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Gaelen Foley - Amantea - 01

Gaelen Foley - Amantea - 01

Titel: Gaelen Foley - Amantea - 01
Autoren: Der Herrscher von Amantea
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blies über das Land, und die Blätter der Weinreben raschelten, bis schließlich die Orangengär- ten, die Olivenhaine und die Gräser den Stimmen geliebter Geister gleich ihm etwas zuzuflüstern schienen. Die ent- schwundenen Geschlechter der Könige und Königinnen schienen aus ihren Grüften emporzusteigen und über ihm zu schweben. Sie bedrängten ihn mit ihrem gespenstischen Raunen: Räche uns.
    Das würde er tun. Er riss die Augen auf, als der dumpfe Schmerz sich in rasenden Zorn verwandelte.
    Durch die Schuld eines einzigen Mannes hatte er nicht das Leben geführt, das er hätte führen sollen. Wahrhaftig, er musste Vergeltung üben! Nur deshalb war er zurückge- kehrt. Sonst gab es hier nichts mehr für ihn zu tun. Das hatte er dem Signore Gouverneur zu verdanken. Doch nun würde er dafür büßen.
    Der Überlieferung nach war nicht auf Sizilien und auch nicht auf dem nahe gelegenen Korsika, sondern auf die- ser Insel die uralte Tradition der Vendetta entstanden. Monteverdi würde das bald am eigenen Leib erfahren.
    Das Planen und das Warten – fünfzehn Jahre hatte es ihn gekostet – würden bald vorüber sein. Bei Sonnenaufgang würde er seinen Feind ergreifen und ihm die Strafe zuteil werden lassen, die er verdiente. Er würde ihm die Familie abschlachten, ihn dann töten und danach die ganze Stadt zerstören.
    Doch zuerst wollte er ihn auf besonders grausame Art quälen.
    Der Verräter sollte so leiden, wie er gelitten hatte. Die Blutrache, nach der er sich so lange verzehrt hatte, würde erst dann vollendet sein, wenn Monteverdi in Ketten zuse- hen musste, wie er das Leben eines Menschen, den er am meisten liebte, auslöschte – das Leben seiner unschuldigen jungen Tochter.
    Wenn es vorüber war, würde Lazar wegsegeln und nie mehr in sein Königreich zurückkehren.
    Selbst wenn es bedeutete, dass er sich damit den letzten Rest des Herzens aus dem Leibe riss.

Allegra Monteverdi hielt die Hände hinter dem Rücken und zwang sich zu einem höflichen, aufmerksamen Lä- cheln. Sie stand mit einer kleinen Gruppe von Gästen im Ballsaal und fragte sich, ob jemand sonst noch bemerkte, dass ihr zukünftiger Gemahl immer betrunkener wurde.
    Es geschah selten, dass der Vertraute des Gouverneurs sich einer solchen Zügellosigkeit oder einem anderen Laster überließ. Sie, Allegra, war froh, dass er zumindest nicht laut oder hemmungslos wurde. Von gewissen Aus- nahmen abgesehen, benahm sich der Viconte Domenico Clemente ohnedies mit untadeliger Eleganz und Würde.
    Er muss wohl eine Auseinandersetzung mit seiner Mä- tresse gehabt haben, dachte sie und beobachtete ihn von der Seite, wie er mit einigen Damen plauderte und ein weiteres Glas Wein leerte.
    Anerkennend stellte sie fest, dass sein hellblondes, leicht gepudertes Haar im Licht der Kristallleuchter wie Gold schimmerte.
    In vino veritas – im Wein liegt Wahrheit, wie es eine alte Weisheit besagte. Sie war neugierig darauf, einen Blick auf den Mann erhaschen zu können, der sich hinter dem sonst so förmlichen Viconte verbarg. Ihre Hochzeit sollte in wenigen Monaten stattfinden, und Allegra wurde das Gefühl nicht los, dass sie ihren Bräutigam noch immer nicht kannte.
    Verstohlen beobachtete sie den Mann, dessen Kinder sie gebären sollte.
    Als Domenico ihren Blick bemerkte, entschuldigte er sich bei den Damen und ging mit einem kühlen Lächeln auf den Lippen durch den Saal zu ihr.
    Anstatt ihn melancholisch werden zu lassen, schien der Wein zu bewirken, dass die kantigere Seite in ihm zum Vorschein kam. Allegra bemerkte, dass er den Mund zu- sammenpresste. Gleichzeitig wurden die ausgeprägt aris- tokratischen Züge seines Gesichts schärfer, während seine grünen Augen hart wie Smaragde funkelten.
    Als er neben ihr stand, musterte er sie, ehe er sich herabbeugte, um ihr die Hand zu küssen.
    „Meine Schöne.“
    Er lächelte über ihr Erröten und strich ihr mit den Fingern über den bloßen Arm. Sein mit belgischer Spitze besetzter Ärmel kitzelte sie.

„Kommen Sie, Allegra. Sie schulden mir einen Tanz“, meinte er. Doch in diesem Moment nahm ein Gespräch der Gäste, die in ihrer Nähe standen, Allegras Aufmerksamkeit in Anspruch.
    „Tollwütige Hunde, sage ich“, erklärte ein würdevoller alter Herr, der so laut sprach, dass man ihn über die Mu- sik hinweg hören konnte. „Diese Rebellen! Man sollte sie alle aufhängen lassen.“
    „Sie aufhängen?“ rief Allegra und wandte sich dem Redner zu.
    „Warum sind die unteren Stände
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