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Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Titel: Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Autoren: Philipp Ebert
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I
     
    Thomas war am Ende seiner Kräfte angelangt. Kaum hatte der alte Kendall das Signal zum Halten gegeben, sank er auch schon zu Boden, genau wie all die anderen um ihn herum. Die zwanzig oder dreißig, die sie überhaupt noch waren. Außer Kendall und Merrion war keiner mehr wirklich in der Lage Wache zu halten.
    Wie stolz sie doch vor einer Woche ausgezogen waren, er, Sean und die anderen jungen Krieger. Vorneweg waren sie gelaufen, als ob sie die Schlacht nicht erwarten konnten. Immer wieder hatten sie Cormac angebettelt, ihn gefragt, ob sie die Fahne tragen dürfen und Cormac hatte die Bitte immer wieder lächelnd abgeschlagen. Thomas schüttelte traurig den Kopf. Die Fahne seines Dorfes lag jetzt irgendwo im Norden, genauso wie Cormac. Schon in den ersten Sekunden der Schlacht hatte ihn ein Pfeil getroffen. Er war tot, genauso tot wie Bryn, wie Sean, wie alle. Von den sieben Jungen, die dieses Jahr in seinem Dorf ihren Kriegereid abgelegt hatten, war er der Letzte. Kendalls Stimme, leise aber deutlich, riss ihn aus seinen trüben Gedanken:
    „Es hilft alles nichts. Wir werden sie kaum abgehängt haben und bis zum Rindyl sind es noch drei volle Tagesmärsche, wir müssen los!“
    Ein leises Murren und Stöhnen breitete sich unter den Männern aus, doch nach kurzer Zeit standen wieder alle. Auch Thomas hatte wieder nach seinem Schild gegriffen und versuchte sich jetzt irgendwie auf den Beinen zu halten. Er war nie einer der stärksten Jungen des Dorfes gewesen, aber Zähigkeit und Disziplin hatten das bisher immer mehr als ausgeglichen. Jetzt aber fühlten sich seine Beine an, als ob sie jede Sekunde unter ihm wegknicken könnten. Kein Wunder, hatte er doch seit zwei Tagen nichts gegessen außer ein paar im Vorbeigehen gepflückten Beeren und war nahezu ununterbrochen marschiert.
    Langsam machte sich die Gruppe wieder auf den Weg Richtung Süden, raus aus den Bergen. Fast hundert Meilen unwegsames Gelände, von dichtem Gras bewachsen und von Felsschluchten unterbrochen, lag noch vor ihnen. Erst dann, wenn sie aus den Hügeln heraus waren und wieder in ihrem Stammesgebiet, würden sie in Sicherheit sein vor ihren Verfolgern. Falls es noch irgendwo so etwas wie Sicherheit gab, jetzt nach der großen Schlacht. Neben Thomas stolperten die anderen Überlebenden des Heeres, das vor genau einer Woche so siegessicher losgezogen war, um die Barbaren nördlich des Rindyl wieder ins Meer zu treiben, dahin zurück, wo sie hergekommen waren.
    Die meisten der Männer konnten kaum noch stehen, geschweige denn laufen. Auch Thomas wollte sich nur noch hinlegen und schlafen. Seine Füße schmerzten so stark, dass er das Gefühl hatte, bei jedem Schritt laut aufschreien zu müssen. Einzig den dauernden Ermahnungen Kendalls war es zu verdanken, dass er sich nicht einfach fallenließ und liegen blieb. Unermüdlich lief der alte, graubärtige Krieger die Reihen ab und ermutigte die Männer. Kendall war der älteste Mann aus ihrem Dorf gewesen, der noch mit in die Schlacht gezogen war und so mancher der Krieger, die heute nur aufgrund seiner Fähigkeiten noch am Leben waren, hatte vor einer Woche noch über sein Alter gelästert. Thomas war einer von ihnen gewesen.
    Auf einmal konnte Thomas Sam sehen, den Fährtenleser der Truppe. Es musste Sam sein. Die langen, schwarzen Haare, das Lederwams und der Langbogen, alles passte, sicher war sich Thomas aber nicht. Erst als sie auf weniger als zwanzig Schritte heran waren, waren sich seine müden Augen sicher. Nach einem kurzen Gespräch mit Sam wandte sich Kendall an die Männer:
    „Sam hat nur wenige Wegminuten von hier eine kleine Gruppe von Maegrin entdeckt. Etwa zehn Mann, vielleicht einer mehr oder weniger. Ein Umweg würde Stunden in Anspruch nehmen und wir alle wissen, dass viele von uns die Nacht ohne Decken und Nahrung nicht überleben werden. Wir werden sie also angreifen.“
    Daraufhin erläuterte Kendall den Schlachtplan, der letztendlich darauf hinauslief, so nahe wie möglich an sie heranzuschleichen und sie dann überraschend anzugreifen. Kein wirklicher Plan, aber so erschöpft wie sie waren, gab es keine andere Möglichkeit. Weder konnten sie an ihnen vorbeischleichen oder gar die Felsen der Schlucht hochklettern, noch auf die Nacht warten, denn dafür waren ihre Verfolger zu dicht hinter ihnen. Zumindest gingen sie alle davon aus, zu Gesicht bekommen hatten sie die großen Barbaren seit der Schlacht aber nicht mehr, wofür Thomas sehr dankbar war. Nie wieder wollte er
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