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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Autoren: Jens Schumacher
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Moment klopfte es an die Tür. Eine Schwester betrat das Zimmer und brachte dem Patienten sein Mittagessen. Was auf dem Teller zum Vorschein kam, als das Mädchen die runde Plastikhaube lüftete, sah derart unappetitlich aus, dass erst Eileen, dann auch Henrys Vater und Dr. Lamont in gelöstes Gelächter ausbrachen.
    Das Gespräch wandte sich erfreulicheren Themen zu. Eileens bevorstehender Einzug wurde besprochen und Dr. Lamont erläuterte die weiteren Stufen von Donalds Therapie.
    Henry hörte nur mit halbem Ohr zu. Irgendetwas nagte an ihm, er konnte allerdings nicht genau sagen, was es war. Abwesend stand er auf, um das Fenster zu schließen.
    Der Himmel draußen war von einem grellen, strahlenden Blau. Kurz hatte Henry den Eindruck, er befände sich noch immer im Herzen der Antarktis. Die überstürzte Rückreise und die hektischen Aktivitäten der vergangenen Tage schienen ihm seltsam fern, kaum mehr als ein chaotischer Traum. Was, wenn er blinzelte und sich plötzlich in einer endlosen weißen Eiswüste wiederfände?
    Henry blinzelte. Nichts geschah.
    Acht Stockwerke tiefer tollten Kinder auf einem Klettergerüst des Spielplatzes herum. Leise drang ihr Lachen zu ihm empor. Ein frühlingshaft warmer Windhauch streichelte sein Gesicht.
    Es fühlte sich gut an, wieder daheim zu sein – zurück in der Normalität, wo es so banale Dinge wie spielende Kinder oder ungenießbaren Krankenhausfraß gab. Die kommenden Wochen würde er in vollen Zügen genießen, das nahm er sich fest vor. Er würde die von Dr. Lamont verordneten Zwangsferien dazu nutzen, Zeit mit seinem Vater zu verbringen, mehr als in etlichen Jahren zuvor. Und mit Eileen würde etwas Abwechslung in ihr Haus Einzug halten, das seit dem Tod von Henrys Mutter ohnehin viel zu groß und zu leer war. Als Henry genauer darüber nachdachte, stellte er fest, dass er nichts dagegen hätte, wenn Eileen länger bliebe, als es die Pflege seines Vaters verlangen würde. Die beiden schienen sich ziemlich gut zu verstehen.
    Hinter ihm wurde gelacht. Sein Vater hatte einen unanständigen Scherz auf Lamonts Kosten gemacht. Es ging ihm wirklich schon viel besser.
    Aus irgendeinem Grund war Henry dennoch nicht zum Lachen zumute. Erneut versuchte er zu ergründen, was ihn beunruhigte.
    Plötzlich vernahm er hinter seiner Stirn die Stimme seines Vaters – nicht die des geretteten Donald Wilkins, der hinter ihm im Bett lag und mit einem Haufen verkochter Erbsen kämpfte, sondern das schwache Krächzen des zu Tode geschwächten Donald Wilkins, den sie vor fast drei Wochen in einer Felskammer tief unter der Erde gefunden hatten.
    Meine Sinne registrierten etwas in den unendlichen Weiten des Alls, hauchte diese Stimme. Eine uralte, finstere Präsenz., die sich unendlich langsam auf meinen Aufenthaltsort zubewegte.
    Das stammte aus einer der fiebrigen Traumsequenzen, von denen Dad ihnen berichtet hatte. Warum erinnerte sich Henry ausgerechnet jetzt wieder daran?
    Die Echos, die ich ortete, waren fremdartiger als alles, was ich je gekannt hatte. Ich spürte, was dort durch den luftleeren Raum schwebte, war alt – älter noch als die Kultur meiner Herren.
    Und böse!
    Eine Gänsehaut kroch über Henrys Rücken. Hastig schloss er das Fenster. Das Frösteln blieb.
    Sollte die fremde Präsenz ihren Kurs beibehalten und die Erde erreichen, wäre alles gefährdet, was ich aufgebaut hatte!
    Wovor mochte sich eine so hoch entwickelte Rasse wie die Alten Wesen gefürchtet haben? Was konnte noch fremdartiger gewesen sein als die mysteriösen Erschaffer der Sonde, die Väter der grauen Dienerwesen?
    Henry schluckte und versuchte, die angsteinflößende Vorstellung zu verdrängen. Die Stadt der Alten Wesen war versunken, niemand würde je wieder Spuren ihrer Existenz finden oder gar die schreckliche Substanz, die sie einst hergeschickt hatten. Und alles, was ihre Zivilisation – oder die Erde – möglicherweise einst bedroht hatte, lag hundert Millionen Jahre in der Vergangenheit. Weit genug, um sich keine Sorgen mehr darüber machen zu müssen.
    Zumindest hoffte Henry das.
    Er holte tief Luft und zwang sich zu einem Lächeln. Dann drehte er sich um und ging zurück zu den anderen.
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