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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut
Autoren: Gerhard Wagner
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|7| Vorwort
    A uf einigen Burgen werden die Führungen an passenden Stellen mit Redewendungen aufgelockert, denn Formulierungen wie Etwas im Schilde führen oder Mit offenem Visier kämpfen kann man sehr gut angesichts von Ritterrüstungen erläutern. Es ist dann für die Burgbesucher immer wieder verblüffend zu erfahren, dass viele unserer Redensarten bereits ihre Wurzeln vor Hunderten von Jahren haben. Viele Menschen benutzen solche Redewendungen nämlich selbstverständlich, ohne zu wissen, wann sie entstanden oder auf welche historischen Tatsachen sie zurückzuführen sind. Eine Burg ist deshalb ein guter Ort, anhand von Gegenständen oder Tätigkeiten, Räumlichkeiten oder Bauwerken zu erläutern, woher Redewendungen wie Auf großem Fuße leben oder In die Bresche springen stammen.
     
    Während die älteren Besucher meist aufmerksam den Erklärungen lauschen und amüsiert die Bedeutung von Redewendungen zur Kenntnis nehmen, die sie zwar benutzen, deren Ursprung sie aber in der Regel nicht kennen, lässt sich besonders bei Schulklassen ein auffälliges Maß an Unverständnis feststellen, wenn Redewendungen wie Auf die hohe Kante legen oder Die Tafel aufheben zur Sprache kommen. Bei den Älteren sind solche Begriffe noch in aller Munde, aber jüngeren Jahrgängen muss man neuerdings erklären, was man meint, wenn man von einem Zeitgenossen behauptet, er habe das Heft in der Hand oder er sei auf den Hund gekommen; solche Redensarten sind bei vielen mittlerweile sogar aus dem passiven Wortschatz verschwunden.
     
    Dieses Buch will da eine Eselsbrücke bauen und Ross und Reiter nennen. Es fasst in 250 Artikeln knapp 300 Redewendungen zusammen, die meist auf das Mittelalter oder die frühe Neuzeit zurückgehen und auch heute noch populär sind. Es ist unterteilt in Kapitel, die sich mit unterschiedlichen Bereichen des damaligen Lebens beschäftigen. Unter „Ritterliches“ werden Redewendungen vorgestellt, die aus dem Bereich der Wehrhaftigkeit, des Militärischen und anderer dem Ritter zugeordneten Aspekte kommen. „Gerichtliches“ stellt Redensarten vor, die aus juristischen Zusammenhängen wie Urteil oder Strafe entstanden sind. Im Abschnitt „Historisches“ werden Redewendungen behandelt, die auf konkrete Ereignisse oder Personen der Geschichte Bezug nehmen. In „Kirchliches“ findet sich alles, was mit Religion, Aberglaube und Jenseitigem zu tun hat. In „Gewerbliches“ kommen Redewendungen aus historischen Berufen zur Sprache, denn die Fachsprachen der Handwerker haben viele Spuren hinterlassen. „Öffentliches“ nennt Redensarten, die allgemein gebräuchliche Tatsachen und Handlungen betreffen, während „Häusliches“ die privaten, intimen Dinge als Quellen für Redewendungen untersucht.
     
    Aber was sind Redewendungen eigentlich? Sie sind kleine, meist aus nur einem oder mehreren Wörtern bestehende Ausdrücke, die auf Termini aus anderen, oft historischen Zusammenhängen zurückgreifen und gleichnishaft eine Situation, eine Handlung oder ein Gefühl beschreiben und deutlich machen. Sie sind kleine Parabeln. Sie dürfen nicht verwechselt werden mit Sprichwörtern, die meist aus einem abgeschlossenen |8| Satz bestehen. Allen anderen Konstruktionen ist eine gewisse Verständlichkeit gemein, die Redewendungen oft auf den ersten Blick vermissen lassen. So haben Ausländer, die sich eine fremde Sprache durchaus angeeignet haben mögen, oft große Probleme, Redewendungen dieser Sprache, auch „Idiomatismen“ genannt, zu verstehen und selbst richtig anzuwenden.
     
    Redewendungen sind wie Brücken in die Vergangenheit. Auf ihnen gehen heutige Menschen ständig zurück in eine in vielerlei Hinsicht fremde Welt vor sechs- oder siebenhundert Jahren, allerdings meist, ohne sich dessen bewusst zu sein. Denn Redensarten gehören so fest zu unserer alltäglichen Sprache, dass wir viele gar nicht mehr als solche erkennen. Ob es nun Wörter wie Hänseln, Aufdecken oder Überführen sind oder Denkzettel, Prügelknabe oder Garaus, sie sind assimiliert und den meisten Zeitgenossen so vertraut wie Kind und Kegel. Warum aber steigt man ins Bett und schlägt ein Buch auf?
     
    Diese sprachlichen Brücken gehen leider immer mehr verloren, weil viele Bezüge, auf die Redensarten zurückgreifen, heute weitgehend unbekannt oder in Vergessenheit geraten sind. Wer hat jemals eine Tretmühle in Aktion gesehen, wer könnte noch mit einem Heller bezahlen, und wer hätte eine Verwendung für ein Kerbholz?
     
    Es wäre
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