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Schulterwurf

Schulterwurf

Titel: Schulterwurf
Autoren: Andreas Schlueter , Irene Margil
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band seinen Hund los und lief, so schnell er konnte, davon.
    Ilka nahm ihr Handy und rief Linh an, um ihr die Neuigkeiten zu berichten. Doch Linh hatte ihr Handy auf lautlos gestellt
     und gerade überhaupt keine Zeit, das Telefonat entgegenzunehmen. Denn soeben hatte sie gemeinsam mit Yuuto den alten Japaner
     eingeholt.
    Yuuto rief ihn. Der alte Japaner blieb stehen, drehte sich um und Yuuto sprach ihn auf Japanisch an. Plötzlich standen sechs
     weitere Japaner um sie herum – drei vor und drei hinter ihnen   –, die alles andere als den Eindruck erweckten, ein nettes Gespräch unter alten japanischen Freunden führen zu wollen.
    Linh verstand kein Japanisch, aber sie verstand eine Angriffshaltung im Karate. Und genau die hatten die sechs Japaner gerade
     eingenommen. Sie sahen so aus, als ob sie gleich die ersten drei tödlichen Griffe an Yamada Yuuto ausprobieren wollten.
    Auch Yuuto verstand. Er brach das Gespräch mit dem alten Japaner ab, der sich ängstlich zurückzog. Offenbar war er kein Kämpfer,
     sondern nur ein Gelehrter alter Sprachen.
    Yuuto machte zwei schnelle Handbewegungen und sein Mantel und Hemd fielen von ihm ab wie faules Obst vom Baum. Yuuto stand
     plötzlich mit nacktem Oberkörper mitten auf der Straße, bereit zum Kampf.
    Linh schluckte. Natürlich war sie Schulmeisterin im Judo und natürlich wollte sie Yuuto zur Seite stehen. Aber das hier war
     alles andere als ein sportlicher Wettkampf. Das war nicht das, wozu sie den Judosport ausübte. Dies hier war genau das, was
     in dem Buch stand und aus Sicherheitsgründen und zur Rettung des Judosports auf ewig verbannt werden sollte. Dies hier war
     ein ernsthafter Kampf, vielleicht sogar auf Leben und Tod. Wusste Yuuto nicht nur von der Existenz des Buches? Kannte er auch
     den Inhalt? Beherrschte er die tödlichen Griffe, deren Geheimnis er wahren wollte? Und würde er jetzt, angesichts der Bedrohung,
     auch bereit sein, sie anzuwenden, obwohl es seiner Auffassung vom modernen Judo widersprach? Kurz schreckten sogar die sechs
     Japaner zurück. Sie wussten, wen sie vor sich hatten. Und sie wussten auch, welches Buch sie ihm abgenommen hatten. Sie schienen sich die gleichen Fragen zu stellen,
     die Linh soeben durch den Kopf geschossen waren. Doch dann besannen sie sich. Sie waren zu sechst! Sie machten sich ebenfalls
     ihre Oberkörper frei und waren bereit zum Angriff auf Yamada Yuuto.
     
    »Sie nimmt nicht ab«, stellte Ilka besorgt fest. »Da ist etwas passiert!«
    »Was soll denn passiert sein?«, fragte Jabali. »Yuuto ist bei ihr. Wenn der sich nicht wehren kann, dann weiß ich auch nicht.«
    »Ach«, widersprach Ilka. »Und wen haben wir gefesselt in dem alten Haus gefunden?«
    Jabali erschrak. Ilka hatte recht. Auch einem Großmeister konnte etwas zustoßen.
    »Vielleicht hat sie ihr Handy nur nicht gehört?«, hoffte Lennart. »Helfen können wir ohnehin nicht, weil wir gar nicht wissen,
     wo die beiden sind.«
    Ilka biss sich auf die Lippen. Es stimmte, was Lennart sagte. Trotzdem widerstrebte es ihr, einfach nichts zu unternehmen.
     Sie war sicher, wenn Linh ihr Handy nicht abnahm, war irgendetwas geschehen.
    »Pst!«, machte Michael. »Da!«
    Er zeigte auf den Ausgang des Sportklubs. Ein Quadratschädel trat vor die Tür, blieb stehen und zündete sich eine Zigarette
     an.
    »Das ist der Besitzer«, flüsterte Michael.
    »Woher willst du das wissen?«, wunderte sich Lennart. Leider hatten sie versäumt, Xaver zu fragen, wie Hans Koslowski aussah.
    »Er trägt keine Sporttasche bei sich.« Michael zeigte noch mal auf den Mann. »Erklär mir mal, was so einer wie der in einem
     Sportklub macht, wenn er keine Sportsachen dabeihat.«
    An Michaels Überlegung war etwas dran, fand Lennart. Fragend schaute er Ilka und Jabali an. Beide waren einverstanden. Auch
     auf das Risiko hin, sich zu täuschen, beschlossen sie, dem rauchenden Quadratschädel zu folgen, so wie Linh es ihnen aufgetragen
     hatte. Allerdings stieg der vermeintliche Hans Koslowski in ein Auto.
    »Wie sollen wir den denn jetzt verfolgen?«, stöhnte Jabali. »Da komme nicht einmal ich hinterher.«
    »Aber ich!«, behauptete Lennart und schwang sich auf sein Rennrad.
    Als Koslowski in seinen Wagen einstieg, hatteLennart bereits seinen Helm festgezurrt, sein rechtes Hosenbein in den Kniestrumpf gestopft, damit die Hose sich nicht in
     der Kettenschaltung verfangen konnte, und war bereit für die Verfolgung.
    »Ich halte euch auf dem Laufenden«, versprach
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