Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Autoren: Jens Schumacher
Vom Netzwerk:
Februar, spätestens März ab.«
    Wie zur Bestätigung ihrer Worte fuhr eine neue Folge heftiger Stöße durch den Rumpf der LC-130. Die Maschine wurde hin und her geschüttelt wie ein Spielzeug. Henry dankte dem Schicksal dafür, dass sein Magen durch das Paragliding-Training ziemlich abgehärtet war.
    Professor Albrecht schien diesbezüglich weniger gut gerüstet zu sein. Sein Gesicht hob sich mittlerweile kaum noch von den grau gestrichenen Stahlwänden des Flugzeugs ab. Hektisch begann er, sein Handgepäck zu durchwühlen, offenbar auf der Suche nach einer Spucktüte.
    »Phänomenal«, meldete sich in diesem Moment das vierte Mitglied ihrer Reisegruppe zu Wort. Henry drehte den Kopf und spähte zum Ende der gegenüberliegenden Sitzbank hinüber.
    Dr. Duncan Lamont war Facharzt für virale Infektionen und Tropenkrankheiten. Professor Albrecht hatte seinen Universitätskollegen dafür gewonnen, im Rahmen seiner kleinen Expedition die Funktion des medizinischen Beraters zu übernehmen.
    Optisch hatte Lamont nicht viel mit den Ärzten gemein, die Henry bisher kennengelernt hatte. Er war Mitte vierzig, allerdings nur knapp einen Kopf größer als Henry. Mit seiner gedrungenen Statur, dem akkurat gestutzten Oberlippenbart und den strahlend weißen, extrem ebenmäßigen Zähnen wirkte er wie eine Nebenfigur in einem Indiana Jones-Film – eine positive Nebenfigur wohlgemerkt, kein Scherge der Nazis oder sonstiger Bösewichter.
    Was ihn Henry weiterhin sympathisch machte, war die Tatsache, dass er im Gegensatz zu vielen Erwachsenen keinerlei Berührungsängste zu haben schien, was moderne Technik anging. Unmittelbar nach dem Abflug hatte er es sich mit einigen Decken auf der Bank bequem gemacht und sich in die Bedienung eines Tablet-PCs vertieft, den er nun fasziniert in der Luft schwenkte.
    »Wirklich phänomenal«, wiederholte er. »Laut dieser Navigationssoftware haben wir soeben den PSR überflogen.«
    »W … wie meinen?« Die Stimme des Professors klang mindestens eine Oktave höher als zu Beginn des Flugs. »Was soll das sein, PSR?«
    »Der Point of Safe Return.« Lamont richtete sich auf, rutschte ein Stück auf den Professor zu und zog mit spitzen Fingern einen von dessen Ohrenstöpseln heraus. »Oder auch ›Punkt der sicheren Rückkehr‹. So nennt man auf langen Flügen ohne Möglichkeit eines Zwischenstopps jene Stelle, an der mehr als die Hälfte des Treibstoffs verbraucht ist. Von da an ist der Pilot nicht mehr in der Lage, zum Ausgangsflughafen zurückzukehren. Er kann nur noch stur auf sein Ziel zuhalten – und hoffen, dass er heil ankommt.«
    Lamont grinste breit und ließ seine unnatürlich weißen Zähne aufblitzen – ein Andenken an eine Forschungsreise in den indischen Busch, wie Henry einst von seinem Vater erfahren hatte. Lamont hatte sich dort vor Jahren mit einem unbekannten, extrem aggressiven Virus infiziert, der binnen kürzester Zeit sein komplettes Zahnfleisch zerstörte. Als der Mediziner nach Kanada zurückkehrte, hatte er kaum noch Zähne im Mund. Nur dank der Handwerkskunst der modernen Dentaltechnik konnte er ein halbes Jahr später wieder strahlend lächeln.
    Mit zitternden Fingern pflückte Professor Albrecht dem Arzt seinen Ohrstöpsel aus der Hand und stopfte ihn zurück an seinen Platz. Dabei machte er ein Gesicht, als hätte ihm jemand einen verfaulten Fisch unter die Nase gehalten. Offenbar war er gerade nicht in Stimmung, etwas über den Point of Safe Return zu hören.
    »Sie sehen alles andere als taufrisch aus, Hilmar«, stellte Dr. Lamont fest, noch immer lächelnd. »Geht es Ihnen nicht gut?«
    Professor Albrecht schüttelte kläglich den Kopf.
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich habe etwas gegen Reisekrankheit in meinem Handgepäck.« Der Arzt begann, in einer Tasche zu wühlen, die neben ihm auf der Bank stand.
    Als Henry den Professor so beobachtete, wurde ihm bewusst, wie eng dessen Freundschaft mit seinem Vater sein musste, wenn Albrecht bereit war, derartige Strapazen auf sich zu nehmen. Oder wie groß seine Neugier auf das war, was Donald Wilkins im Eis entdeckt hatte!
    Instinktiv zog Henry sein Netbook aus der Reisetasche, die angegurtet neben ihm stand, und klappte es auf. Er hatte sich die Videobotschaft, die sein Vater drei Wochen zuvor an Hilmar Albrecht geschickt hatte, erst kurz nach dem Start noch einmal angesehen. Ein Druck auf Play erweckte das Wiedergabefenster des Medienplayers erneut zum Leben.
    Donald Wilkins saß im Computerraum des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher