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Schulden ohne Suehne

Schulden ohne Suehne

Titel: Schulden ohne Suehne
Autoren: Kai A. Konrad , Holger Zschaepitz
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Andere Aspekte sind dem Ziel einer optimalen Nachfrage nachgelagert. Und kreditfinanzierte staatliche Ausgaben spielen bei der Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage eine wichtige Rolle.
    Die Kernidee der Globalsteuerung ist, dass Staatsausgaben unmittelbar die Nachfrage in genau gleichem Umfang erhöhen, während die staatlichen Kredite, die der Staat hierfür aufnehmen muss, im privaten Bereich die Nachfrage um weniger als diesen Betrag reduzieren. So kommt es zunächst zu einer Erhöhung der Gesamtnachfrage. Dieser Primärimpuls führt zu einem höheren Gesamtangebot, was wiederum privates Einkommen schafft, vondem wiederum ein Teil in Konsum umgesetzt wird und so fort, so dass fast eine Art Perpetuum mobile entsteht, bei dem sich die Staatsverschuldung im günstigsten Fall über Wachstumseffekte sogar selbst finanziert. Fragen der Finanzierung der Zinsen für die Staatsschuld sind dabei zweitrangig. Und sollte die Selbstfinanzierung nicht klappen, dann muss der Staat die Zinseinnahmen soweit durch Steuern abschöpfen, dass das verbleibende Volkseinkommen nach Steuern genauso groß ist, dass es eine Nachfrage in gewünschter Höhe entfaltet: So groß soll die Nachfrage sein, dass das Produktionspotential bei Vollbeschäftigung genau ausreicht, diese Nachfrage zu befriedigen. Diese Nachfrage soll sich dann das Angebot an Gütern und Dienstleistungen schaffen. Das wiederum führt zu Vollbeschäftigung. So schafft der Staat durch einen geeigneten Mix aus Steuern und Staatsverschuldung gerade die gewünschte Nachfrage, die dann das gewünschte Angebot bzw. Vollbeschäftigung nach sich zieht. Wenn die Staatsverschuldung im Laufe dieses Prozesses auf astronomische Höhen steigt, dann ist das eben so und gar kein Problem.
    Die Überlegungen, die hier etwas holzschnittartig wiedergegeben werden, waren von großem wirtschaftspolitischen Einfluss. In seiner Bedeutung hat dieses wirtschaftspolitische Weltbild mittlerweile an Einfluss verloren. Dafür sind verschiedene Kritikpunkte verantwortlich.
    Jedem Euro, den der Staat an Zinsen zahlt, steht irgendwo in der Welt ein Euro an Zinseinnahmen gegenüber. Das stimmt und beschreibt den simplen buchhalterischen Zusammenhang, wonach eine Buchung irgendwo im System eine Gegenbuchung verlangt, sozusagen das buchhalterische Äquivalent des Energieerhaltungssatzes der Thermodynamik. Trotzdem ist es für den Staat keine realistische Option, einfach immer mehr Schulden zu machen und diese Zinseinnahmen einfach als Steuern einzusammeln. Lerners »we owe it to ourselves« ist, denkt man rein in den Kategorien eines Buchhalters, zwar nicht falsch, aber wirtschaftspolitisch bedeutungslos. Es ist nicht gleichgültig, ob sich beim Staat Vermögen und Ansprüche oder Schulden anhäufen, weil der Staat nicht beliebig und vor allem nicht kostenfrei zwischen Staat und dem privaten Sektor umverteilen kann. Drei Aspekte sind besondersbedeutsam: Die ungleiche Verteilung der Ersparnisse in der Bevölkerung, die Problematik der Steuererhebung und Aspekte, die mit internationalen Kapitalmärkten zu tun haben.
    Zum ersten Aspekt: Legt man die Staatsverschuldung in Deutschland um auf die Bevölkerung, entfallen auf jeden Deutschen über 20   000   Euro. Hätte jeder Deutsche Staatspapiere im Gegenwert von 20   000   Euro, könnte der Staat sich der Staatsschuld wirklich sehr elegant und mit einem Federstrich entledigen. Er könnte einfach jeden Bürger veranlassen, Staatsschuldpapiere im Gegenwert von 20   000   Euro bei einer Sammelstelle abzugeben. Das sollte die Bürger nicht einmal besonders ärgern, denn sie wüssten, dass ihnen damit zugleich die Bürde der Staatsverschuldung genommen wäre.
    So ein Schritt ist offenbar nicht praktikabel, wenn das Vermögen in der Gesellschaft sehr unterschiedlich verteilt ist, einige Staatsbürger erhebliche Vermögen zusammengetragen haben und andere privat sogar noch zusätzliche Schulden haben. In dieser Situation wird die Rückzahlung der Staatsverschuldung zu einer Verteilungsfrage. Nehmen wir noch einmal an, Herr K. ist Alleineigentümer der betreffenden Bank, bei der er einen Kleinkredit hat. Außerdem soll die Bank noch 999 andere Kunden mit einem ähnlich großen Kredit haben. Herr K. ist also ein Superreicher in dieser kleinen Gesellschaft. Kollektiv verrechnen sich die Schulden aller 1 000   Kreditnehmer mit den Ansprüchen der Bank. Trotzdem würde Herr K. wohl einer allgemeinen Streichung aller Kredite nicht gern zustimmen. So ist es
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