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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf
Autoren: Klaus Wanninger
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verstummte mitten im Satz, begriff wie Neundorf, wie sehr diese Tatsache die Angelegenheit noch zusätzlich belastete. Das einzige Kind ermordet, wie würden die Eltern diese Botschaft aufnehmen?
    »Haben Sie die Familie informiert?«, fragte sie.
    Gänsslen schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete er, »ich war mir nicht sicher, ob das in Ihrem Interesse ist. Nicht, dass ich Ihre Ermittlungen störe, ich meine, sie ist wohl keines natürlichen Todes gestorben, oder? Ich dachte, das ist Sache der Polizei.«
    »Das ist richtig, ja. Es ist besser, wenn wir das übernehmen. Obwohl das nicht gerade der angenehmste Teil unseres Berufes ist.«
    »Das kann ich verstehen. Sie haben niemanden, der Sie dabei begleitet?«
    »Nein«, antwortete Neundorf, »das muss ich selbst tun. Mir bleibt nichts anderes übrig.«

5. Kapitel
    Ein neuer Regenschauer ging auf Stuttgart nieder, als sie vor dem Anwesen der Heimpolds stand. Sie hatte ihren Schirm vergessen, wurde innerhalb weniger Augenblicke klatschnass. Ohne lange zu überlegen, drückte sie auf die Klingel neben dem breiten schmiedeeisernen Tor, die neben dem eingravierten Namen der Besitzer aus dem Messingschild ragte. Die Reaktion ließ auf sich warten. Neundorf hatte das hoch aufragende, einem kleinen Schloss ähnliche Gebäude ausführlich begutachtet und sich zum wiederholten Mal die Nässe von der Stirn gewischt, als eine weibliche Stimme aus dem Lautsprecher nach dem Grund ihres Besuches fragte.
    »Neundorf vom Landeskriminalamt«, stellte sie sich vor. »Sie sind Frau Heimpold? Ich muss mit Ihnen reden.«
    Ihre Gesprächspartnerin schien überrascht, brachte erst nach längerem Zögern eine Antwort zustande. »Polizei?«
    »Ja. Es ist dringend.«
    »Aber wieso denn? Was haben wir mit der Polizei zu tun?«
    Der Regen wurde von Windböen kräftig durcheinandergewirbelt, nässte Neundorf von allen Seiten ein. Sie spürte das Wasser den Hals und den Rücken hinunterrinnen, merkte, wie sich ihre Hose mit Feuchtigkeit vollsaugte. Ihre Ungeduld steigerte sich langsam zur Wut. »Könnten Sie jetzt bitte endlich die Tür öffnen?«
    Es dauerte weitere unerträgliche Sekunden, bis der Summer ertönte. Sie schlüpfte durch das Tor, das automatisch zur Seite rollte und den Zugang zu einer mit quadratischen Granitplatten ausgelegten Treppe freigab. Neundorf nahm mehrere Stufen auf einmal. Der Eingang des mehrstöckigen Hauses wurde auf jeder Seite von mehreren runden Säulen und zwei aus Sandstein geformten Statuen, die griechischen Göttinnen nachgebildet waren, gesäumt. Vor dem Gebäude erstreckte sich ein großzügiger, von der Straße her nicht einzusehender Swimmingpool, direkt daran anschließend ein weitläufiger Garten, eingefasst mit mediterraner Vegetation in großen Terracotta-Gefäßen. Der Reichtum der Familie war nicht zu übersehen.
    Die Kommissarin erreichte das schmale Vordach, suchte Schutz vor dem Regen. Sie wischte sich die Nässe aus den Haaren, sah die Frau vor sich auf die Schwelle treten. »Frau Heimpold?«, fragte sie, zog ihren Ausweis, hielt ihn sichtbar in die Höhe.
    Die Frau nickte zögernd, betrachtete sie aus verschlafenen Augen. Sie schien im gleichen Alter wie ihre Besucherin, Anfang vierzig, war dem toten Mädchen wie aus dem Gesicht geschnitten. Blonde Haare, schmale bleiche Wangen, die kleine Stupsnase, haargenau das gleiche Profil. »Catherine Heimpold. Und Sie sind wirklich von der Polizei?«
    »Neundorf vom LKA. Darf ich reinkommen?«
    Catherine Heimpold schien jetzt erst wahrzunehmen, welches Wetter draußen herrschte, betrachtete die über und über nasse Frau vor der Tür, wies dann ins Innere. »Oh, es tut mir leid, ich hatte keine Ahnung, dass es regnet.« Sie ließ Neundorf eintreten, huschte in ein kleines Bad neben der Diele, reichte der Besucherin ein großes weißes Handtuch. »Hier, für das Gröbste.«
    Die Kommissarin bedankte sich, nahm das Tuch, fuhr sich über das Gesicht und die Haare. Sie schaute auf den Boden, bemerkte den dicken Teppich. »Vielleicht ist es besser, wenn ich meine Schuhe ausziehe«, schlug sie vor, »oder wir bleiben hier stehen.«
    Die Frau schüttelte den Kopf, verschwand stattdessen erneut in dem kleinen Bad, kehrte mit zwei großen Filz-Latschen, die für einen Riesen geeignet zu sein schienen, zurück. »Hier, stülpen Sie die über Ihre Schuhe.«
    Neundorf folgte dem Vorschlag, betrat dann ein großes geräumiges Zimmer. Mehrere schwarze Zweisitzer, ein schmaler, lang gezogener Tisch, eine niedrige
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