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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit
Autoren: Steven Erikson
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aschegefüllten Wolken, die den Himmel bedeckten, in einen karmesinroten Schimmer getaucht. Es war, als hätte die Feuersbrunst nie mehr enden wollen – sie wütete weltverschlingend, wochenlang, monatelang, und die ganze Zeit über waren die Schreie eines Gottes zu hören gewesen.
    Schmerz gebar Wut. Wut wurde zu Gift, einer Infektion, die nichts und niemanden verschonte.
    Ein paar wenige weit verstreute Überlebende blieben übrig. In die Barbarei zurückgefallen, wanderten sie durch eine Landschaft, die mit den Pockennarben großer, jetzt mit schmutzigem, leblosem Wasser gefüllter Krater übersät war. Der Himmel über ihnen brodelte unaufhörlich. Verwandschaftliche Bindungen waren zerbrochen, Liebe hatte sich als eine Last erwiesen, die zu schwer zu tragen war. Sie aßen, was sie in die Finger bekamen, oft genug ihre Artgenossen, und ließen ihre Blicke mit mörderischen Absichten über die verwüstete Welt um sich herum schweifen.
    Eine Gestalt wanderte ganz allein durch diese Landschaft. Der Wanderer war in verrottete Lumpen gehüllt und von durchschnittlicher Größe; seine Gesichtszüge waren derb und nicht sonderlich anziehend. Etwas Dunkles war in seinem Gesicht, eine schwere Unbeugsamkeit in seinen Augen. Er schritt dahin, als lüde er immer mehr Leid auf sich, ohne an das große Gewicht zu denken; er ging, als wäre er unfähig nachzugeben, als könnte er die Gaben seines eigenen Geistes nicht leugnen.
    Aus der Ferne beobachteten zerlumpte Banden, wie die Gestalt dahinstapfte, wie sie Schritt um Schritt das überquerte, was von jenem Kontinent übrig geblieben war, der eines Tages Korelri genannt werden würde. Der Hunger hätte sie vielleicht näher an ihn herangetrieben, doch unter denen, die den Sturz überlebt hatten, gab es keine Narren mehr, und so blieben sie wachsam auf Distanz, zügelten voller Furcht ihre Neugier. Denn der Mann war ein uralter Gott, und er wandelte unter ihnen.
    Über das Leid hinaus, das er in sich aufnahm, hätte K’rul auch bereitwillig ihre gebrochenen Seelen zu sich genommen, doch er hatte sich von dem Blut ernährt – ernährte sich noch immer davon –, das auf diesem Land vergossen worden war, und die Wahrheit war: Er würde die Macht, die hieraus geboren wurde, bald benötigen.
    In K’ruls Kielwasser töteten Männer und Frauen andere Männer, töteten Frauen, töteten Kinder. Dunkles Gemetzel hieß der Fluss, auf dem die Älteren Götter dahinglitten.
    Ältere Götter verkörperten eine Unmenge höchst unangenehmer Eigenschaften.
    Der fremde Gott war bei seinem Abstieg zur Erde in Stücke gerissen worden. Er war in kleinen Fetzen heruntergekommen, in brennenden Streifen. Sein Schmerz war Feuer, Schreie und Donner – eine Stimme, die von der halben Welt gehört werden konnte. Schmerz und Empörung. Und, wie K’rul sich erinnerte, Kummer. Es würde lange dauern, bis der fremde Gott anfangen könnte, die noch vorhandenen Stückchen seines Lebens einzusammeln und so seinen Charakter zu enthüllen. K’rul fürchtete diesen Tag. Wer solcherart zerschmettert worden war, konnte nur im Wahnsinn enden.
    Die Beschwörer waren tot. Vernichtet von dem, den sie zu sich heruntergerufen hatten. Es hatte keinen Sinn, sie zu hassen, es gab keinen Grund, Bilder der Strafe heraufzubeschwören, die sie tatsächlich verdienten. Schließlich waren sie verzweifelt gewesen. Verzweifelt genug, um das Gewebe des Chaos zu zerreißen, einen Weg in eine fremde, weit entfernte Sphäre zu öffnen. Um dann einen neugierigen Gott jener Sphäre heranzulocken, näher und näher an die Falle, die sie vorbereitet hatten. Die Beschwörer auf Macht aus gewesen.
    Und das alles nur, um einen einzigen Mann zu vernichten.
    Der Ältere Gott hatte den verwüsteten Kontinent durchquert, hatte das immer noch lebende Fleisch des Gefallenen Gottes erblickt, hatte die unirdischen Larven gesehen, die von dem verfaulenden, immerfort pulsierenden Fleisch und den zerschmetterten Knochen weggekrochen waren. Er hatte erlebt, in was sich die Larven verpuppt hatten. Selbst jetzt noch, da er die zerschmetterte Küstenlinie von Jacuruku, dem alten Schwesterkontinent von Korelri erreichte, jagten sie über ihm auf ihren breiten, schwarzen Schwingen dahin. Sie spürten die Macht in ihm, hungerten nach ihrem Geschmack.
    Aber ein starker Gott konnte die Aasfresser ignorieren, die in seinem Gefolge dahinzogen, und K’rul war ein starker Gott. In seinem Namen waren Tempel errichtet worden. Generationen lang waren Altäre mit
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