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Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik

Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik

Titel: Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
Autoren: José Carreras
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Vorwort: Wie in einem Spionageroman
    K ennengelernt haben wir beide einander, als wir uns einen Anzug anmessen ließen. Es war fast wie in John Le Carrés Spionageroman Der Schneider von Panama, bei dem im Anproberaum des Schneiders Pendel Machenschaften geplant werden. Zwar wusste der eine, wer der jeweils andere war, aber da man uns nie vorgestellt hatte, begrüßten wir einander mit gemessener Höflichkeit. Immerhin ist eine Begegnung in einem solchen Anproberaum peinlich, weil man halb ausgezogen – oder, wenn man es lieber so herum sagen möchte, nur halb angezogen – ist. Als der Zufall es wenige Tage später wollte, dass wir einander erneut begegneten, diesmal in einer Cafeteria in Barcelona, kamen wir zu dem Ergebnis, das Schicksal habe uns wohl deshalb erneut zusammengeführt, damit wir einander näher kennenlernten. Im Verlauf einer zwanglosen Unterhaltung entdeckten wir nicht nur unsere Leidenschaft für Fußball, exzessive Zeitungslektüre und das gemeinsame Interesse an Musik, sondern auch, dass wir beide aus Barcelona stammten, im Sternzeichen Schütze geboren waren und etwas für Ironie übrig hatten. Als ob das nicht genügte, hatten wir auch einige gemeinsame Bekannte, unter ihnen Arcadi Calzada, der wenige Wochen später in einem Restaurant in der Nähe des Hafens eine Abendgesellschaft ausrichtete, bei der wir einander erneut begegneten. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Abend sehr angenehm und vor allem ausgesprochen unterhaltsam verlief und wir jeden Augenblick genossen.
    Einige Monate später kamen wir auf die Idee, gemeinsam die Erinnerungen von José Carreras niederzuschreiben, und wir vereinbarten, uns dafür so oft zu treffen, wie es nötig war. Die dazu erforderliche Abstimmung unserer Terminkalender war alles andere als einfach. Wir trafen einander rund dreißigmal und danach noch einige Male, um den Text durchzugehen
und zu glätten. Außerdem begegneten wir uns bei Konzerten und Benefizgalas, haben uns im Stadion ein Spiel unseres Vereins FC Barcelona angesehen oder uns in einem beliebten Lokal des Stadtviertels Sants getroffen.
    Das Ergebnis ist das vorliegende Buch mit dem Titel Aus vollem Herzen. Es gestattet einen Blick auf das Leben des Sängers José Carreras, legt aber zugleich auch Zeugnis von der Bemühung eines Mannes ab, der alles tut, um in seinem Traumberuf erfolgreich zu sein, von seinem Kampf gegen Widrigkeiten und davon, wie ein Mensch über sich hinauszuwachsen vermag.
    Darüber hinaus liefert der Text einen Beleg für die Bedeutung des Wortes, denn in den zwei Jahren, in deren Verlauf wir regelmäßig zusammentrafen, um miteinander zu sprechen, hat sich eine wunderbare persönliche Beziehung herausgebildet, die die Zusammenarbeit erleichtert hat. Möglich wurde das durch die Wertschätzung, das Vertrauen und die Achtung, die wir einander entgegengebracht haben. Unser gemeinsamer Bekannter Umberto Eco hat einmal geschrieben, die Welt sei voller großartiger Bücher, die niemand liest. Mit diesen Erinnerungen wollten wir ein aufrichtiges Buch herausbringen, von dem wir hoffen, dass es gelesen wird, denn es lassen sich einige Lehren daraus ziehen. Die entscheidendste von ihnen ist die, dass man die Hoffnung nie aufgeben darf und sich dafür jeden Tag bemühen muss, ein besserer Mensch zu werden.
    José Carreras
    Màrius Carol

1.
Debüt an der Scala in einem Kostüm Giuseppe Di Stefanos
    E s war zwei Uhr nachmittags, als der achtundzwanzigjährige José Carreras die Mailänder Scala durch den Künstlerausgang in der Via Filodrammatici verließ. Bevor er den Platz überquerte, warf er voll Stolz einen Blick auf das Plakat an der Fassade des Gebäudes, das Verdis Oper Ein Maskenball ankündigte, mit ihm in der Rolle des Riccardo, den er an der Seite von Montserrat Caballé als Amelia und Renato Bruson als Renato singen würde. Trotz der wärmenden Wintersonne überlief ihn unwillkürlich ein Kälteschauer, doch er ließ sich nicht davon einschüchtern, dass sich einen flüchtigen Augenblick lang ein Abgrund vor ihm aufzutun schien. Er schlug den Mantelkragen hoch, atmete tief durch und ging mit festem Schritt in Richtung auf den Palazzo Marino weiter. Sein Ziel war die Via degli Omenoni. Dort wohnte der Tenor Giuseppe Di Stefano, ein Opernstar, den er schon seit Kindertagen zutiefst bewunderte. Dieser hatte ihm während einer Probe eine Mitteilung geschickt und ihn zu sich eingeladen, um dort liebevoll zubereitete Spaghetti zu essen und eine Weile zu plaudern, ohne
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