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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz
Autoren: Tanith Lee
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aber doch.«
    » Ja, verdammt nochmal. Warum sind Sie nicht hingegangen?«
    » Entschuldigen Sie mich«, sagte Rachaela und flüchtete hinter das Regal, um seinen Fragen zu entkommen.
    » Um was geht’s denn?«, wollte Mister Gerard wissen, der gerade aus dem Hinterzimmer kam, wo er sich mit Keksen vollgestopft hatte.
    » Stimmt etwas nicht?«
    » Äh, nein, diese junge Dame … ich habe ihr einen Brief von Lane und Soames überbracht, und sie hat nicht darauf reagiert. Jetzt denkt der alte Soames, es wäre meine Schuld.«
    » Was für einen Brief?«
    Rachaela antwortete nicht. Sie staubte eine Ausgabe von Der Ägypter ab und stellte sie vorsichtig wieder zurück an ihren Platz.
    » Hat was mit Grundbesitz zu tun«, sagte der junge Mann.
    » Jedenfalls vermute ich das. Sie sind alle schon ganz irre deswegen, ist verdammt lästig.«
    Der Nebel hatte sich erneut in den Laden geschlichen.
    Unerbittlich breitete er sich überall aus.
    » Sie muss nicht einmal einen Termin vereinbaren. Einfach nur hingehen, und Soames wird sie empfangen. Würde noch nicht mal ’ne Minute dauern.«
    » Sie könnten in Ihrer Mittagspause gehen, Rachaela. Mein Gott, glauben Sie nicht, dass Sie hingehen sollten? Es könnte sich vielleicht lohnen.«
    Rachaela sagte nichts.
    Sie sagte Mister Gerard nicht, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, da sie ihm gegenüber noch nie ausfallend geworden war. Dafür bezahlte er einfach zu wenig.
    Der junge Mann seufzte.
    » Ich nehme dann nur die Biografie. Reine Zeitverschwendung, Romane zu lesen.«
    » Glücklicherweise denkt nicht jedermann so«, sagte Mister Gerard abschätzig. Der junge Mann merkte, dass er sich unbeliebt gemacht hatte, und eilte aus dem Laden.
    » Was zum Teufel tun Sie da, Rachaela?«
    » Ich wische Staub.«
    » Sie wischen doch sonst nie Staub. Hören Sie auf damit. Sie wirbeln nur den ganzen Dreck auf. Machen Sie Mittagspause. Sie können zehn Minuten länger bleiben. Gehen Sie zu Soames.«
    Es war Samstagmorgen, und die Bestie Mensch ging einkaufen. Wie immer verdrossen und enttäuscht.
    Rachaela schlenderte zur Imbissbude. Ein vorüberhastender Mann streifte sie und hätte sie fast umgeworfen. Sie erkannte den Mann aus dem Nebel.
    » Miss Day, gestatten Sie mir, Sie zu begleiten.«
    Er nahm ihren Ellenbogen und drehte sie um. Sie gingen gegen den Strom, und die Menge kämpfte gegen sie an.
    » Sie zwingen mich, dorthin zu gehen?«
    » Nein, nein, Miss Day. Es wird Ihnen gefallen. Kommen Sie nur.«
    Es war Samstag. Würde Soames denn überhaupt in seinem Büro sein? Anscheinend ja.
    Drei Jugendliche in den Trikots irgendeines Fußballvereins vom Mars rempelten sie an. Der fremde Mann und Rachaela wurden auseinandergerissen.
    Rachaela wirbelte in den Nebel, mitten hinein in die dichte Menschenmenge, und passte sich dem hastigem Rhythmus an. Der Mann rief ihr nicht hinterher. Seine Hand griff nicht nach ihrem Arm.
    Sie ging zum Museum, wo sie ihre Mittagspause inmitten der blauen und pinkfarbenen steinernen Gottesvögel und lächelnden Pharaos zubrachte. Sie aß zwei Bananen, die sie auf dem Weg zum Laden an einem Stand gekauft hatte, Nebelbananen. Der Mann kam nicht in den Laden, und auch der jüngere Mann kehrte nicht zurück.
    Mister Gerard fragte sie:
    » Und, waren Sie dort?«
    » Nein.«
    » Wie dumm. Dummes, dummes Mädchen. Machen Sie uns einen Tee.«
    Sie stand im Bus nach Hause. Im Wagen drängten sich aufgeregte › Flüchtlinge ‹ .
    Der Laden schloss samstags eine halbe Stunde früher, damit Mister Gerard genau wie seine Angestellte zu irgendeinem ausgelassenen Fest aufbrechen konnte. Doch sie bezweifelte, dass es für ihn so etwas überhaupt gab. Wahrscheinlich genauso wenig wie für sie. Mister Gerard blieb – und das war ihr durchaus angenehm – geheimnisvoll für sie, genau wie sie ein provozierendes Mysterium für ihn darstellte. Er lebte mit einer Ehefrau in der Nähe von Kennington. Sie konnte sich eine Mrs. Gerard nur als weibliche Version von Mister Gerard vorstellen, in Norwegerpullover oder verschwitztem Kleid und Strickjacke, die Cremetörtchen verschlang oder Zeitungsartikel am Telefon vorlas.
    Der Nebel hing so dicht über der Wiese wie immer, doch Rachaela ahnte die Anwesenheit des Mannes nicht. Ihr war nicht bewusst, was sie erwartete. Irgendetwas Unangenehmes.
    Sie trank gerade ein Glas Wein – den Rest aus der Flasche vom Freitag –, als es an der Wohnungstür läutete. Rachaela bekam nie Besuch.
    Sie dachte an irgendeinen
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