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Gaelen Foley - Amantea - 01

Gaelen Foley - Amantea - 01

Titel: Gaelen Foley - Amantea - 01
Autoren: Der Herrscher von Amantea
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Existenz in der Unterwelt, die man eigentlich nicht als Leben bezeichnen konnte.
    Starr blickte er auf den weichen, glitzernden Sand unter seinen abgewetzten schwarzen Stiefeln und sank dann auf ein Knie nieder, um die feinen Körnchen über seine son- nengebräunte, vom Tauziehen schwielig gewordene Hand rieseln zu lassen. In düstere Gedanken versunken, beo- bachtete er, wie der Sand ihm durch die Finger rann – genauso wie alles andere, das er besessen hatte.
    Seine Zukunft.
    Seine Familie.
    Und mit dem Sonnenaufgang auch seine Seele.
    Er erhob sich und rückte mit der freien Hand den Schul- tergurt seines Degens zurecht. Das nasse Leder hatte seit geraumer Zeit an seiner Brust gescheuert und die Haut an der Stelle, wo sie sich unter seiner schwarzen Weste zeigte, aufgerieben. Jetzt trank er einen Schluck Rum aus der sil- bernen Taschenflasche, die an einem schmalen Ziegenie- derriemen an der Innenseite seiner Weste hing. Er zuckte zusammen, als der Alkohol ihm in der Kehle brannte, und steckte die Flasche wieder weg.
    Dann schwenkte er die Fackel und sah sich in der Höhle um, bis er den Eingang zu den geheimen Tunneln ent- deckte. Sie waren vor vielen Jahrhunderten einzig und al- lein für seine Familie in die Berge geschlagen worden. Es war seltsam, sich vor Augen zu halten, dass er der letzte Überlebende war, der von ihrer Existenz wusste und nicht glaubte, dass sie nur einen Teil der Geschichte um das Haus der Fiori bildeten.
    Vor dem düsteren unterirdischen Gang senkte er die Fackel, um ihn zu beleuchten. Vorsichtig spähte er hinein. Er erschien ihm für einen Mann, der es gewohnt war, auf dem offenen Meer zu sein, verflucht eng.
    „Ach, nun mach schon, sei kein Feigling“, murmelte er in die bedrückende Stille.
    Vorsichtig tat er einige Schritte in den Tunnel.
    Die schwarzen Felswände des geheimen Ganges schim- merten feucht vom herabtropfenden Wasser, als das Licht der Fackel auf sie fiel. In seltsamen Formen tanzten die Schatten über den grob abgeschlagenen Stein. Von der Ruhe hier unten ließ er sich nicht einlullen, denn er wuss- te, dass irgendwo über ihm sein Feind gerade dabei war,

sich zu seinem Erfolg zu beglückwünschen, indem er einen Ball sich selbst zu Ehren gab.
    Lazar konnte es kaum erwarten, die Feierlichkeiten zu stören. Bald schon würden die unterirdischen Gänge ihn in die Stadt führen, wie sehr Monteverdi sich auch darum bemüht hatte, keinen Fremden durch die Tore zu lassen.
    Nach einem ziemlich anstrengenden Aufstieg verzweigte sich der Tunnel. Links ging es eben weiter, während der Weg nach rechts steil anstieg und schließlich – wie er wusste – in die Keller von Belfort, das dem Feind anheim gefallene Schloss auf dem Berg, führte.
    Ohne Zögern nahm er die linke Abzweigung.
    Endlich spürte er frische Zugluft im Gesicht. Die Fackel zischte, als er sie in einer Pfütze, die sich am Boden des Ganges gebildet hatte, auslöschte. In der Dunkelheit tastete er sich zum schmalen vor ihm liegenden Ausgang.
    Ein dichter Vorhang aus dornigen Ranken und grü- nen Blättern schützte den Höhleneingang vor neugieri- gen Blicken. Sein Herz klopfte heftig, als er sich durch die Brombeersträucher kämpfte und sich darum bemühte, keine Spuren zu hinterlassen. Über ihm wölbte sich der Nachthimmel, an dem die Sterne wie Diamanten funkel- ten. Schließlich trat er auf eine Lichtung. Er steckte seinen maurischen Krummdolch wieder in die Scheide an seinem Gürtel und tat ein paar Schritte, während seine Erregung wuchs. Ohne es zu merken, hielt er den Atem an, als er sich umsah.
    Zu Hause.
    Die Umgebung war in silbernes Mondlicht getaucht: die in Terrassen angelegten Felder, die Olivenhaine, die Weinberge, die Orangengärten auf den Hügeln. Ein wür- ziger, erdiger Duft erfüllte die Nachtluft. Hinter ihm er- hoben sich die alten, moosbewachsenen Mauern, die das Herz des Königreichs bereits seit tausend Jahren schütz- ten. Aus den Ritzen der Felsbrocken schienen die Geister der Vergangenheit zu seufzen.
    Wir sind die Eckpfeiler, mein Junge – wir, die Fiori. Vergiss das niemals ...
    Vorsichtig wagte er einige Schritte nach vorn und lauschte den Geräuschen: dem Zirpen der Grillen, dem Quaken der Frösche und in der Ferne dem Rauschen der Brandung. Genauso, wie es schon immer gewesen war.

Schmerzlich berührt schloss er einen Moment lang die Augen und legte den Kopf zurück. Erinnerungen, die er die ganze Zeit über verdrängt hatte, stürmten auf ihn ein.
    Ein kühler Wind
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