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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf
Autoren: Klaus Wanninger
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hierhergebracht und unter dem Strauch abgelegt haben«, überlegte sie, »ohne sie auch nur einen Meter über den Boden schleifen zu müssen.«
    »Auf dem Rücken?«
    »Oder in einer Verpackung. Plastikplane, was weiß ich.«
    Rauleder warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Die Treppen runter? Oder von unten hoch?«
    Sie wies auf den schmalen Weg, der seitlich auf den kleinen Platz mündete. »Oder von da.«
    Der Spurensicherer legte seine Stirn in Falten. »Auch dazu musste er erst eine Treppe runter. Und weshalb versteckte er sie dann nicht gleich dort drüben im Gebüsch?«
    Neundorf verstand die Einwände des Kollegen. Auch der schmale Weg war von der Stafflenbergstraße aus nur über eine, wenn auch relativ kurze Treppe zu erreichen. Und genau dort, wo deren Stufen ausliefen, erstreckten sich Büsche und Bäume den gesamten Hang hinab. Weshalb also sollten der oder die Täter sich die Mühe gemacht haben, die Leiche des Mädchens hierherzutransportieren, noch dazu mit dem Risiko, unterwegs fremden Personen zu begegnen? Nein, der in jedem Fall recht komplizierte Zugang zum Fundort der Leiche sprach eher dafür, dass das Verbrechen hier in der Nähe geschehen war. Jedenfalls nach dem vorläufigen Erkenntnisstand.
    »Du musst uns Zeit geben«, unterbrach Rauleder ihre Gedanken und zeigte auf die Plastikplane, »vielleicht ist es tatsächlich ihr Blut.«
    Sie wusste, dass er recht hatte, wollte die Männer nicht länger von ihrer Arbeit abhalten. »Wer hat sie gefunden?«, erkundigte sie sich deshalb.
    Rauleder deutete nach unten. »Touristen, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie warten bei den Kollegen.«
    Neundorf bedankte sich für die Auskunft, verabschiedete sich von Dr. Keil, erhielt seine Zusicherung, sich baldmöglichst um die Obduktion der Leiche zu bemühen. Sie warf einen letzten Blick auf das tote Mädchen, folgte der steilen Treppe nach unten. Das schmale bleiche Gesicht mit den fein geschwungenen, rot nachgezogenen Lippen blieb in ihr haften. Ein junges Wesen, sicher noch kaum mit den Tragödien des Erwachsenendaseins vertraut. Wer hatte ihr das angetan?
    Sie drohte auszurutschen, hielt inne. Dünne Grashalme lagen mitten auf der Stufe. Sie kickte sie zur Seite, lief weiter. Die Sünderstaffel reichte bis zum Fuß der steilen Klinge, mündete in die von mehrstöckigen Häusern gesäumte, kaum hundert Meter lange Pfizerstraße. Neundorf sah die Menschenmenge, die sich dort hinter dem rot-weißen Absperrband versammelt hatte und unruhig nach oben starrte, merkte, dass die uniformierten Kollegen alle Hände voll zu tun hatten, niemand in den Bereich der Treppe durchkommen zu lassen.
    Sie folgte den Stufen vollends nach unten, trat auf den Beamten zu, der ihr am nächsten stand, wies sich aus. »Neundorf vom LKA. Ich suche die Personen, die die Leiche gefunden haben.«
    »Isch wirklich oiner ermordet worde?«, schrie ein Mann dazwischen, »heut am helllichte Dag?«
    Der Polizeibeamte ließ sich nicht beirren, wies auf eine Gruppe von Frauen und Männern, die innerhalb des abgesperrten Bereiches standen und erwartungsvoll zu ihnen hersahen. »Sie warten schon ganz ungeduldig.«
    Neundorf nickte, lief auf die Leute zu.
    »Sind Sie endlich die Kommissarin?«, rief eine ältere Frau.
    Sie nickte, stellte sich vor, versuchte, freundlich zu bleiben.
    »Wir stehen schon bald eine Stunde hier«, fuhr die Frau fort.
    »Das tut mir leid. Sie haben das Mädchen gefunden?«
    Drei Leute, zwei Männer, eine Frau, setzten gleichzeitig zu einer Antwort an. Sie bremste den Redeschwall ab, wartete, bis sich die Gruppe auf eine jüngere Frau, die sich als Monika Auberlen vorstellte, einigte, ließ sich die Umstände, die zum Auffinden der Leiche führten, genau erklären.
    »Und Sie haben die Lage des Körpers nicht verändert?«, vergewisserte sie sich.
    »Um Gottes willen, Frau Kommissarin«, antwortete Monika Auberlen, »was glauben Sie, wie ich mich fühlte, als ich merkte, was mit dem Mädchen los war? Ich dachte, mein Herz bleibt stehen.«
    »Aber Sie haben sie doch im Gesicht berührt.«
    »Weil ich im ersten Moment glaubte, sie schläft. Wer denkt denn ohne jede Vorwarnung an so etwas? Aber als ich dann ihre Haut spürte und die Kälte fühlte … Ich zog meine Hand sofort zurück. Nein, um Gottes Willen, ich habe die Lage ihres Körpers nicht verändert. Niemand von uns. Jedenfalls, soweit ich alles mitbekommen habe.« Die Frau drehte sich zur Seite, sah sich fragend um. Überall nur zustimmendes
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