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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn
Autoren: Klaus Wanninger
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Mörder der vor fast einer Woche getöteten Christina Bangler zu finden? Erste Politiker-Äußerungen in gewohnter populistischer Deftigkeit wurden gemeldet, die ein schärferes Durchgreifen der Polizei verlangten. Braig stöhnte laut auf, als er die Berichte zu Gesicht bekam.
    Die größte Enttäuschung des Wochenendes hatte Raffaela Kurz zu verarbeiten. Wieder war es nicht gelungen, einen der wichtigsten Drahtzieher des Drogenvertriebs zur Verantwortung zu ziehen. Meinl wollte lieber ins Gefängnis gehen, als den Namen seines Großlieferanten preiszugeben.
    »Eigentlich dürfte es mich überhaupt nicht berühren. Schließlich bin ich es ja gewohnt: Die Kleinen werden gefangen und der Große schaut grinsend zu.« Sie versuchte krampfhaft ebenfalls zu grinsen, konnte ihre Resignation dennoch nicht verbergen. »Trotzdem widert es mich an, dass das Schwein wieder davonkommt.«

36. Kapitel
    Es war spät geworden an diesem Sonntagabend. Jessica Nägele hatte sich mit Freunden im Restaurant Altes Rathaus in der Waiblinger Altstadt getroffen. Die Runde war außergewöhnlich gut gelaunt gewesen; sie hatten die überraschende Beförderung eines ihrer Bekannten gefeiert, ausgiebig gegessen, viel erzählt und getrunken, waren erst kurz vor Mitternacht auseinander gegangen. In der Langen Straße hatten sie sich endgültig getrennt; Jessica Nägele musste zur Karlstraße hoch, wo sie ihren Escort geparkt hatte.
    »Die paar Meter wird i net allein schaffe?«, hatte sie die Bereitschaft, sie bis zum Auto zu begleiten, abgelehnt, »i werds überlebe!«
    Lachend waren sie auseinander gegangen.
    Sie lief die Schmidener Straße hoch, sah den kräftigen Mann, der von der Weingärtner Vorstadt herkam, erst im letzten Moment. Alles ging so schnell, dass sie nicht mehr reagieren konnte. Nur ein schriller, durch Mark und Bein gehender Entsetzensschrei entrang sich noch ihrer Kehle.

37. Kapitel
    Braig wurde am frühen Montagmorgen vom Läuten des Telefons geweckt. Mitten aus einem Traum gerissen, öffnete er seine Augen, blickte schlaftrunken um sich. Zehn vor sieben. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er ohne Störung durchgeschlafen.
    Er richtete sich schwerfällig auf, griff nach dem Hörer. Schon als er die Stimme im Ohr hatte, wusste er, dass es sich um keine gute Nachricht handelte. Nicht, wenn der Kollege so früh anklingelte.
    »Weisshaar hier, guten Morgen. Tut mir Leid, dass ich dich wecken muss.«
    Braig nuschelte einen schwer verständlichen Gruß in die Muschel, richtete sich langsam auf.
    »Wir haben einen Anruf der Kollegen aus Waiblingen. Ein Überfall. Heute Nacht.«
    »Mein Gott, doch nicht schon wieder …« Braig spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. Waiblingen. Heute Nacht. Er wusste, was das bedeutete: der dritte Mord.
    »Ich dachte …«, Weisshaar stockte.
    »Ja ja, ist gut. Wer ist es? Schon wieder …«
    »Eine Frau, ja. Tut mir Leid. Die Unterlagen findest du in deinem Büro. Ich habe alles durchgefaxt.«
    »Wo ist es passiert? Kann ich direkt zum Fundort der Leiche?«
    »Die Waiblinger Kollegen haben sich selbst darum gekümmert. Du sollst sie anrufen, so schnell wie möglich.«
    »Ist gut. Ich beeile mich.«
    Braig legte den Hörer zurück, spurtete unter die Dusche. Er erfrischte sich kurz. Der dritte Mord, überlegte er, mein Gott, wieso haben wir das nicht verhindern können? Warum haben wir das Teufelszeug nicht vorher noch erwischt?
    Er suchte seine Kleider zusammen, zog sich an. Welches Getöse wird das jetzt wieder im Blätterwald und Fernsehen geben. Sie werden Amok laufen, überlegte er, die Schmierer vom großen Dreckblatt und die scheinheiligen Voyeure der privaten Sender, sie werden sich gegenseitig niederschreien mit ihrer Sensationsmeldung aus dem schwäbischen Drogensumpf. Genau wie im letzten Herbst, als ein 17-jähriger Schüler Kameraden und Lehrer in Waiblingen-Neustadt als Geiseln genommen und einige Stunden terrorisiert hatte. Was haben sie gegeifert und gekotzt vor Begeisterung und die Sache aufgebauscht, das Pack und den Pöbel aufgehetzt, anstatt über die Probleme zu informieren, die einen Menschen zu einer solchen Wahnsinnstat veranlassen.
    Braig verzichtete auf den Kaffee, steckte den Rest seines Brotes in eine Stofftasche, verließ die Wohnung. Draußen regnete es leicht; er eilte ohne Schirm zur S-Bahn, spurtete vom Cannstatter Bahnhof ins Amt.
    Die Fax-Ablage war bis oben gefüllt. Er nahm die Blätter in die Hand, sah, dass es sich um einen in Kurzform gehaltenen Bericht
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