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Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon

Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon

Titel: Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon
Autoren: Dan Shocker
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Fred Reedstone war dreiundzwanzig, als es ihn erwischte. Er
gehörte zu jenen Jugendlichen, die ihren Wagen auch fuhren, wenn
sie ein paar zuviel getrunken haften und dann stolz darauf waren,
daß die Polizei sie nicht erwischte.
    Im Falle Reedstone aber war kein Auto mit im Spiel, sondern eine
schwere Honda.
    Von einer Nachtbar nach Hause fahrend, kam Reedstone auf
regennasser Straße ins Schleudern und krachte gegen einen
Laternenpfahl. Das Mädchen auf dem Sozius, achtzehn Jahre jung,
war auf der Stelle tot.
    Reedstone brach sich den Schädel und wurde in bedenklichem
Zustand in ein Unfallkrankenhaus gebracht.
    Schwere Zeiten folgten, mehrere Operationen in einer Spezialklinik
schlossen sich an.
    Niemand glaubte daran, daß Fred Reedstone noch mal davonkam.
Als er nach vier Wochen noch immer in tiefer Bewußtlosigkeit
lag, zweifelten auch die größten Optimisten an seinem
Aufkommen. Und diejenigen, die annahmen, daß Reedstone es mit
seiner Bärennatur eventuell doch schaffte, waren überzeugt,
daß Reedstone dann verrückt oder körperlich ein
Krüppel sein würde.
    Niemand hatte recht!
    Dr. Samuel Warlock, ein weit über die Grenzen des Landes
hinaus bekannter Gehirnchirurg, schaffte nach der fünften
Operation das schier Unmögliche: Fred Reedstone kam wieder zu
sich. Sein Hirn arbeitete normal, es hatte keine Schäden
davongetragen. Nach weiteren drei Monaten war der junge Mann so weit
wieder hergestellt, daß er entlassen werden konnte. Zu diesem
Zeitpunkt schon war zwischen dem jungen Patienten, der dem Tod ein
Schnippchen geschlagen hatte, und dem großartigen Chirurgen
eine Verbindung gewachsen, die man fast freundschaftlich nennen
konnte. Warlock zeigte außerordentliches Interesse an
Reedstones Schicksal. Wahrscheinlich hing das damit zusammen,
daß Reedstone einen wirklichen Sonderfall darstellte. Ein
Mensch, der solche Verletzungen davontrug, konnte eigentlich nicht
mehr leben.
    Als Fred Reedstone entlassen wurde, ließ Warlock ihn extra
noch mal auf sein Zimmer kommen, um sich persönlich von dem
Patienten zu verabschieden. Er gab ihm gute Ratschläge, und es
schien, daß die auch auf fruchtbaren Boden fielen. Reedstone
war reifer geworden und nicht mehr so ein Dickschädel. Er sah
die Dinge und das Leben in einem anderen Licht.
    »… ich habe eine Bitte an Sie, Fred.« Warlock hatte
sich angewöhnt, Reedstone mit dem Vornamen anzureden. »Ich
möchte Sie gerne noch ein bißchen beobachten –
allerdings nur, wenn es Ihnen recht ist. Ich möchte sehen, wie
das weitergeht mit Ihnen. Es ist alles so gut geworden, daß ich
es selbst kaum fassen kann. Diesen Erfolg möchte ich Ihnen
– und nicht zuletzt mir – erhalten!«
    Bei diesen Worten fuhr Samuel Warlock sich durch das
schüttere Haar, das nur noch in einem schmalen Kranz, der rund
um den Kopf lief, dichter wuchs. »Wenn Sie mal Sorgen haben
sollten oder sich bei Ihnen gesundheitlich eine Änderung ergibt,
Fred: lassen Sie es mich wissen. Ich bin immer für Sie da und
stehe Ihnen mit Rat und Tat zur Seite…«
    »Danke, Doktor!« Fred Reedstone drückte die
dargebotene Rechte. »Ich werde daran denken.«
    Es gab nicht viele Menschen, zu denen Reedstone soviel Zutrauen
hatte, und er war froh, daß es überhaupt jemand gab, der
sich für ihn interessierte und sich so für ihn eingesetzt
hatte. »Ich weiß, was ich Ihnen schuldig bin, Doc. Man
verdankt einem Fremden nicht jeden Tag sein Leben. Ich werde nie
vergessen, was Sie für mich getan haben. Auch ich würde
mich freuen, wenn wir uns mal wiedersähen. Das klingt jetzt aus
meinem Mund banal, aber ich möchte Sie gern mal zu einem Drink
einladen. Aber das wir uns aus beruflichen Gründen noch mal
wiedersehen, das hoffe ich doch nicht…«
    Er irrte.
    Vier Monate später war es so weit. Ende November, an einem
trüben Tag, an dem sich Schnee ankündigte, läutete es
in Samuel Warlocks Privatwohnung.
    Das Hausmädchen des Chirurgen, das um diese Zeit noch
anwesend war, meldete sich.
    »Ja, bitte? Wer ist da?« fragte sie in die
Sprechanlage.
    »Fred Reedstone. Ich möchte gern zu Doktor
Warlock.«
    Sie sagte Bescheid. Warlock gab die Erlaubnis, den Besucher
einzulassen.
    Als er Reedstone gegenüberstand, erschrak er. Die Augen des
jungen Mannes waren eingefallen, sein Gesicht war grau, und er machte
einen übernervösen, wenn auch gefaßten Eindruck.
    »Ich muß Sie unbedingt sprechen, Doc«, kam es
tonlos über Reedstones Lippen. »Es ist wichtig! Unter vier
Augen!«
    Warlock bat Reedstone in
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