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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz
Autoren: Tanith Lee
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Gebäude und ging zur Rezeption. Wenige Minuten später befand sie sich in einem Lift, der sie in Windeseile zum obersten Stockwerk beförderte!
    Ohne den Nebel hätte man von einem Fenster aus die Buchhandlung sehen können, die sich fünf Stockwerke tiefer unter ihrem schmutzigen Dach zusammenkauerte.
    Die Sekretärin von Mister Soames begrüßte sie überaus freundlich und brachte sie sofort in sein Zimmer, als wäre sie eine besonders wichtige Klientin. Das Büro war ein nüchterner Raum, dessen Fenster auf den Park hinausgingen. Auf den Bäumen lag ein letzter Rest der gelben Nebelschwaden. Die Wand war gefallen, der Jäger enttarnt.
    » Hier bin ich«, sagte Rachaela.
    » Wie schön. Darf ich sagen, wie froh ich bin, dass Sie Ihre Meinung geändert haben?«
    » Das Ganze ist etwas ausgeartet, oder nicht? Ihr Brief. Dieser kleine Mann mit dem Überzieher und der Wollmütze.«
    » Ich fürchte, ich weiß nicht, wer das sein könnte«, bemerkte Mister Soames aalglatt. Er hatte noch nie Augen gehabt, nur Brillengläser. Sein ganzes Gesicht lag dahinter verborgen.
    » Möchten Sie nicht Platz nehmen?«
    Rachaela setzte sich in den Ledersessel. Der Gedanke, dass das einmal ein Stier gewesen sein musste, der über Stoppelfelder dahingerast war, bereitete ihr äußerstes Unbehagen. Vielleicht war es ja auch einfach nur ein gut gemachtes Kunststoffimitat.
    Sie hatte die Hände gefaltet und ihre Beine übereinandergeschlagen. Ihr Herz klopfte unruhig, doch Mister Soames schien noch nervöser zu sein als sie.
    » Miss Day … ich nehme zunächst einmal an, dass Sie bis vor kurzem noch einen anderen Namen trugen. Habe ich Recht?«
    » Möglicherweise.«
    » Ich möchte das zwar nicht überbewerten, doch meine Klienten, die Simons, schienen ziemlichen Wert darauf zu legen. Ihre Mutter – eine gewisse Miss Smith: Und Ihr Vater – nun, diese Dinge passieren eben.«
    Rachaela wartete.
    Mister Soames wand sich vor Verlegenheit.
    » Die Simons gehören einem Familienzweig Ihres Vaters an. Er ist ihr Cousin, glaube ich.«
    Rachaela wartete. Ihre Mutter hatte nie von irgendwelchen Cousins gesprochen, hatte ihr einzig die Scarabae-Familie beschrieben, die obskur und künstlerisch, düster ominös, irgendwo außerhalb der Stadt hauste, für jedermann unzugänglich, und von dort aus ihren Einfluss geltend machte. » Er ist nicht bei mir geblieben, weil sie ihn immer und immer wieder beschwatzt haben.«
    Natürlich war er nicht bei ihr geblieben, weil sie mit Rachaela schwanger wurde. Seltsam, dass sie Rachaela diesen Vorwurf nie ins Gesicht gespuckt hatte. Das hätte ihr eigentlich ähnlich gesehen.
    » … Und ich hoffe, dass Sie die Familie besuchen werden, obwohl inzwischen so viel Zeit vergangen ist.«
    Sie hatte überhaupt nicht zugehört.
    » Sie besuchen? Die Simons?«
    » Ja, genau. Ich muss Ihnen sagen, Miss Day, es handelt sich um eine sehr wohlhabende Familie.«
    » Und der Name ist Simon?«
    » Ja, Miss Day.«
    » Dann verstehe ich nicht, was sie mit mir zu tun haben sollen.«
    » Vielleicht sollten Sie sie einfach aufsuchen. Dann werden Sie es auch herausfinden. Wie ich schon sagte, sind sie ebenfalls bereit, Ihre Reisekosten zu übernehmen.«
    Sie hatte nicht aufgepasst, also wusste sie auch nicht, wohin sie eigentlich reisen sollte.
    » Ich finde das alles äußerst eigenartig. Es kommt mir verdächtig vor.«
    Mister Soames läutete nach einer Akte.
    » Ich werde Ihnen die Korrespondenz zeigen, Miss Day.«
    Sie wollte sie nicht sehen. Sie verspürte keine Neugier. Sie fühlte sich bedroht.
    Ihr Name war nicht Simon, und Gott allein wusste, wo sie lebten oder warum sie sie finden wollten, dieser Zufall, dass dieses Anwaltsbüro so nahe lag, all das ergab wirklich keinen Sinn. Es sei denn, sie hatten tatsächlich schon vorher versucht, sie ausfindig zu machen, und dann die Angelegenheit Lane und Soames übergeben, um dem Ganzen den Anschein von Aufrichtigkeit und Seriosität zu verleihen. Es war ein Leichtes, sie zu schnappen, da sie sich genau nebenan befand … perfekt für sie. Und dieser andere Kerl war auch von ihnen geschickt worden.
    Die Akte kam in den kirschroten Klauen der strahlenden Sekretärin. Sie tänzelte herein und wieder hinaus, als wäre sie beschwipst.
    » Der Name dieser Leute«, wiederholte Rachaela, » lautet er eigentlich Scarabae?«
    Soames zuckte nicht zusammen, er reagierte überhaupt nicht. Er blieb ungerührt, ein wenig gereizt.
    » Der Name, den ich habe, ist Simon, Miss Day.«
    Er
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