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Schule der Hexen

Schule der Hexen

Titel: Schule der Hexen
Autoren: Horst Hoffmann
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bis er wieder ein Gefühl in die Glieder bekam. Dann erst drehte er sich erneut und kroch aus dem Stollen.
    Er fand sich außerhalb der Schloßmauern wieder. Zu beiden Seiten der Bodenöffnung lagen Zweige aufeinandergeschichtet, und ringsherum standen blühende Büsche dicht beieinander.
    Der Aase setzte und schüttelte sich. Wasser spritzte aus seinem Flaumhaar und dem dunkelgrünen, nun an seinem Körper klebenden Gewand – einer ohnehin enganliegenden Strumpfhose und einem bis in den Schoß reichenden Leibrock. Die Haube gleicher Farbe hatte er im Brunnen verloren. Überflüssigerweise überzeugte er sich davon, daß die beiden Dolche rechts und links an seinem Ledergürtel noch an Ort und Stelle waren.
    »Hexenpack!« brummte das Männchen, um sogleich vor seinem eigenen Grimm zu erschrecken.
    Was hatte ihn gepackt, daß er jetzt so reden konnte? Die Mädchen waren doch für ihn wie Kinder, und er hatte sie schreien gehört, bedroht von schrecklichsten Kreaturen, die Lankohr jemals zu Gesicht gekommen waren.
    Angi…
    Auch hier fand er keine Spur von ihr. Und im Stollen war sie auch nicht gewesen.
    Des Aasen Neugier erwachte. Als eine Art Hausmeister im Schloß hatte er unter anderem dafür Sorge zu tragen, daß keine der Schülerin über die Mauern kletterte oder sich auf andere Weise heimlich davonstahl. Die Stadt Bantalon war nicht weit, und die Mädchen wußten, daß es dort vieles zu erleben gab für sie. Natürlich wollten sie alle einmal tüchtige Hexen werden, doch viel zu oft packte sie die Langeweile. Dann mußte für gewöhnlich er, Lankohr, für ihre Späße herhalten, und wenn ihnen auch das zu eintönig wurde, schmiedeten sie Pläne.
    Und dies hier war ganz ohne Zweifel ein Weg aus dem Schloßgarten heraus, den Lankohr bislang nicht gekannt hatte.
    Waren vielleicht auch jene vier Novizinnen, die er vor vier Monden völlig betrunken in Bantalon aufgespürt und nach Behianor zurückgebracht hatte, durch den Brunnen entkommen?
    »Diese raffinierten kleinen Biester«, murmelte der Aase. Er erhob sich und stellte fest, daß er schon wieder ganz gut auf den Beinen war. Und jetzt sah er auch die Fußspur.
    Er nickte grimmig und folgte ihr. Dieser Stollen mußte schon sehr alt sein. Wer konnte schon wissen, wer ihn einmal als Fluchtweg aus dem Schloß heraus durch die Büsche getarnt hatte? Fest stand für Lankohr, daß die zur Seite geschobenen Zweige frisch geschnitten waren.
    Hatten die Mädchen am Ende noch Helfer außerhalb der Schloßmauern?
    Wieder verwünschte Lankohr seine Gedanken. Alles mögliche konnte hier auf sie lauern! Und wenn die Entersegler zurückkamen, waren keine Hexen in der Nähe, die sie vertreiben konnten.
    Auch letzteres konnte er nur vermuten. Schließlich wußte er immer noch nicht, was alles geschehen war, während er im Brunnen steckte.
    Lankohr schob sich so leise wie möglich durch das Gebüsch, bis er die Stimmen hörte. Ein Stein fiel ihm vom Herzen, als er auch die von Angi darunter erkannte. Er blieb, wo er war, schob vorsichtig die Zweige auseinander, so daß er auf eine Lichtung blicken konnte, und spitzte die Ohren.
    Angi saß auf dem grasbewachsenen Boden, offensichtlich noch erschöpft. Vor ihr standen sechs weitere Schülerinnen. Sie alle trugen den schwarzen Umhang.
    »Nein«, sagte gerade eine der sechs. »Wir konnten fliehen, als wir die Lücken in der Mauer sahen. Das heißt, natürlich flohen wir da vor den abscheulichen Kreaturen.«
    »Und sie haben so viele von uns verwundet«, hörte Lankohr eine andere mit tränenerstickter Stimme ausrufen. »Es ist nicht recht, daß wir fortlaufen und das einfach… einfach ausnützen!«
    Brav, Loni, dachte der Aase. Dann hob er eine Braue.
    »Ach, wir nützen doch das nicht aus!« sagte Angi. »Ich darf nicht daran denken. Ich weiß ja nur das, was ihr mir erzählt habt. Dieser Dummkopf warf mich ja in den Brunnen!«
    Dummkopf! Lankohr zuckte zusammen. Dankte sie ihm so ihre Rettung?
    Doch es kam noch besser.
    »Womöglich entdeckt er noch den Stollen«, fuhr Angi fort. »Und wer weiß, wann sich uns dann wieder eine Gelegenheit bietet, in die Stadt zu gehen.«
    »Sie hat recht«, pflichtete ihr Soni bei, die Lankohr zuerst gehört hatte. Neben Angi war sie die frechste von allen Schülerinnen, die zur Zeit die Anfänge der Hexenkunst erlernen sollten. »Wenn wir jetzt zurückkehren, wird Fieda uns gar nicht erst zu Wort kommen lassen. Sie wird uns nicht glauben, daß wir nur vor den schrecklichen Ungeheuern flohen.
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