Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
Vom Netzwerk:
abgeschlossen, aber bisher wurde keiner gefunden .«
    »Mir reicht’s an Leichen. Ich werde jetzt nach Hause fahren und mich mindestens einen Monat lang nur noch meinem Gutshof widmen .«
    Ich hatte schon die Klinke in der Hand, als mir noch etwas einfiel: »Wie spät hat Inge den Stecker gezogen ?«
    »Gestern Abend so gegen zweiundzwanzig Uhr, plus minus eine halbe Stunde. Wieso?«
    »Danke .«
    Und weg war ich.
    Die nächste Station war Brücken. In trauter Runde saßen wir bei Kaffee und selbst gebackenen Plätzchen im Wohnzimmer, und ich erstattete den Rudolphs einen Bericht, der sich gewaschen hatte. Gernot und Irene hielten mehrmals den Atem an, obwohl ich die Geschichte nur unwesentlich ausschmückte.
    Zum Schluss ließ ich die Katze aus dem Sack: »Frau Zollner-Knittel hat sich gestern das Leben genommen .«
    Das Ehepaar schaute sich an. Dann wandte sich Dr. Rudolph an mich: »Das war wohl doch zu viel für sie. Erst die Last, einen Mord begangen zu haben, dann die Nachricht von der Krankheit und zu guter Letzt auch noch die Verhaftung ihres Ehemanns.«
    »Von der Verhaftung konnte sie zum Zeitpunkt des Selbstmords noch nichts wissen. Hinzu kommt, dass sie bei meinem Besuch zwar sehr niedergeschlagen war, aber nicht den Eindruck machte, als ob sie sich das Leben nehmen wollte .«
    »Tatsächlich ?« , zeigte Irene sich interessiert.
    »Außerdem hat sie keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich würde mir die Last von der Seele schreiben, bevor ich mich selbst töte .«
    »Dann hat sie wohl das Medikament überdosiert, das ich ihr gegeben hatte«, sagte Gernot eine Spur zu gleich — gültig.
    Ich wusste es: Inge hatte keinen Suizid begangen. Jetzt war mir auch klar, warum die beiden gestern so seltsam reagiert hatten. Sie hatten längst selbst Schicksal gespielt.
    »Aber das lassen wir die Polizei klären, nicht wahr ?«
    Was für eine Scheiße war das denn? War ich jetzt etwa gefordert? War es meine Pflicht, das leidende Ehepaar auch noch in den Knast zu bringen?
    Das wurde mir moralisch zu heikel. Ich war kein Verfechter von Selbstjustiz, aber ich hatte auch keine Kinder, erst recht keine, die gerade jemand umgebrachr hatte. Also beschloss ich, die Grübelei augenblicklich zu beenden und mich an die Devise aller Privatdetektive zu halten: Auftrag ausführen und fertig. Rudolph hatte Recht: Für alles andere war die Polizei zuständig. Sollte die sich doch der Sache annehmen.
    »Selbstverständlich. Meine Arbeit ist beendet«, antwortete ich ohne übertrieben schlechtes Gewissen.
    »Dann lassen Sie uns das Finanzielle regeln«, folgte prompt die Belohnung.
    Endlich kam der wichtige Teil! Zusätzlich zu den bereits geleisteten Zahlungen erhielt ich dank einer dicken Spesenabrechnung tausendfünfhundert Euro, die er mir bar auf die Hand blätterte. Dann griff er erneut in seine Brieftasche, zog acht Fünfhunderter heraus und gab sie mir.
    »Wofür, Herr Doktor ?« , fragte ich erstaunt.
    »Nennen wir es eine Prämie für besondere Diskretion .« Alle im Raum wussten natürlich, in welcher Angelegenheit ich mich diskret verhalten sollte.
    Zudem sollte ich den Golf behalten, da sie keine Verwendung für ihn hatten. Beim Abschied bedankte ich mich für die Großzügigkeit, schlug aber ihre Einladung, nächste Woche zum Essen zu kommen, lieber aus. Ein bisschen Sicherheitsabstand konnte nicht schaden.
    Als nächste Station hatte ich die Dülmener Lokalzeitung auserkoren, denn ich hatte den starken Verdacht, dass sich mit der Geschichte noch mehr Geld machen ließ.
    Unterwegs änderte ich meinen Plan leicht ab und besuchte Grabowski im Krankenhaus. Er musste noch zwei Tage dort bleiben, was ihm durchaus gefiel. Als ich die Krankenschwester sah, wusste ich auch, warum. Zum Abschied steckte ich ihm eine Flasche Whiskey zu, die ich am Kiosk gegenüber erstanden hatte. Dann ging es weiter.
    Als ich die Geschäftsstelle des Dülmener Kuriers betrat, musste ich leider feststellen, dass man mir keinen roten Teppich ausgerollt hatte. Ich fragte mich zum Redaktionsleiter durch. Er schien nicht unter Überbeschäftigung zu leiden, denn ich durfte sein Büro ohne Wartezeit betreten. Hinter dem Schreibtisch saß ein etwa dreißigjähriger Typ, der mir sofort unsympathisch war. Die Designerklamotten — blauer Nadelstreifenanzug mit weißem Hemd und karierter Krawatte — passten hervorragend zu der arroganten Art, mit der er mich anblickte. Sein von Narben entstelltes schmales Gesicht gab ihm zusätzlich einen gewalttätigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher