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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Autoren: Steven Erikson
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Zerschmetterte, Halad von den Folterqualen, Imroth die Grausame und ’Siballe die Ungefundene – sie alle waren einmal mehr erwacht und lechzten nach Blut.
    Und ich habe diesen Pfad gerade erst eingeschlagen. Frisch im achtzigsten Jahr meines Lebens angekommen, endlich wirklich ein Krieger. Ich habe die ältesten Worte gehört, das Geraune von dem Einen, der die Teblor vereinen wird, der alle Clans miteinander verbinden, sie hinab in die Tieflande führen und so den Krieg der Völker beginnen wird. Dieses Geraune ist die Stimme des Versprechens – und diese Stimme ist die meine.
    Verborgene Vögel kündeten vom Anbruch der Abenddämmerung. Es war Zeit zu gehen. Delum und Bairoth erwarteten ihn im Dorf. Und Dayliss, schweigend, doch festgelegt auf die Worte, die sie zu ihm sprechen würde.
    Bairoth wird schrecklich wütend sein.
     
    Noch lange, nachdem Karsa gegangen war, hing die warme Luft über der Lichtung. In der weichen, sumpfigen Erde lösten sich die Abdrücke seiner Knie und Mokassins nur langsam auf, und die allmählich verblassenden Strahlen der Sonne beschienen selbst dann noch die rauen Gestalten der Götter, als die Lichtung schon längst von Schatten beherrscht wurde.
    Sieben Gestalten erhoben sich aus dem Boden, mit faltiger, von dunkelbraunen Flecken übersäter Haut über verwitterten Muskeln und schweren Knochen, mit Haaren, rot wie Ocker, aus denen abgestandenes, schwarzes Wasser troff. Einigen fehlten Gliedmaßen, andere standen auf zersplitterten, zerschmetterten oder verdrehten Beinen. Der einen fehlte ein Unterkiefer, während bei einer anderen der linke Wangenknochen und die Stirn flach gehämmert waren, so dass keine Augenhöhle mehr vorhanden war. Alle sieben waren auf irgendeine Weise nicht mehr heil. Sie waren unvollkommen. Fehlerhaft.
    Irgendwo hinter der Felswand war eine versiegelte Höhle, die einige Jahrhunderte lang ihr Grab gewesen war – eine kurze Gefangenschaft, wie sich jetzt herausstellte. Keine der Gestalten hatte erwartet, dass sie erlöst werden würden. Zu stark verletzt, um noch bei ihren Verwandten zu bleiben, waren sie zurückgelassen worden, wie es bei ihrem Volk Brauch war. Die Strafe für Versagen war Aussetzung, eine Ewigkeit der Unbeweglichkeit. War das Versagen ehrenhaft gewesen, wurden ihre empfindungsfähigen Überreste unter offenem Himmel zurückgelassen, an Aussichtspunkten, von denen sie die Welt betrachten konnten, so dass sie Frieden im Vorbeiziehen der Äonen finden mochten. Doch das Vesagen dieser sieben war nicht ehrenhaft gewesen, und so war die Dunkelheit eines Grabes ihre Strafe gewesen. Wobei sie deshalb jedoch keine Bitterkeit verspürt hatten.
    Jenes dunkle Geschenk kam später, von außerhalb ihres unerleuchteten Gefängnisses – und mit ihm eine Gelegenheit.
    Man musste nur einen Eid brechen und jemand anderem Treue schwören. Die Belohnung hieß Wiedergeburt und Freiheit.
    Ihre Verwandten hatten diesen Ort, an den sie verbannt worden waren, mit in den Fels gehauenen Abbildern gekennzeichnet – Abbildern, die ihnen glichen, deren leere, blinde Augenhöhlen angesichts der Aussicht, die die Verbannten niemals genießen konnten, einer Verhöhnung gleichkamen. Sie hatten ihre Namen gesprochen, um das Ritual des Bindens zu vollenden, und diese Namen dräuten an diesem Ort mit einer Macht, die den Verstand der Schamanen des Volkes verdrehte, das in diesen Bergen und auf dem Plateau mit dem alten Namen Laederon Zuflucht gefunden hatte.
    Die Sieben standen stumm und reglos auf der Lichtung, während es immer dunkler wurde. Sechs warteten darauf, dass einer von ihnen sprach, doch dieser eine hatte keine Eile. Freiheit war reines Frohlocken, und auch wenn sie auf diese Lichtung begrenzt war, dauerte das Gefühl immer noch an. Nicht mehr lange, dann würden auch die letzten Ketten zerbrechen – die begrenzte Sichtweite aus den in den Fels gemeißelten Augenhöhlen. Der Dienst für den neuen Herrn versprach Reisen; sie würden eine ganze Welt entdecken und zahllose Wesen töten können.
    Schließlich sprach Urual, dessen Name Bemooster Knochen bedeutete und der bei den Teblor als Urugal bekannt war. »Er wird genügen.«
    Sin’b’alle – Flechten-Statt-Moos –, die ’Siballe die Ungefundene war, verbarg den Zweifel in ihrer Stimme nicht. »Du setzt zu viel Vertrauen in diese gefallenen Teblor. Teblor. Die wissen ja nicht einmal, wie sie wirklich heißen.«
    »Sei froh, dass sie es nicht wissen«, erwiderte Ber’ok; seine Stimme war ein raues
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