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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Autoren: Jens Schumacher
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annähernd dasselbe Geld eine kleine Expedition ausstatten und das Material persönlich hinunterbringen konnte. Und da sein fachlicher Ehrgeiz durch die mysteriösen Andeutungen seines Freundes natürlich längst geweckt war, zögerte der Professor nicht lange.
    Die erforderlichen Mittel waren rasch aus Fördertöpfen der Universität losgeeist. In Eileen Cavanaugh und Dr. Lamont fand Albrecht zwei gute Bekannte von Donald Wilkins, die beide über Expeditionserfahrung verfügten und sich sofort bereit erklärten, ihn zu begleiten.
    Ein paar Tage vor dem geplanten Abflug hatte Professor Albrecht das Video schließlich an Henry weitergeleitet, da er davon ausging, dass dieser sich über ein Lebenszeichen seines Vaters freuen würde. Als er aus dessen Antwortmail erfuhr, dass in Collingwood gerade die Osterferien begonnen hatten, kam ihm eine Idee. Er bot Henry an, ihn und die anderen bei ihrer Materiallieferung zum Südpol zu begleiten und Donald Wilkins -der sich Henry und den Professor ja selbst an seine Seite gewünscht hatte – gehörig zu überraschen.
    Henry hatte bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht vorgehabt, das Internat in den Ferien zu verlassen. Wenn sein Vater auf Reisen war, stand ihr Haus in Markham, einem Vorort von Toronto, leer, und die Aussicht, fast drei Wochen lang allein dort herumzuhocken, war nicht sonderlich verlockend. Aus diesem Grund hatte Henry seinem Informatiklehrer Mr Plisker angeboten, ihm über Ostern bei der Einrichtung des neuen Computernetzwerks der Schule zu helfen.
    Das spontane Angebot des Professors brachte seine Pläne gehörig durcheinander. Als er sich jedoch die Videobotschaft seines Vaters ansah, spürte er, wie seine Abenteuerlust die Oberhand gewann. Wenig später stand Henrys Entschluss fest: Er würde mitkommen.
    Während ihm die Ereignisse der letzten Tage durch den Kopf gingen, wurde Henry plötzlich bewusst, dass Eileen ihn aufmerksam beobachtete. Mit fragendem Blick wandte er sich zu ihr um.
    »Ihr seht euch sehr ähnlich, Donald und du«, stellte sie fest. »Dieselben grünen Augen, dasselbe blonde Haar …«
    »Meins ist wohl momentan etwas länger als Dads.« Henry wies grinsend auf die Haarsträhnen, die über den Kragen seiner dicken Jacke bis fast auf seine Schultern herabhingen.
    »Donald hat mir erzählt, dass du ihn früher auf einige seiner Reisen begleitet hast?«, erkundigte sich Eileen.
    »Ja, als ich jünger war, hat er mich hin und wieder mitgenommen. Ich glaube, beim ersten Mal war ich sieben. Eine Expedition nach Indonesien. Es gibt ein Foto, auf dem ich mit Dads Laptop im Dreck sitze und Solitaire spiele, während er und seine Mitarbeiter ein paar Schritte weiter eine zwanzigtausend Jahre alte Siedlung eines kurz zuvor entdeckten Urmenschenstammes ausbuddeln.« Henry lächelte bei dem Gedanken. »Später war ich mit ihm in Griechenland, Südafrika und Ägypten. Und in Südamerika, wo Dad am Oberlauf des Amazonas nach Überbleibseln irgendeines alten Götterglaubens suchte. Für sein Buch.«
    »›Vergessene Kulte und Riten‹, ich weiß Bescheid.«
    Das Flugzeug kippte in ein Luftloch und schwang sich unter sirenenartigem Geheul wieder empor. Henry und Eileen ignorierten es.
    »Wahrscheinlich hätte er mich noch öfter mitgenommen, aber Mom war dagegen. Ein Wunder, dass er es überhaupt hin und wieder durchboxen konnte.« Henry starrte gedankenverloren durch eines der Bullaugen, hinter dem es nach wie vor wirbelte wie im Sichtfenster einer Waschmaschine. »Das alles ist schon Jahre her. Seit ich in Collingwood zur Schule gehe, war ich nicht mehr mit Dad unterwegs.«
    Eileen nickte. »Du bringst also etwas Vorbildung mit, was Expeditionen in unerschlossene Gegenden angeht. Das ist gut.« Sie griff über den Gepäckhaufen in ihrem Rücken und angelte sich eine braune Packpapiertüte, aus der sie einen dunklen Schokoladenmuffin zutage förderte. »Die Ausrüstung, die sie uns beim IAC verpasst haben, hat dich also nicht vor größere Rätsel gestellt?«
    Henry zögerte. Wenn er ehrlich sein sollte, waren die braunen Papiertüten mit Reiseproviant für den rund achtstündigen Flug die einzigen Ausrüstungsgegenstände gewesen, mit denen er auf Anhieb zurechtgekommen war. Ansonsten hatte ihn das, was sie im International Antarctic Centre am Flughafen von Christchurch erwartet hatte, eher verwirrt.
    Da war zunächst eine immense Masse an Kleidungsstücken für jeden der vier Expeditionsteilnehmer gewesen. Vieles davon war dick isoliert, hatte
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