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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit
Autoren: Steven Erikson
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die verheerenden Auswirkungen des Alters, die Schmerzen von Wunden und die Qual der Verzweiflung spüren wirst. Dass du Träume haben wirst, die zu nichts zerfallen. Dass die Liebe vergehen wird. Dass du stets im Schatten des Schreckgespenstes des Todes leben wirst, der jederzeit droht, das zu beenden, was du nicht hergeben willst.«
    Draconus sprach: »Kallor Eiderann Tes’thesula, du wirst niemals aufsteigen.«
    Ihre Schwester sagte: »Kallor Eiderann Tes’thesula, jedes Mal wenn du emporsteigst, wirst du fallen. Alles, was du erreichst, soll in deinen Händen zu Staub werden. Genauso, wie du es mutwillig hier getan hast, wird es im Gegenzug mit allem sein, was du tust.«
    »Drei Stimmen verfluchen dich«, intonierte K’rul. »Es ist geschehen.«
    Der Mann auf dem Thron zitterte. Er verzog die Lippen, fletschte die Zähne in einem verzerrten Grinsen. »Ich werde euch vernichten. Jeden von euch. Das schwöre ich bei den Knochen von sieben Millionen Opfern. K’rul, du wirst vom Antlitz dieser Welt verschwinden, wirst vergessen werden. Draconus, alles was du erschaffst, soll wider dich aufstehen. Und was dich angeht, Weib – unmenschliche Hände sollen dich auf einem Schlachtfeld in Stücke reißen, doch du sollst niemals einen Augenblick lang Ruhe finden – das ist mein Fluch für dich, Schwester der Kalten Nächte. Kallor Eiderann Tes’thesula, eine Stimme, hat drei Flüche ausgesprochen. So sei es.«
    Sie ließen Kallor auf seinem Thron, auf seinem Knochenhaufen zurück. Dann vereinigten sie ihre Kräfte, um Ketten um einen Kontinent zu legen, auf dem ein Gemetzel stattgefunden hatte, und zogen ihn in ein Gewirr, das nur zu diesem einen Zweck erschaffen worden war. Sie ließen das Land nackt und bloß zurück. Damit es heilen konnte.
    Die Anstrengung zerbrach K’rul im Innersten; er trug Wunden davon, an denen er für den Rest seiner Existenz leiden würde, das wusste er. Und mehr noch, er konnte bereits spüren, dass die Zeit seiner Anbetung sich dem Ende zuneigte – das war der Pesthauch von Kallors Fluch. Zu seiner Überraschung schmerzte ihn der Verlust weniger als er gedacht hatte.
    Die drei standen am Portal der im Werden begriffenen, leblosen Sphäre, und schauten lange auf das hinab, was sie geschaffen hatten.
    Dann ergriff Draconus das Wort. »Seit der Zeit der Allumfassenden Dunkelheit habe ich ein Schwert geschmiedet.«
    Sowohl K’rul als auch die Schwester der Kalten Nächte drehten sich bei diesen Worten zu ihm um, denn davon hatten sie nichts gewusst.
    Draconus fuhr fort. »Es hat sehr, sehr lange gedauert, dieses Schwert zu schmieden, aber jetzt nähert es sich der Vollendung. Die Macht, mit der es ausgestattet ist, besitzt eine gewisse … Endgültigkeit.«
    »Dann«, flüsterte K’rul, nachdem er einen Augenblick lang nachgedacht hatte, »solltest du beim letzten Schliff ein paar Veränderungen vornehmen.«
    »So scheint es. Ich werde lange darüber nachdenken müssen.«
    Nach einer Weile wandten sich K’rul und sein Bruder ihrer Schwester zu.
    Sie zuckte die Schultern. »Ich werde mich vorsehen. Wenn mein Ende kommt, dann durch Verrat und nichts anderes. Gegen so etwas gibt es keine geeigneten Vorsichtsmaßnahmen, wenn mein Leben nicht zu einem Albtraum aus Misstrauen und Verdächtigungen werden soll. Und dazu werde ich es nicht kommen lassen. Bis zu jenem Augenblick werde ich das Spiel der Sterblichen weiterspielen.«
    »Dann solltest du bei der Auswahl derjenigen, für die du kämpfst, vorsichtig sein«, murmelte K’rul.
    »Such dir einen Gefährten«, riet Draconus ihr. »Einen, der deiner wert ist.«
    »Das waren weise Worte von euch beiden. Ich danke euch.«
    Es gab nichts mehr zu sagen. Die drei waren mit einer bestimmten Absicht zusammengekommen, und sie hatten ihr Ziel erreicht. Vielleicht nicht so, wie sie es sich gewünscht hatten, doch es war vollbracht. Und der Preis war bezahlt worden. Bereitwillig. Drei Leben und noch ein weiteres – alle zerstört. Für das eine der Beginn ewigen Hasses. Für die drei anderen ein fairer Tausch.
    Ältere Götter, so hat man sich erzählt, verkörperten eine Unmenge unangenehmer Eigenschaften.
    Aus einiger Entfernung schaute das Tier zu, wie die drei Gestalten getrennte Wege gingen. Von Schmerzen gepeinigt, den weißen Pelz blutbefleckt und immer noch blutend, die leere Höhle, in der einst das verlorene Auge gesessen hatte, feucht glänzend, hielt es seinen ungeschlachten Körper auf zitternden Beinen aufrecht. Es sehnte sich nach dem
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