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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Autoren: Jens Schumacher
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hinabzusteigen.
    »Wir dürfen die Kälte dennoch nicht unterschätzen.« Dr. Lamont zog sich seinen Schal bis über die Nase. »Der Polarwind kann schon bei verhältnismäßig milden Temperaturen zu Verbrennungen der Haut fuhren, ähnlich wie ein Sonnenbrand. Apropos Sonnenbrand: Die UV-Strahlung ist hier extrem intensiv. Ich habe für uns alle Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor sechzig mitgebracht.«
    »Danke für den Hinweis«, sagte Henry und überprüfte den korrekten Sitz seines eigenen Schals.
    »Da kommt ja auch schon unser Empfangskomitee!«, rief Professor Albrecht, der vor allen anderen ausgestiegen war und bereits am unteren Ende der Treppe stand. Sichtlich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, deutete er auf ein Fahrzeug, das röhrend auf sie zukam. Es war ein kastenförmiger, plumper Bus mit kurzer Motorhaube, angetrieben von zwei breiten Ketten, die jeweils über vier dicke Gummireifen liefen. Das Gefährt war knallorange lackiert, die Aufschrift SnoCat prangte in weißen Buchstaben auf der Motorhaube.
    Ein paar Meter hinter der Ladeluke des Flugzeugs hielt das Kettenfahrzeug an. Ein Mann stieg aus und kam mit ausgreifenden Schritten zu ihnen herüber.
    Als Henry klar wurde, dass es sich nicht um Donald Wilkins handelte, war er für einen kurzen Moment enttäuscht. Seit der Abreise hatte er sich auf das verdutzte Gesicht seines Vaters gefreut, wenn sie sich endlich gegenüberständen. Jetzt erst dämmerte ihm, dass dieser sich schon lange nicht mehr in der Forschungsstation aufhielt. Er musste unmittelbar nach dem Versenden der Videobotschaft erneut zur Ausgrabungsstätte aufgebrochen sein, wo er seither mit seinem Team campierte, die geheimnisvollen Gesteinsformationen untersuchte und auf das bestellte technische Gerät wartete. Das war sicher auch der Grund dafür, dass sie seitdem nichts mehr von ihm gehört hatten.
    »Dr. Golitzin, nehme ich an?« Professor Albrecht marschierte mit ausgestreckter Hand auf den Neuankömmling zu. »Nett, dass Sie uns persönlich in Empfang nehmen.«
    Boris Golitzin war ein Bär von einem Mann, und die dicke Polarkleidung ließ ihn nochmals eindrucksvoller erscheinen. Er musste mindestens eins neunzig groß sein und hatte Schultern wie ein Rugbyspieler. Dennoch sah er nicht unbedingt athletisch aus, seine Figur war eher die eines Mannes, der sein Leben lang körperlich gearbeitet und die verbrauchte Energie mit reicher, schwerer Kost – und möglicherweise etwas Alkohol – ausgeglichen hat. Sein Gesicht, in dem ein borstiger, grau durchwirkter Bart wucherte, machte trotz der flachen Nase einen durchaus sympathischen Eindruck. Irgendetwas an seiner Miene behagte Henry trotzdem nicht.
    Dr. Golitzin wirkte bedrückt, sein Blick verriet Besorgnis.
    »Priwjät! Herzlich Willkommen«, sagte er und schüttelte dem Professor die Hand. Seine Stimme war tief und volltönend, der russische Akzent lediglich am gerollten R zu erahnen. »Es tut mir leid, dass ich Sie mit schlechten Nachrichten empfangen muss, aber ich fürchte, es gibt ein Problem.«
    »Ein Problem?«, wiederholte Eileen und trat, gefolgt von Dr. Lamont und Henry, an den Russen heran. »Was für ein Problem?«
    »Ist etwas mit meinem Vater?« Henry spürte, wie sich in seiner Kehle ein eisiger Kloß bildete.
    Golitzins kleine blassblaue Augen fixierten Henry. »Nach unserem aktuellen Informationsstand müssen wir davon ausgehen, dass Dr. Wilkins und sein Team im Eis verschollen sind.«

2
     
    McMURDO, 04. APRIL 2013
     
    Schnee knirschte unter den Ketten des SnoCat, als sie nach McMurdo hineinfuhren. Eigentlich hatte sich Henry darauf gefreut, die größte Forschungsstation der Antarktis mit eigenen Augen zu sehen. Die nervöse Unruhe, die Dr. Golitzins Worte in ihm ausgelöst hatten, sorgte nun jedoch dafür, dass er dem Blick durch die vereiste Scheibe kaum etwas abgewinnen konnte. Hinzu kam, dass McMurdo bei Weitem nicht die futuristische Anlage voller ultramoderner Kuppelbauten und Sendemasten war, als die er sie sich vorgestellt hatte.
    Zwischen dem Punkt, wo sich die Küste von Ross Island kaum merklich aus der gleichförmigen weißen Platte des Meereises erhob, und einer schroffen Hügelkette, die weiter im Innern der Insel emporragte, lagen rund hundert Gebäude verstreut. Die größten erinnerten an Sport- oder Tennishallen, standen in ordentlichen Reihen neben- und hintereinander angeordnet. Andere waren kleiner und wild durcheinandergewürfelt, als habe jemand bei der Planung des Camps
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