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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit
Autoren: Steven Erikson
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nüchtern genug gewesen wäre, um selbst irgendetwas Ungewöhnliches zu bemerken –, und es hatte genügend Zeugen gegeben, um die Geschichten von Drachen, Dämonen und dem Furcht erregenden Herabsinken von Mondbrut glaubwürdig erscheinen zu lassen, aber jeder heraufbeschworene Dämon, der stark genug gewesen wäre, einen ganzen Landstrich zu verwüsten, hätte auch Darujhistan erreicht. Und da die Stadt keineswegs nur noch ein schwelender Schlackehaufen war – zumindest nicht mehr als sonst nach einer Feier, an der die ganze Stadt beteiligt gewesen war –, war genau das nicht geschehen.
    Nein, es war viel wahrscheinlicher, dass es die Hand eines Gottes gewesen war oder auch ein Erdbeben – obwohl die Gadrobi-Hügel nicht unbedingt als besonders instabile Zone galten. Vielleicht hatte sich auch nur Brand in ihrem ewigen Schlaf unruhig bewegt.
    Wie auch immer, die unwiderlegbaren Tatsachen standen jetzt vor ihm. Oder genauer, sie standen nicht, sondern lagen bis zum Tor des Vermummten verstreut herum, und noch darüber hinaus. Und es bewahrheitete sich einmal mehr, dass egal, welche Spiele die Götter auch immer spielten, dreckige, hart arbeitende arme Schweine wie er darunter zu leiden hatten.
    Die alte Furt wurde jetzt wieder benutzt; sie lag dreißig Schritt flussaufwärts von dort, wo die Brücke errichtet worden war. Jahrhundertelang war sie nicht mehr in Gebrauch gewesen, und nach einer Woche mit für diese Jahreszeit untypischen Regenfällen waren beide Flussufer die reinsten Schlammlöcher. Unzählige Karawanen drängten sich am Flussübergang; diejenigen, die sich dort befanden, wo früher Rampen gewesen waren, und diejenigen weiter draußen im angeschwollenen Fluss steckten hoffnungslos fest. Außerdem warteten Dutzende weitere auf den Karawanenwegen, wobei die Stimmung der Händler, Wachen und Tiere von Stunde zu Stunde schlechter wurde.
    Zwei Tage warteten sie jetzt schon darauf, den Fluss überqueren zu können, und Grantl war überaus zufrieden mit seiner kleinen Truppe. Sie waren wirklich Inseln der Ruhe. Harllo war zu den Überresten eines auf dieser Seite gelegenen Brückenpfeilers hinausgewatet und saß jetzt darauf, die Angelrute in der Hand. Stonny Menackis hatte eine zerlumpte Bande anderer Karawanenwächter zu Storbys Wagen geführt, und Storby war nicht allzu ungehalten darüber, krügeweise Bier aus Gredfallan zu Höchstpreisen verkaufen zu können. Dass die Bierfässer eigentlich für eine abgelegene Schänke außerhalb von Saltoan bestimmt waren, war eben Pech für den auf seine Vorräte wartenden Wirt. Wenn die Dinge sich so weiterentwickelten, würde hier in kürzester Zeit ein Marktflecken entstehen, und dann eine ganze verfluchte Stadt, beim Vermummten. Irgendwann würde schließlich ein Beamter im Planungsamt von Darujhistan zu dem Schluss kommen, dass es eine gute Idee wäre, die Brücke wieder aufzubauen, und in zehn Jahren oder so würde das Bauwerk dann endlich wieder stehen. Es sei denn, natürlich, die Stadt wäre dann ein florierendes Gemeinwesen; in diesem Fall würden sie einen Steuereintreiber schicken.
    Grantl war ebenso erfreut über die Gelassenheit, mit der sein Auftraggeber die Verspätung hinnahm. Er hatte gehört, dass dem Kaufmann Manqui auf der anderen Seite des Flusses vor Ärger eine Ader im Kopf geplatzt sei und er prompt gestorben war, was viel typischer für diese Brut war. Nein, ihr Herr Keruli war so untypisch, dass sein Verhalten sogar drohte, den sorgsam gehegten Widerwillen, den Grantl allen Kaufleuten gegenüber hegte, in Frage zu stellen. Andererseits hatten Kerulis besondere Charakterzüge beim Anführer der Karawanenwächter ohnehin schon den Verdacht aufkommen lassen, dass ihr Herr eigentlich überhaupt kein Kaufmann war.
    Nicht dass es irgendeine Rolle gespielt hätte. Münzen waren Münzen, und Keruli bezahlte gut. Genau gesagt sogar überdurchschnittlich. Daher hätte es Grantl auch nicht weiter gekümmert, wenn der Mann Fürst Arard gewesen wäre, der sich als Händler verkleidet hatte.
    »Ihr da, mein Herr!«
    Grantl riss den Blick von Harllos bisher erfolglosen Versuchen, einen Fisch zu fangen, los. Ein grauhaariger alter Mann stand neben dem Wagen und blinzelte zu ihm hoch. »Ganz schön anmaßend, Euer Tonfall«, sagte der Anführer der Karawanenwächter mit grollender Stimme. »Nach den Lumpen zu urteilen, die Ihr tragt, seid Ihr nämlich entweder der mieseste Kaufmann der Welt oder der Diener eines armen Mannes.«
    »Kammerdiener, um es
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