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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn
Autoren: Klaus Wanninger
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und anschließend seine Unterschrift darunter setzte. »Aber nur, weil das Zeug angeblich so gfährlich ist, wie Sie behauptn.«
    Die Liste umfasste 22 Frauen und Männer, alle zwischen Tübingen, Herrenberg, Leonberg, Vaihingen, Lauffen, Crailsheim und Göppingen zu Hause. Das war der Moment, auf den sie gewartet hatten. Der große Schritt, der sie in ihren Ermittlungen endlich weiterbrachte.
    Kurz deutete auf ein weiteres Blatt, das sie ihm vorgelegt hatte. »Hier, bitte«, sagte sie. Braig sah, dass es sich um die Herkunft der Drogen handelte.
    Meinl sah zu ihr auf, schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Frau Hauptkommissarin, aber mein Todesurteil unterschreib i net. Lieber gang i ins Gfängnis, wanns sein muss fürs ganze Leben.«
    »Bitte«, sagte Kurz. Sie blieb stehen, deutete auf das Blatt. »Wir wissen beide, um wen es geht.«
    »Nein!« Meinl bewegte sich keinen Millimeter. »Mein Leben ist mir wichtiger. Ich bitte um Verzeihung.«

35. Kapitel
    Der Rest des Wochenendes war verflogen wie ein einziger kurzer Augenblick. Selten hatte Braig deutlicher erlebt, wie die Zeit dahinglitt, das Leben vorwärts schritt, ohne den Hauch einer Chance zu lassen, es festzuhalten, den Augenblick auszudehnen. Der Samstag und der Sonntag – Braig wusste nicht, wo sie geblieben waren.
    Unmittelbar nach dem Ende des Verhörs hatte er Beck, Felsentretter und Wintterlin verständigt und sie um ihre Mitarbeit gebeten, dazu die Einsatzbereitschaft des LKA über ihre Aufgabe informiert. Während Kurz zur Staatsanwaltschaft ging, hatten sie die 22 Namen der Dealer-Liste in vier etwa gleich große Partien aufgeteilt und verabredet, die Leute aufzusuchen und den Verbleib der gefährlichen Aufputschmittel zu eruieren, zudem auch strafrechtliche Maßnahmen gegen die Kleindealer einzuleiten. Braig hatte Neundorf verständigt und ihr das Neueste mitgeteilt. Sie hatte sich am Vortag überanstrengt, wie sie auf sein Insistieren hin zugab, war außerstande, sich an weiteren Ermittlungen zu beteiligen.
    Braig war im Stuttgarter Hauptbahnhof in der Nordsee eingekehrt, hatte sich dort ein warmes Essen gegönnt, dann im Anschluss Ann-Katrin im Diakonissenkrankenhaus besucht.
    Zwei der Dealer auf seiner Liste wohnten in Stuttgart; er hatte beide noch am selben Abend aufgesucht, jedoch nur einen, Matthias Glauner im Stadtteil Hoffeld, tatsächlich angetroffen. Weil sich der Mann geweigert hatte, Auskunft über die von ihm verteilten Aufputschmittel und seinen Aufenthalt am Montagabend zu geben, war Braig nichts anderes übriggeblieben, als ihn von einer Einsatzgruppe abholen und zur weiteren Vernehmung ins Amt bringen zu lassen. Kurz vor 20 Uhr an diesem Samstagabend hatte er die Liste mit insgesamt 19 Namen, die Glauner mit Ecstasy beliefert hatte, schließlich vor sich liegen.
    Wer, um alles in der Welt, hatte er überlegt, sollte all diese Menschen aufsuchen und warnen?
    Dennoch gab er Namen und Adressen an die Einsatzbereitschaft weiter. Bis 21 Uhr, als er sich müde auf den Weg nach Hause gemacht hatte, waren sechs dieser Leute überprüft worden. Fünf hatten für den Montag ein einwandfreies Alibi vorweisen können, der Aufenthaltsort des Sechsten musste noch genauer überprüft werden. Braig hatte sich den Namen und die Anschrift des Mannes notiert.
    Der Sonntag war ähnlich mühsam verlaufen. Insgesamt, so hatten sie am Abend überschlagen, waren mehr als 200 Personen angesprochen und überprüft worden. Bis auf 34 hatten alle für den Montagabend ein akzeptables Alibi aufzuweisen, was jedoch im Verlauf der nächsten Tage genauer überprüft werden musste. Was die Untersuchung erschwerte, war die Tatsache, dass man 62 der Gesuchten bisher noch nicht hatte erreichen können, sei es, weil sie zu Hause nicht anzutreffen waren oder weil ihr derzeitiger Aufenthaltsort, ihr Wohnsitz oder gar ihre genaue Identität noch nicht hatten festgestellt werden können. Braig wollte nicht daran denken, welcher Berg an Arbeit im Verlauf der neuen Woche noch auf sie wartete.
    Hinzu kam der immer stärkere Druck der Öffentlichkeit. Die Veröffentlichungen der Medien hatten Ängste und Instinkte in der Bevölkerung mobilisiert, Verunsicherung machte sich breit, Rufe nach Gegenmaßnahmen wurden laut. Natürlich beschäftigten sich auch die Titel der Sonntagszeitungen vor allem mit einem Thema: Wie viele Menschen mussten noch sterben? Wann würde die Polizei endlich den Vertrieb dieser Teufelspillen unterbinden? Und wann würde es endlich gelingen, den
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