaft?“, fragte Papa, der nur noch mühsam die Fassung wahrte.
    „So ist es nun mal“, sagte der Boss achselzuckend. „Haben Sie vielleicht ein Bierchen für uns?“
    „Lass es gut sein, Liebling“, sagte Mama. „Ich muss Jean Sechs jetzt sowieso sein Fläschchen geben.“
    „Und wenn wir Verstecken spielen?“, schlug Jean Drei vor, als die Umzugsleute wieder mit ihrer Arbeit angefangen hatten.
    „Einverstanden“, sagte Jean Eins, der immer der Boss sein will. „Aber ich zähle.“
    „Nein, ich“, sagte Jean Vier.
    „Du kannst doch noch nicht mal bis hundert
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