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Gaelen Foley - Amantea - 01

Gaelen Foley - Amantea - 01

Titel: Gaelen Foley - Amantea - 01
Autoren: Der Herrscher von Amantea
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der die Insel sich bisher noch nicht erholt hatte.
    Das hatte auch ihre Mutter nicht getan.
    Allegra vernahm die lebhafte Musik, die unten auf dem Platz gespielt wurde, und sah einigen Artisten zu, die akro- batische Kunststücke vorführten. Auch Feuerschlucker begeisterten die Menge. Sie lächelte, als sie einige junge Paare beobachtete, die den wilden sizilianischen Tanz na- mens Tarantella aufführten. Beim Gedanken an die lang- weiligen, schicklichen Menuette, die im Ballsaal zelebriert wurden, seufzte sie.
    Wehmütig lächelnd blickte sie auf die bunten Laternen, die über dem Platz hingen. Allegra hoffte, dass die herr- schenden Klassen und die einfachen Menschen zumindest für einige Tage ihre Meinungsverschiedenheiten vergessen und in Frieden zusammen leben konnten.
    Sie sah zu dem mit Sternen übersäten, nachtblauen Himmel hinauf. Dann schloss sie die Augen, um die kühle Brise, die ihr über die Wangen strich, zu genießen. Diese

Nacht am Mittelmeer war wundervoll. Ihre Sinne erwach- ten. Der Duft des Jasmins, der Pinien und der See erfüllte die Luft.
    Das ließ sie an ihn denken.
    An ihn, mit dem sich selbst Domenico niemals messen könnte, an ihn, der nirgendwo anders als in ihrem Herzen, in ihrer Fantasie lebte – vollkommen und unerreichbar.
    Ihr heimlicher Prinz.
    Er hieß Lazar und besuchte sie in ihren Träumen. Prinz Lazar war ein Ritter und ein Gelehrter.
    In Wahrheit war er tot.
    Doch es gab Leute, die behaupteten, dass er irgendwo noch lebte ...
    Sie öffnete die Augen und lächelte traurig über ihre eigene Torheit.
    Mit einem Mal bemerkte sie, wie eine Bewegung durch das Volk ging. Allegra sah, dass der Bischof herausge- kommen war und durch die ehrfürchtig zurückweichende Menge schritt, um die Leute zu begrüßen. Fromme Wit- wen, Diakone und Nonnen folgten ihm. Sie entschloss sich, ebenfalls hinunterzulaufen.
    Schließlich war sie keine Gefangene im Haus ihres Va- ters, obgleich sie sich oft so fühlte. Er und Domenico kön- nen nicht alles, was ich tue, kontrollieren, redete sie sich ein. Gewiss musste sie sich von niemandem begleiten las- sen, wenn sie nur für einige Momente mit dem ehrwürdigen Vincenzo sprechen wollte.
    Ohne noch einmal in die Küche zurückzuschauen, trat sie hinaus und verblüffte damit die ganze Dienerschaft, die mit dem Essen beschäftigt war.
    Zuerst entfernte sie sich gemächlich vom Haus und lief dann schneller, als sie den Rasen überquerte. Hinter dem hohen Haupttor befanden sich Soldaten in blauer Uniform, die den Palazzo bewachten.
    Allegra ging rascher, und jeder Schritt, den sie tat, ließ sie noch angespannter werden. Auf einmal hatte sie das verzweifelte Bedürfnis zu entfliehen. Es schien ihr so, als müsste sie unter all der Heuchelei und Gier, die im Palast herrschten, ersticken. Jetzt rannte sie, und ihr Gesicht war gerötet, während ihr Herz heftig pochte.
    Natürlich wussten die meisten Soldaten, wer sie war. Sie würden es höchst eigenartig finden, dass die Tochter des

Gouverneurs ohne Begleitung das Haus verließ. Doch sie sagte sich, dass diese Männer daran gewöhnt waren, Be- fehle entgegenzunehmen. Sollte jemand ihr Fragen stel- len, würde sie sich eine Ausrede einfallen lassen und ihn zurechtweisen. Allegra musste es irgendwie schaffen, sich an den Wachposten vorbeizuschmuggeln.
    Es stellte sich heraus, dass es einfacher war, als sie ge- dacht hatte. Vielleicht bemerkte in der Dunkelheit nie- mand, wer sie war. Womöglich hielt man sie für einen der Gäste. Sie verhielt sich völlig natürlich und trat aus dem kleinen Seitentor hinaus. Es war Teil einer zehn Fuß hohen Mauer, die den Palast umgab.
    Nach außen hin gelassen, doch innerlich aufgewühlt, ging Allegra an den Wachposten vorbei und eilte in eine kopfsteingepflasterte Gasse. Froh darüber, dass niemand sie aufgehalten hatte, hätte sie am liebsten die Hände hochgeworfen und Freiheit gerufen.
    Stattdessen eilte sie jedoch die enge Straße entlang, bis sie zum Marktplatz kam.
    Keuchend blieb sie unter den Palmen, die eine Ecke der Piazza schmückten, stehen. Sie schaute sich um und wusste kaum, wohin sie sich als Erstes wenden sollte. Dort tanz- ten noch immer die jungen Paare die anrüchige Tarantella, und da stand der Bischof und unterhielt sich.
    Auf einmal fiel Allegra ein, dass sicher eine der ver- schlagenen, falkenäugigen Witwen sie erkennen würde, wenn sie zum ehrwürdigen Vater Vincenzo ginge. Wahr- scheinlich würde sie gefragt werden, wo ihre Leibwache sei.
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