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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Autoren: Steven Erikson
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Feuerlicht flackerte durch die Bäume, als Karsa das Haus seines Vaters erreichte, wobei er an dem Dutzend Pferde vorbeikam, die still und reglos auf der Lichtung standen. Die einzige Bedrohung für sie waren Plünderer, denn diese Tiere wussten sich ihrer Haut mit Hufen und Zähnen zu wehren, und die Bergwölfe hatten schon vor langer Zeit gelernt, den großen Pferden aus dem Weg zu gehen. Gelegentlich kam ein Bär mit rostfarbenem Halsstreifen aus seinem Schlupfwinkel in den Bergen heruntergetrottet, aber das fiel normalerweise mit dem Zug der Lachse zusammen, und die Bären zeigten dann wenig Interesse, die Pferde, die Dorfhunde oder die furchtlosen Krieger herauszufordern.
    Synyg war in der Übungs-Koppel und striegelte Havok, sein hoch geschätztes Streitross. Karsa konnte die Wärme des Tieres spüren, als er näher kam, obwohl es kaum mehr als eine schwarze Masse in der Dunkelheit war. »Rotauge streift noch immer ohne Zaumzeug herum«, sagte er grollend. »Du willst also nichts für deinen Sohn tun?«
    Sein Vater striegelte Havok weiter. »Rotauge ist zu jung für so eine Reise; das habe ich dir doch schon gesagt – «
    »Aber er gehört mir, und daher werde ich ihn reiten.«
    »Nein. Ihm fehlt es an Unabhängigkeit, und bisher waren die Pferde von Bairoth und Delum nie dabei, wenn du ihn geritten hast. Du wirst ihm einen Dorn in die Nerven jagen.«
    »Dann soll ich also zu Fuß gehen?«
    »Ich gebe dir Havok, mein Sohn. Er ist heute Abend leicht gelaufen und trägt noch immer das Zaumzeug. Geh und such deine Ausrüstung zusammen, bevor er zu sehr abkühlt.«
    Karsa sagte nichts. Er war tatsächlich erstaunt. Er drehte sich um und ging zum Haus. Sein Vater hatte seinen Packsack in der Nähe des Eingangs an einen Firstbalken gehängt, um ihn trocken zu halten. Sein Blutholzschwert hing in seinem Wehrgehenk daneben; es war frisch eingeölt, das Kriegswappen der Uryd frisch auf die breite Klinge gemalt. Karsa zog die Waffe herunter und schnallte sich den Gurt so um, dass der lederumwickelte, zweihändige Griff des Schwertes über seine linke Schulter ragte. Der Packen würde – am Steigbügelgurt befestigt – auf Havoks Schultern ruhen, wobei Karsas Knie allerdings den größten Teil des Gewichts übernehmen würden.
    Ein Sattel gehörte nicht zu dem Geschirr, das die Teblor für ihre Pferde verwendeten; ein Krieger saß direkt auf dem Pferderücken, mit hochgezogenen Knien, die Hauptlast seines Gewichts gleich hinter den Schultern seines Reittiers. Zu den Trophäen aus dem Tiefland gehörten auch Sättel, und es hatte sich gezeigt, dass es eine deutliche Gewichtsverlagerung nach hinten gab, wenn sie den kleineren Tiefland-Pferden aufgelegt wurden. Doch ein wahres Streitross mochte kein zusätzliches Gewicht auf der Hinterhand, denn es wollte rasch auskeilen können. Außerdem musste ein Krieger den Hals und den Kopf seines Reittiers schützen – mit dem Schwert und – wenn nötig – mit den gepanzerten Unterarmen.
    Karsa kehrte zu seinem Vater und Havok zurück.
    »Bairoth und Delum erwarten dich an der Furt«, sagte sein Vater.
    »Und Dayliss?«
    Karsa konnte das Gesicht seines Vaters nicht sehen, als der tonlos erwiderte: »Dayliss hat Bairoth ihren Segen gegeben, nachdem du dich zu den Gesichtern im Fels aufgemacht hattest.«
    »Sie hat Bairoth gesegnet?«
    »Das hat sie.«
    »Es scheint, als hätte ich sie falsch eingeschätzt«, sagte Karsa und kämpfte gegen ein ungewohntes Gefühl, das ihm die Kehle zuschnüren wollte.
    »Das kann leicht geschehen, schließlich ist sie eine Frau.«
    »Und du, Vater? Wirst du mir deinen Segen geben?«
    Synyg reichte Karsa den Zügel und wandte sich um. »Pahlk hat das bereits getan. Das muss dir genügen.«
    »Pahlk ist nicht mein Vater!«
    Synyg verharrte in der Dunkelheit. Er schien nachzudenken, dann sagte er: »Nein, das ist er nicht.«
    »Dann wirst du mich also segnen?«
    »Was soll ich denn deiner Meinung nach segnen, mein Sohn? Die Sieben Götter, die eine Lüge sind? Den Ruhm, der hohl ist? Wird es mir gefallen, wenn du Kinder erschlägst? Werden mir die Trophäen gefallen, die du dir an den Gürtel binden wirst? Mein Vater, Pahlk, ist in einem Alter, da er seine eigene Jugend hell erstrahlen sehen will. Mit welchen Worten hat er dich gesegnet, Karsa? Dass du das, was er erreicht hat, übertreffen sollst? Das kann ich mir nicht vorstellen. Denke sorgfältig über seine Worte nach, und ich nehme an, du wirst feststellen, dass sie mehr für ihn bestimmt waren
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