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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Autoren: Jens Schumacher
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den sein Vater noch vor rund zwei Wochen geboten hatte, war Eileens Begeisterung durchaus berechtigt.
    Dank der unglaublichen Fähigkeiten des S1, der sie in Rekordzeit durch Whiteout, Sastrugi sowie zwei schwere Schneestürme trug, hatten sie McMurdo innerhalb von nur fünf Tagen erreicht. Mithilfe von Spykers medizinischer Ausrüstung konnte Dr. Lamont auf dem Weg nicht nur die Schulter von Henrys Vater verarzten, sondern auch dessen generellen Gesundheitszustand stabilisieren. Zwar vermochte er nicht zu sagen, ob es mit den Vitamin- und Aufbaupräparaten zusammenhing, die er Donald Wilkins verabreichte, aber dessen unheimliche Verwandlung schritt vorläufig nicht weiter voran.
    Ross Island hatten sie daraufhin an Bord einer LC-130 verlassen und waren ohne Aufenthalt von Neuseeland nach Toronto weitergeflogen. Dort leitete Lamont unverzüglich Dr. Wilkins’ Einweisung in ein Spezialkrankenhaus in die Wege, wobei er selbst sich an dessen Behandlung tatkräftig beteiligte. In den folgenden Tagen unterzog man Henrys Vater mehreren Blutwäschen, und er erhielt starke Bestrahlungen, die die mutagene Substanz in seinen Körperzellen zum Absterben bringen sollten. Die unansehnlichen Entstellungen, zum Glück überwiegend harmlose Gewebewucherungen, konnten mithilfe chirurgischer Eingriffe entfernt werden.
    Außer den Verwachsungen an Händen und Füßen wurden dabei insgesamt sieben handspannenlange Auswüchse an Brust und Bauch entdeckt. Dr. Lamont vermutete, dass sie sich im weiteren Verlauf zu Schwingen sowie drei zusätzlichen knochenlosen Tentakeln entwickelt hätten. Glücklicherweise waren die Pseudogliedmaßen noch nicht weit ausgebildet und konnten ohne größere Komplikationen abgenommen werden.
    Nun lag Donald Wilkins, bandagiert an Kopf, Hals, Armen sowie einigen weiteren Stellen, in einem geschmackvoll eingerichteten Einzelzimmer im achten Stock des Hospitals. Ein eckiges Gestell unter der Bettdecke verhinderte, dass der Stoff auf den zahlreichen Operationswunden auflag. Der kleine Ausschnitt, den man zwischen den Verbänden von seinem Gesicht erkennen konnte, war nach wie vor erschreckend blass. Die graue Färbung war jedoch verschwunden, und seine Haut wirkte schon wieder erheblich glatter, beinahe normal.
    »Wie geht’s dir heute, Dad?« Henry trat an eines der großen Fenster, um etwas von der frühsommerlichen Sonne ins Zimmer zu lassen.
    Die Frage war im Grunde überflüssig. Henry hatte sie während der vergangenen Woche jeden Tag gestellt – jedes Mal, wenn er gekommen war, um am Bett seines Vaters auszuharren und ihm Gesellschaft zu leisten. Donald Wilkins’ Antworten hatten sich innerhalb dieser Zeitspanne von »verdammt unterdurchschnittlich« über »hab mich schon besser gefühlt« hin zu »ganz passabel« und schließlich »Wann starten wir die nächste Expedition, mein Junge?« gewandelt.
    »Kann nicht besser klagen«, erwiderte sein Vater erwartungsgemäß und hob grinsend die bandagierten Hände. »Ich habe übrigens heute Morgen beschlossen, sobald die Verbände runter sind, werde ich eine Karriere als Konzertpianist beginnen.«
    »Guter Plan«, fand Eileen und zog sich einen Stuhl heran. »Pass aber auf, dass dir nicht die Klappe des Konzertflügels auf deine frisch manikürten Künstlerhände knallt. Obwohl …« Sie winkte lachend ab. »Du würdest es ja ohnehin nicht merken.«
    In diesem Moment öffnete sich die Tür und Dr. Lamont trat ein. Obwohl Henry den Mediziner in den vergangenen Wochen regelmäßig in einem weißen Kittel gesehen hatte, konnte er sich an den Anblick immer noch nicht gewöhnen. Der Duncan Lamont, den er kannte, trug dicke Expeditionskleidung, eine Taschenlampe und einen halb zerfetzten Rucksack voller Medikamente.
    »Ihr seid schon da«, stellte Lamont erfreut fest und ließ sein künstliches Gebiss aufblitzen. »Entschuldigt die Verspätung, ich habe noch die aktuellen Werte aus dem Labor geholt.« Er schwenkte einen Stapel Papiere.
    »Dads neueste Untersuchungsergebnisse?«, erkundigte sich Henry.
    »Was steht drin?« Eileen hob erwartungsvoll die Brauen. »Wird Donald wieder ganz gesund?«
    »Wann kann ich wieder Motocross-Rennen fahren, Herr Doktor?«, scherzte Henrys Vater.
    »Die Antworten lauten: ja, ja und vielleicht besser noch nicht diesen Sommer. In dieser Reihenfolge«, erklärte Lamont und trat neben das Krankenbett. »Laut den neuesten Befunden ist der Mutationsprozess in Ihrem Körper zum Stillstand gekommen, Donald. Einen Großteil der
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