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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Autoren: Shana Abé
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Prolog
    Stell dir einen Ort vor, der so überreich erfüllt ist von Verheißungen der Magie, dass selbst die Luft Wolken in der Farbe von Perlen, Grau und Rauchblau aushaucht; dass die Bäume sich unter dem Gewicht ihrer schweren Äste neigen und bis zum Boden strecken, wo sich ihre Nadeln und Blätter zu duftenden Lagerstätten auftürmen. Ein Ort von blitzenden, weißen Bergen und schwarzen Wäldern und einer hoch aufragenden, uralten Burg; Diamanten, die sich roh aus dem Schoß der Erde lösen, um unbemerkt die Wälder mit Schmuckbändern aus Eis und Feuer zu säumen.
    Ein Ort ohne kleine und kleinste Lebewesen. Ein Ort von geringer Ausdehnung, der schwer zu finden ist. Ein Ort, so verborgen, dass selbst die Sonne nicht bis in sein Herz vorstoßen kann, sondern ihre Strahlen über die Baumwipfel schicken muss, sodass die Spitzen dort oben in hellem Grün leuchten, während sich unten die Stille sammelt und Bäche sich wie kristallene Klingen über die Felsen und Blätter schieben.
    Jaspis und Quarz, von goldenen Einsprengseln durchzogen, wirbeln im Bachlauf. Diamantene Girlanden schmiegen sich tief in Tümpeln, verborgen unter Schlick.
    Stell dir vor, dass aus diesem Ort ein Volk hervorgegangen ist. Ein besonderes Volk, die einzigen Lebewesen dieses Waldes. Sie leben und jagen abseits vom Rest der Welt. Sie bändigen den Wald, behauen die quarzhaltigen Berge und errichten
die einsame Burg, die sich in kalter Erhabenheit an die trostloseste Seite des höchsten Gipfels klammert.
    Sie hören die Edelsteine in der Erde. Die Gesänge gelten den Wolken. Sie haben die Herrschaft über Gedanken und Verwandlung. Erfüllt von Magie, so leben sie ein großartiges Leben in Abgeschiedenheit. Und als die neidischen Anderen immer näher heranrücken, verteidigt das Volk der Berge und Wälder sein Heim mit einer Wildheit, die den Himmel selbst erschaudern lässt.
    Aber die Anderen lassen sich nicht aufhalten.
    Stell dir Blut vor und Krieg.
    Norden, Süden, Westen und Osten - von allen Seiten kriechen die Eindringlinge heran, wühlen den Schlamm in den Bächen auf und lassen den Boden erstarren. Die Burg und ihr Berg stehen im Mittelpunkt ihres Begehrens.
    Für die Letzten des Volkes auf dem Gipfel ist die Zukunft klar und kalt wie Sternenlicht. Sie lösen die Diamanten und Jaspissteine aus den Mauern ihrer Festung. Sie rufen ihre Kinder zusammen und verschmelzen mit dem Rauch, grau und blau und perlmuttfarben.
     
    Aber sie nahmen nicht alle Diamanten mit sich, als sie flohen. Und sie brachten auch nicht alle Kinder fort.
    Und nun stell dir vor … dass dies überhaupt keine Menschen sind.
    Dies sind die Drákon.
     
    Lange Zeit blieb die einsame Burg unbezwingbar. Es gab keine Pfade, die hinaufführten; alles bestand aus scharfkantigem Gestein und steilen Abhängen. Jahrzehntelang betrachteten Männer und ihre Söhne die Burg und bestaunten ihre Erhabenheit, ihre vollkommene Verachtung für alles Darunterliegende.
Die ausgeschabten Gletschertäler, die die Steilhänge umgaben, forderten viele zerschmetterte Körper.
    Doch angesichts all der Dinge, die außer Reichweite lagen, gärten Eroberungsträume wie Fieber in den Belagerern. Und schließlich begannen sie zu begreifen, wie der Berg zu bezwingen war, wo sie ihre Seile verankern und das Gestein weghacken konnten. Im Laufe von etlichen Jahren wurde auf diese Weise ein Pfad gehauen.
    Es nahm ganze Lebensspannen in Anspruch.
    Die Männer waren so klein und die Burg so hoch droben. Immer wieder gab es neue Schlachten zu schlagen, neue Ernten einzubringen, Geburten, Todesfälle und dahineilende Jahreszeiten. Die Menschen, die nun in den Wäldern lebten, waren lediglich Andere . Sie hörten die Diamanten unter ihren Füßen nicht, und niemals reisten sie mit den Wolken. Von den Goldeinsprengseln, die die Seen und Bäche durchzogen, sagte man, sie seien die letzten Gedanken der in die Flucht geschlagenen Götter.
    Die Burg schien mehr und mehr ein Trugbild denn ein Ziel zu sein. Allzeit war sie in Dunst gehüllt, und der unbehauene Quarz zog sich in kristallklaren Bändern wie eine Blutspur die Mauern und Wälle und Türme hinab. Und schließlich wurden auch die Kreaturen, die einst dort gelebt hatten, in die Legenden eingewoben, und ihre Anmut und ihre Wildheit verblassten zu Geschichten, die nicht greifbarer waren als das Ächzen des Windes.
    Das Gebirge bekam schließlich auch einen Namen: die Karpaten.
    Und die Burg auf dem höchsten Gipfel hieß Zaharen Yce, Tränen aus Eis
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