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Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Autoren: Alfred Leman
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menschliche Seite dieser verdammten Affäre ins Feld führen?« fragte er Judy ruhig und ernsthaft, während er den Text eines Displays studierte, das umgesprungen war.
      »Ja.«
      »Mit welchem Nutzen?« sagte Jermakow, noch immer den Text lesend.
    »Ist es nicht abwegig…« Er blieb stecken und rief, wie auf ein anderes der Gleise springend, auf denen er gleichzeitig lief: »Ernest! Die Dreihundertvierzehn gefällt mir nicht. Zerfallsrate: eine halbe Million. Dein Ressort. Geh nachsehen. Sofort!… Ist es nicht abwegig, diese… Schwarzen als Menschen zu sehen?« Die Finger des Leutnants flogen über ein Manual. Die scharlachfarbenen Warner verkürzten den Rhythmus auf Sekundenintervall.
      Orlows Stimme füllte die Pause: »Du kannst die Schwarzen nicht einfach abstellen… Wie uns… Die nicht!«
      »Aber nein doch!« sagte Judy, vor Eifer ein wenig atemlos. »Nicht die menschliche Seite der Boolies. Die menschliche Seite von uns! Was wir tun müssen. Wir!«
      »Und das wäre?« fragte Jermakow, ohne den Blick vom BECKMESSER zu wenden.
      In diesem Augenblick schien sich am Ende des Korridors ein Wirbel zu bilden, und plötzlich war Ana da. »Hier seid ihr? Ich könnte verrückt werden! Ihr wißt gar nicht, was los ist, nicht wahr? Warum hat denn der Blicher nichts an? Du hältst die hier fest? Laß sie raus, Andrej, du bist unmöglich, und ich könnte verrückt werden. Eine Menge Boolies sind draußen. Man kann sie durch die Luken sehen. Man kann sie wieder sehen! Wißt ihr, was das heißt?«
      Orlow redete noch immer. Wellen zu vieler übereinander- und ins Leere stürzender Wörter.
      »Könnt ihr denn nicht mal die Schnauzen halten«, hörte man Tschuk seltsam sanftmütig sagen.
      Giron lauschte verblüfft auf den für diesen Mann so leisen und sonderbaren Ton, sah, sich umwendend, äußerste Anspannung in Tschuks Gesicht, als müsse der eine einzelne Stimme aus diesem Durcheinander herausfiltern.
      Ana zwängte sich zwischen den Leuten durch. »Wir müssen was tun! Schnell, Andrej. Sag, was wir tun sollen!«
      »Sag das noch mal, Boris«, flüsterte Tschuk inständig.
      Die letzte Spur des Augenblicks heiterer Sicherheit war von Jermakow gewichen und ließ ihn hart und grau zurück, grau vor Erschöpfung und Konzentration. Er stand jetzt zwischen der Maschine und den Leuten, die sich in die Messe gedrängt hatten, ein Streifen Leere trennte ihn von der Gruppe. Er sagte: »Nichts!«
      Niemand sah, daß sich seine Lippen bewegt hätten. Ein Summer begann zu quäken. »O nein! Sei vernünftig, Andrej«, sagte Tschuk.
      Girons Kopf flog zu Tschuk herum, ob wirklich der es war, der gesprochen hatte.
      »Mensch, Andrej, sei vernünftig und hör auf Boris.«
      »Meine Güte«, fispelte Blicher zwischen das Quäken des Summers, »soll denn das alles von vorn anfangen?«
      »Hör auf Boris!« sagte Tschuk beschwörend. »Ernest Tschuk«, zischte Jermakow eisig, »du bist noch hier? Die Dreihundertvierzehn ist der Natriumkühler, wenn ich erinnern darf. Die Zerfallsrate steht auf der Million. Ich sagte…« Das Gesicht des Leutnants verzerrte sich.
      Giron begann zu frieren. Er suchte nach Ana, aber sie war nicht da.
      Jermakow schrie plötzlich mit überschnappender Stimme: »Soll er hochgehen? Willst du warten bis dahin? Laufen Sie, Ernest Tschuk! Kümmern Sie sich um das, was Sie angeht! Oder muß ich das auch noch machen?« Mit einer Hand tastete er nach rückwärts, bis er die Lehne eines der Stühle zu fassen bekam, und stützte sich auf den Halt. Hinter ihm wurden Farbtupfer sichtbar, die Matrjoschkas auf dem Sims in lockerer Formation, als hätten sie miteinander zu reden. Die roten Signale der Warner zuckten über sie hin, der Summer quäkte. Eine zähflüssige Weile blieb dies das einzige Geräusch.
      »Nichts!« sagte der Leutnant heiser. »Daß ihr noch immer glaubt, ich hätte die Wahl.« Die Gräben zwischen den Winkeln der Nase und des Mundes verloren an Härte, er nahm die Brille ab, und das entblößte Gesicht nahm etwas Hilfloses, Flehendes an. »Ich verstehe das alles. Ja doch! Ich verstehe euch ganz genau.« Er schloß die Augen, fuhr an ihren Lidern entlang. »Es gibt sie nicht, diese Wahl«, sagte er, »ich habe sie nicht. Ich nicht… Ihr solltet mich jetzt ein bißchen allein lassen«, die Hand flatterte auf die Front des BECKMESSERs zu, »ich muß eine Weile auf den da aufpassen.«

    34.

    Giron wußte nicht, auf welche Weise er der
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