Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schule der Hexen

Schule der Hexen

Titel: Schule der Hexen
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
nun auch Gerrek wieder zu Wort, »habe ich Hunger und vor allem Durst.«
    »Das ist nichts Neues«, knurrte Mythor.
    »Durst«, verkündigte der Beuteldrache, »um gewisse Dinge zu vergessen.«
    Mythor fragte lieber nicht danach, was es für Gerrek zu vergessen gab. Er konnte es sich denken. Ab und zu versank der Beuteldrache in tiefes Schweigen, und dann warf er ihm immer undeutbare Blicke zu. Sein Vertrauen in Mythor war schwer erschüttert worden, nachdem er das Gespräch zwischen ihm und der Hexe Vina belauscht hatte, bei dem sich herausstellte, daß Honga nicht Honga war und in Wirklichkeit von dort stammte, wohin es Gerrek so sehr zog.
    Besser, er ließ Gerrek mit seinem Weltschmerz vorerst allein, bevor Scida mißtrauisch wurde.
    Vina hatte Mythor vor ihrem Tode nur noch sagen können, daß er sich niemandem außer der Hexe Ambe anvertrauen dürfe. Auf Ambe aber hoffte er jenseits der Grenze zu stoßen. Scidas Plan war es, sich in der nahen Stadt, über die sie kaum mehr zu sagen wußte, als daß es sie gab, als Gesandte der Zaubermutter Zeboa auszugeben, der sie schließlich auch diente. Als unparteiische Vermittlerin zwischen Zaem und Zahda, die Ambe eine Runenbotschaft zu überbringen habe, hoffte sie, sich selbst und ihre beiden Begleiter unversehrt durch die gegnerischen Linien bringen zu können.
    Mythor war sich dessen nicht so sicher. Doch er schwieg.
    »Ziemlich schlechter Dinge, unser schönster, einziger und gescheitester Beuteldrache der Welt«, sagte die Amazone.
    »Er wird sich wieder fangen«, murmelte Mythor. »Sicher ist es noch die Enttäuschung darüber, daß er Yacub nicht allein zur Strecke bringen konnte.«
    »Sicher«, knurrte Gerrek.
    Er ging, ohne über seinen Schwanz zu fallen, stolz und erhaben. Mythor wünschte sich, er würde sich etwas mehr auf die Umgebung konzentrieren als auf seine Gefühlswelt. Gerrek konnte, im Gegensatz zu ihm und Scida, auch im Dunkeln sehen.
    Und die zwei Körperlängen breite Straße schlängelte sich, an vielen Stellen von Unkraut und Dornenbüschen überwuchert, dunkel durch hügeliges Land und Wälder. Hin und wieder huschten kleine Tiere aufgescheucht davon. Doch auch anderes konnte in der Finsternis lauern.
    Weder der Mond noch Sterne standen am Himmel. Schon am Abend hatten sich dunkle Wolken zusammengezogen.
    Ahnten Burra und Yacub, wohin sie unterwegs waren? Lauerten sie irgendwo am Straßenrand, eins mit den Schatten?
    Scida schien keine Müdigkeit zu kennen. Sie war es, die immer wieder zur Eile mahnte. Mythor glaubte, sie zu verstehen. So sehr er sich auch nach einer Rast sehnte – er würde froh sein, wenn der Morgen anbrach.
    Dennoch fühlte er sich in der Einsamkeit der endlos erscheinenden Straße geborgener als in den engen Gassen einer Stadt. Wo Menschen waren, konnte immer auch Yacub sein. Er konnte ihnen in jeder Gestalt entgegentreten – und beim nächstenmal würde es vielleicht zu spät sein, wenn sie ihren Irrtum erkannten.
    Weiter marschierten sie. Hin und wieder fuhren Flammenlohen aus Gerreks Nüstern, wenn ihm Schwärme lästiger Insekten zu nahe kamen.
    Dann endlich blieb Scida stehen und hob den Arm. Sie deutete auf den noch fernen Lichtschein vor ihnen auf einer Anhöhe.
    »Baritalon«, sagte sie nur.
    Mythor nickte. Die Straße wand sichnun durch freies Gelände. Nur zur rechten wurde sie von schlanken, hohen Bäumen gesäumt.
    Und dort knackten Zweige.
    Mythor fuhr herum und riß das Gläserne Schwert aus der Scheide. Scida hatte Dangita und Lacthy in den Händen. Gerrek stand wie erstarrt.
    Yacub!
    Dieser eine Gedanke beherrschte sie alle drei. Doch dann sah Mythor zwei, drei kleine dunkle Gestalten, die sich von den Stämmen der Bäume lösten und offenbar ebenso überrascht über die nächtliche Begegnung waren wie die drei Gefährten selbst. Sie rannten davon, in ein kleines Tal hinein.
    »Wer ist das, Gerrek«, fragte Mythor leise. »Kannst du erkennen, wer…? Gerrek!«
    Es war zu spät. Der Mandaler machte einen Satz zwischen die Bäume, riß mit den wie Windmühlenflügel kreisenden Armen ein halbes Dutzend Äste ab und stürzte sich brüllend auf die Davoneilenden.
    »Dieser verdammte Narr!« rief Scida. »Komm!«
*
    Gerrek hatte die drei Fremden schon erreicht, als das Unvermeidliche geschah. Sein langer Rattenschwanz verfing sich zwischen seinen kurzen Beinen und brachte ihn zu Fall. Im Sturz aber konnte er noch zwei der Fliehenden an den Füßen packen. Vor ihm schlugen sie der Länge nach auf den weichen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher