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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn
Autoren: Klaus Wanninger
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dabei, ihr Büro zu verlassen, als er heftig atmend bei ihr anlangte. Er grüßte, sah die beiden Zeitungen, die sie in der Hand trug, verzog sein Gesicht.
    »Babyface sei Dank«, erklärte sie, die Titelseiten betrachtend, »unsere Telefone laufen heiß. Redaktionen aus ganz Europa suchen den großen Aufmacher.«
    »Wir brauchen die Namen«, sagte Braig, »alle, an die Meinl das Zeug verteilt hat.«
    »Und den, von dem er es erhält. Ich will ihn heute noch.«
    Georg Meinl wirkte nicht ganz so frisch wie in der Nacht, hatte aber keinen Deut seiner Höflichkeit und seines charmanten Auftretens verloren. »Grüß Gott, die Dame und der Herr«, grüßte er freundlich, als sie den Raum betraten, ließ es sich nicht nehmen, beide nacheinander per Handschlag willkommen zu heißen.
    Braig verspürte keine große Lust, sich auf die Zeremonie einzulassen, spielte dennoch mit, weil er die Stimmung nicht von Anfang an belasten wollte, erlaubte dem Beamten, der Meinl gebracht hatte, zu gehen. »Ich denke, wir werden friedlich miteinander auskommen«, sagte er. Seine Kollegin nickte zustimmend.
    Das Gespräch wurde dennoch mühsamer, als er gehofft hatte. Georg Meinl war nicht der freundliche, jederzeit gut gelaunte und lebenslustige Sonnyboy, als der er sich so überzeugend präsentiert hatte. Der Mann stand gewaltig unter Druck, das wurde im Verlauf der Vernehmung immer deutlicher. Er hatte offensichtlich begriffen, welche Verfahren ihm drohten, weil durch ihn vertriebene Drogen zur Ermordung zweier junger Frauen geführt hatten. Eine andere, für ihn neue Dimension. Ein Tatbestand, der ihn viele, wahrscheinlich die entscheidenden Jahre seines Lebens kosten konnte.
    Dies war es aber nicht allein, was ihn drückte. Braig und Kurz begriffen sehr rasch, dass eine andere Bedrohung wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf hing. Eine Bedrohung, die für Meinl tödlicher war als jede noch so lange Gefängnisstrafe.
    »Er hat Angst«, erklärte Raffaela Kurz, als sie zehn Minuten nach zwölf, fast drei Stunden nach Beginn des Verhörs, nach draußen gegangen waren, um sich eine Pause zu gönnen. Sie hatte einen Beamten herbeibeordert und ihn beauftragt, Meinl auf dessen Wunsch zur Toilette zu begleiten.
    »Angst davor, auszupacken«, stimmte Braig ihr zu.
    Sie liefen in Kurz Büro, warteten, bis die Kaffeemaschine zwei Tassen zubereitet hatte. Kurz schenkte dem Kollegen ein dickbauchiges Gefäß voll, bediente sich selbst, zog dann zwei Früchteriegel aus ihrer Schreibtischschublade. »Hier«, bot sie Braig an, »die wichtigsten Energiespender meines Sportlerlebens.«
    Er nahm den Riegel, bedankte sich.
    »Der Doktor«, sagte Kurz, nachdem sie von ihrem Kaffee getrunken hatte, »er macht ihm Angst.«
    »Wie viele Männer laufen unter dessen Kommando?«
    »Das wissen wir nicht.« Kurz schüttelte den Kopf. »Auf jeden Fall versteht er es, Leute einzuschüchtern. Und er scheint keine Skrupel zu haben. Überhaupt keine.«
    Zehn Minuten später setzten sie die Vernehmung fort.
    »Machen mir koanen Mittag?«, fragte Meinl.
    »Wenn Sie bestimmte Namen unterschreiben, sofort.«
    »No müssn mir halt drauf verzichtn.«
    Der wolkenbruchartige Regen, der draußen niederging und von kräftigen Windböen mit heftigen Schlägen an die Fenster geworfen wurde, schien gut zu der verstockten Haltung des Mannes zu passen. Braig starrte nach draußen, sah die schwarzen Wolken, die sich über den benachbarten Weinbergen auftürmten. Waren sie ein Omen für die Hoffnungslosigkeit ihrer Bemühungen?
    Welcher Impuls es letztendlich war, der den Mann gegen 15 Uhr dann doch einlenken ließ, konnte keiner der beiden Kommissare später eindeutig definieren. Fast aus heiterem Himmel unterbrach er eine Frage Braigs, deutete auf die Papiere, die Kurz schon am Morgen in die Mitte des Tisches platziert hatte, verlangte einen Stift zum Schreiben. »Also gut, gebns des Papierl her, bevor i mirs anderscht überleg. I unterzeichn.«
    Braig glaubte, nicht richtig gehört zu haben, nahm verwundert wahr, wie seine Kollegin impulsiv vom Stuhl hoch federte und dem Mann die Blätter samt Stift direkt in die Hände drückte.
    Meinl konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Jetzt sans froh, net wahr.«
    Braig sah, wie er den von Kurz vorbereiteten und mit Computer ausgedruckten Text überflog, dann sorgsam in Druckbuchstaben die Namen und Anschriften mehrerer Kleindealer einfügte, die von ihm in den letzten Wochen mit der neuesten Ecstasy-Lieferung versorgt worden waren,
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