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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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hast.“
    „Du bist genau das, was ich immer wollte, und mehr als ich zu träumen wagte.“ Man merkte, wie außerordentlich sorgfältig er seine Worte wählte. „Ein Teil von mir liebt dich schon lange, so gut es ihm … mir … möglich war.“
    Sie erschauerte und versuchte, ihn nicht anzublicken. Wer war das, mit dem sie gerade sprach?
    „Hast du Angst vor mir?“, fragte er nach einer Weile. Die Frage kostete ihn Überwindung. Eine Antwort zu geben würde auch nicht einfacher werden.
    Sie trat ans Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit.
    „Schon“, gab sie zu. „Ich weiß nicht, wer du bist.“
    „Ich auch nicht.“
    Das war nicht dazu angetan, sie zu beruhigen. Doch wenigstens war er ehrlich.
    Er hob seine Hand, um ihren Arm zu berühren, überlegte es sich dann aber anders. „Wollen wir es nicht gemeinsam herausfinden?“, fuhr er fort. „Du bist doch eine unerhört mutige Frau. Du hast dem wilden Wald getrotzt und ihn erforscht. Erforsche mich.“
    „Weißt du denn selbst, wer du sein könntest?“
    „Nicht ganz genau. Doch wer weiß das schon von sich? Zum allergrößten Teil bin ich nur Richard. Der Richard, der ich immer gewesen bin. Ein Schatten ist von meiner Seele gewichen. Und ein neuer Aspekt findet sich in mir – neu und alt gleichzeitig. Es ist weniger als eine Erinnerung, denn was an Erinnerung da war, verblasst bereits. Ich vergesse bereits, was ich tat und was ich war. Es bleibt vielleicht nur noch die Erkenntnis, dass ich jetzt zusammengeheilt bin. Ein ganzer Mensch. Der Rest ist dann nur noch Familiengeschichte.“
    Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander.
    „Ich weiß, wie sehr ich dir wehgetan habe“, fuhr er schließlich fort, und seine Stimme verlor etwas von ihrer neu hinzugewonnenen Eloquenz. „Ich wünschte, er … ich hätte das nicht getan.“
    Die Erinnerung an den Schmerz war noch sehr lebendig in ihrem Gedächtnis. Doch vielleicht würde auch sie bald das Glück haben, sich nicht mehr länger an die Schmerzen, die Schläge und die Demütigungen der letzten Tage erinnern zu können. Sie hoffte sehr darauf.
    „Hätte er … hättest du denn anders handeln können?“, fragte sie.
    „Ich glaube nicht.“
    „Aber du erinnerst dich an … die Sache?“ Das war ausnehmend peinlich.
    „Du hast mir Leben und Liebe geschenkt. Das zu vergessen wäre undankbar.“
    „Ich bin keine jungfräuliche Braut.“
    „Aber du warst es. Du warst meine jungfräuliche Braut.“
    Sie errötete und wandte sich ihm dann ganz bewusst zu, betrachtete ihn, wie man eine Statue betrachten würde. Äußerlich hatte er sich nicht so sehr geändert. Er war immer noch recht kräftig gebaut und breitschultrig. Seine Augen waren ein stählernes Blaugrau, umrahmt von dunklen Wimpern. Doch seine Gesamterscheinung schien eine gewisse weltmännische Ausstrahlung hinzugewonnen zu haben, eine Art altmodische Eleganz, die sie bislang in ihm noch nicht wahrgenommen hatte. Auch schien er redegewandter geworden zu sein.
    „Ich sollte all dies begreifen“, sagte sie. „Ich sollte wissen, was ich will, aber ich fühle mich verloren. Es heißt, ich habe die Liebe von Clarissas Mutter geerbt – die Liebe zu Clarissa und die zum Rabenm… zu dir.“
    Er nickte.
    „Fühlst du sie denn, diese Liebe?“, fragte er vorsichtig.
    Sie blickte an ihm vorbei und rang um Fassung, nickte schüchtern.
    „Denn“, fuhr er fort, „ich fühle sie. Die Liebe, die für dich in mir ist. Sie ist Teil dessen, was ich jetzt bin. Der, den du den Rabenmann nennst, hat dich geliebt – selbst wenn er einer intensiven Liebe nicht fähig war. Und ich, der ich Richard war und bin, liebe dich auch. Selbst der Wolf fand dich … ausgesprochen anziehend.“
    „Ich hatte … immer Angst, er würde mich auffressen.“
    „Ich hatte die gleiche Angst. Mein menschliches Bewusstsein war mal stärker und mal schwächer.“
    „Doch jetzt bist du – du selbst?“
    Er lächelte verlegen.
    „Ich bin Richard von Rosberg, Vater einer Tochter, Vormund eines begabten Kindes, Eigentümer dieser Ländereien, Untertan dieses Königreichs und – wenn du Ja sagst – morgen schon ein verheirateter Mann.“
    „Ich habe keine Mitgift.“ Sie sah an ihrem geliehenen Kleid hinunter. „Ich habe gar nichts.“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Du hast Mut und Klugheit und Schönheit. Du hast die Liebe meiner Tochter. – Und meine. Das würde ich nicht nichts nennen. Du hast auch meine Dankbarkeit, wenn du sie willst. Doch ich würde dir lieber
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