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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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gehört.
    »Auch ein Bruder von Ihnen ?« , fragte ich meine Nachbarin, nachdem Jupp uns die Karte gebracht hatte. Ich war einigermaßen überrascht, dass Karin ihren Zeigefinger über die Speisen fahren ließ, denn eigentlich wollte ich nur ein Getränk spendieren. Angesichts meines prall gefüllten Portemonnaies ließ sich das aber verschmerzen, vorausgesetzt, das Ergebnis war entsprechend.
    »Ich wähle als Vorspeise das Carpaccio di Manzo , bei der Prima Piatti schwanke ich noch zwischen Gnocchi al Buongustaio und Orecchiette Broccoli e Salmone , aber als Secondi Piatti nehme ich auf jeden Fall die Scaloppine di Vittello ai Porcini e Mascarpone. Das Dessert werde ich nachher bestellen. Wären Sie so freundlich, den Wein für uns auszusuchen ?«
    Nachdem ich flott überschlagen hatte, dass Karins Bestellung um die fünfundfünfzig Euro kostete — und zwar ohne Wein — , entschied ich mich für eine Minestrone und eine Thunfischpizza. Beim Wein folgte ich der Empfehlung des Hauses und entschied mich für einen trockenen Roten aus Umbrien.
    Bis zur Vorspeise schauten wir uns verliebt in die Augen. Naja, ehrlich gesagt schaute ich Karin zu, während sie sich angeregt mit Giuseppe unterhielt — auf Neulatein.
    »Sie sprechen Italienisch ?« , fragte ich die hübsche Bäuerin, als die Vorspeise vor uns stand und Giuseppe verschwunden war.
    »Ich habe nach dem Abitur ein Jahr als Kindermädchen in Italien gearbeitet, da habe ich den einen oder anderen Brocken aufgeschnappt .« Endlich hatte sich Karin dazu herabgelassen, mit mir zu sprechen.
    »Da haben Sie mir ja einiges verschwiegen an unserem Columbo-Abend. Dass Sie einen Bruder haben, war mir auch neu .«
    »Jetzt wissen Sie es«, schüttete Schumann ein Füllhorn an Freundlichkeit aus.
    »Waren Sie denn verheiratet? Ich meine, wegen der unterschiedlichen Nachnamen .«
    »Das ist wieder Nannen, wie wir ihn kennen und lieben. Auf die Idee, dass Gerhard vielleicht bei der Hochzeit den Namen seiner Frau angenommen hat, kommen Sie gar nicht .«
    »Hat er ?«
    »Ich war zwei Jahre verheiratet. Ein Rechtsanwalt aus Münster. Leider hat ihn ein unzufriedener Mandant umgebracht. Einfach überfahren. Holger hat im Krankenhaus noch vier Monate um sein Leben gekämpft, bevor er starb .«
    »Das tut mir Leid«, stammelte ich aufrichtig.
    Giuseppe holte die leeren Teller ab und stellte die Gnocchi vor Karin auf den Tisch. Karin spießte voller Genuss einen auf und biss herzhaft hinein.
    »Bevor Sie sich die Augen ausheulen, sollte ich Ihnen lieber mitteilen, dass Gerhard tatsächlich den Namen seiner Frau angenommen hat. Ich war niemals verheiratet .«
    Miststück!
    »Wann wollen Sie sich eigentlich dafür entschuldigen, dass Sie es gewagt haben, sich in meinem Haus Pornos reinzuziehen ?«
    »Ich brauche mich nicht zu entschuldigen, kann aber alles erklären .« Daraufhin erzählte ich zum dritten Mal die komplette Geschichte.
    »Dann will ich das mal durchgehen lassen«, sprach Karin die erlösenden Worte — ungefähr fünf Minuten nachdem ich geendet hatte. »Gerdi hat mir die gleiche Geschichte erzählt .«
    »Sie lassen mich das alles erzählen, obwohl Sie schon alles wussten ?«
    »Nachdem Sie mich so schockiert haben, musste ich Sie doch ein bisschen zappeln lassen, oder ?« , begründete sie ihr niederträchtiges Handeln mit einem strahlenden Lächeln. Giuseppe bewahrte mich vor einer Antwort, indem er Pizza und Kalbsschnitzel servierte. In der Folgezeit beschränkten wir uns auf schweigendes Genießen. Auf den Nachtisch verzichtete Schumann gnädigerweise , stattdessen bestellten wir beide einen Espresso. Bei dem, was Schumann gefuttert hatte, hätte ein Latte Macchiato sie bestimmt zum Platzen gebracht.
    »Dann ist zwischen uns wieder alles im grünen Bereich ?« , fragte ich, während ich mir eine Zigarette ansteckte.
    »Bis zum nächsten Fauxpas«, kam die nette Antwort, die mich aber nicht wirklich überraschte.
    Ich winkte Josef herbei und verlangte die Rechnung.
    »Kann ich dich irgendwohin mitnehmen ?« , versuchte ich wieder etwas Intimität in unsere Beziehung zu bringen.
    »Nein, ich bin selber mit dem Wagen hier, aber danke für das Angebot. Du scheinst ja doch kein so übler Kerl zu sein .«
    Ja!
    Ich hatte es geschafft!
    Karin duzte mich wieder.

    Nach diesem erfreulichen Ereignis fuhr ich zur Sparkasse, um die wenigen Mücken, die Schumann mir gelassen hatte, loszuwerden. Unter dem staunenden Blick von Herrn Stenner transferierte ich fünftausend Euro
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