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Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Schöne Sauerei: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Autoren: Arne Blum
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Straße.

4
    »Wenn wir gegen die Menschen in den Krieg ziehen, dann müssen wir zusehen, dass unsere Truppen richtig aufgestellt sind!« Che hatte sich mitten im Stall aufgebaut. Er hatte den Kopf hoch aufgerichtet und stand breitbeinig da.
    Kim gähnte. Wie oft hatte sie dieses Gerede und Gehabe schon über sich ergehen lassen? Sie legte sich in ihre Ecke und schloss die Augen. Das Bild, wie man den betäubten Mann auf den Karren gehoben hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie hatte es nicht geschafft, Dörthe herbeizurufen.
    »Wir müssen den Kampf gegen die Menschen aufnehmen!«, rief Che aus. »Zuerst müssen die wilden Schwarzen in die Schlacht ziehen. Dafür sind die Schwarzen gemacht, dass sie als Erste kämpfen. Sie haben die Statur dafür und sind nicht so klug wie wir weißen Schweine. Wir weißen Schweine bleiben zurück und leiten die Schwarzen an, wir warten ab, wie der Kampf verläuft, bis wir eingreifen …«
    He, Che, komm runter, wollte Kim ihm zurufen, von welchem Kampf sprichst du? In seiner Phantasie schien er unaufhörlich gegen die verhassten Menschen anzurennen.
    »Wer gibt uns eigentlich etwas zu fressen, wenn wir kämpfen?«, fragte Brunst und schmatzte laut, weil er noch an einem Maiskolben kaute, den er in einer Ecke des Stalls vor den anderen versteckt hatte. »Glaubst du, die Menschen füttern uns noch, wenn wir gegen sie in die Schlacht ziehen?«
    »Wo soll denn diese tolle Schlacht sein?«, piepste Cecile. »Etwa hier bei uns auf der Wiese? Und was ist mit Dörthe? Müssen wir auch gegen sie kämpfen?«
    Che schnaufte unwillig. »Es geht um den einen großen letzten Kampf, der alles entscheidet«, knurrte er, als habe er es nur mit Dummköpfen zu tun, die seine genialen Gedanken nicht begreifen konnten.
    Einmal hatte er eingestanden, dass er in Kim verliebt war, dass er nur deshalb so große Reden schwang. Vielleicht sollte sie ihm sagen, dass es nun genug war, dass sie überlegte, mit Lunke in den Wald zu gehen …
    Sie öffnete die Augen und sprang aus einem Impuls heraus auf. »Kann mir einer sagen, was Rauschzeit ist … und was da genau mit unsereins passiert?«
    »Rauschzeit?« Che sprach das Wort angewidert aus. Lunke hatte einmal gemeint, dass allen Ebern auf ihrer Wiese das Wichtigste fehlte, dass sie eigentlich gar keine richtigen Eber mehr seien. »Wieso kommst du mir mit so einer Frage, wenn ich von der Schlacht aller Schlachten spreche?«
    »Interessiert mich eben.« Kim verzog schmollend das Gesicht und legte sich wieder hin.
    Doktor Pik, der aussah, als hätte er geschlafen, hob den Kopf. »Da müsste uns eigentlich Brunst Auskunft geben können.« Er kicherte geheimnisvoll, wie es sonst nicht seine Art war.
    Brunst sah ihn verständnislos an. »Ich – wieso ich? Mit Fressen hat das nichts zu tun – da bin ich mir ziemlich sicher.«
    Doktor Pik schüttelte weise den Kopf. »Nein, da hast du recht. Mit Fressen hat das nichts zu tun. Es geht eher darum, woher wir kommen … Ich meine, wir fallen schließlich nicht vom Himmel.«
    »Du meinst, es geht ums Vögeln«, rief Kim, »so hat Dörthe das jedenfalls mal genannt, glaube ich«, fügte sie leiser hinzu, nachdem Doktor Pik sie strafend angeschaut hatte.
    »Vögel?«, quiekte Cecile. »Hat diese Rauschzeit was mit Fliegen zu tun? Ist das die Zeit, in der auch wir Schweine fliegen können?«
    »Nicht ganz.« Doktor Pik sprach zu Cecile, doch er hatte seine Augen immer noch durchdringend auf Kim gerichtet. »Es geht um Fortpflanzung. Irgendwann sterben wir, und damit es weiter Schweine gibt, müssen wir Nachkommen zeugen. Das passiert in der Rauschzeit. Der Eber umwirbt …« Er verstummte abrupt. Sein Blick veränderte sich, wurde nachdenklich und wehmütig. »Ich war vor vielen Sommern einmal richtig verliebt … Habe ich wohl schon erzählt … Sie hieß Anna und sah Kim ein wenig ähnlich. Als unsere Rauschzeit kam, haben wir die Gelegenheit genutzt und die ganze Nacht …«
    »Was habt ihr die ganze Nacht?«, fragte Che, ungewohnt neugierig, für gewöhnlich interessierte er sich nicht dafür, was die anderen zu sagen hatten.
    Doktor Pik schniefte. »Egal. Als es so weit war, ist Anna eines Morgens abgeholt worden. Es war Winter, alles war weiß, im Schneelicht stand sie da. In meinem Herzen halte ich diesen Moment ganz fest – ich werde ihn bis zu meinem Ende nicht vergessen.«
    Tiefes Schweigen legte sich über den Stall. Selbst der fette Brunst hörte auf zu kauen, weil er begriff, wie traurig Doktor Pik
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