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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
Autoren: Edith Kneifl
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hinüber zu dem brennenden Haus laufen. Ich packte sie am Ärmel ihres Nerzmantels.
    „Sind Sie verrückt? Sie können dort jetzt nicht einfach hineinspazieren.“
    „Aber vielleicht ist mein Mann …“, schluchzte sie.
    Ich legte den Arm um ihre Schultern und fragte leise: „Wohnen Sie dort?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Mein Mann …, Ex-Mann, hat seine Ordination im ersten Stock.“
    „Um diese Zeit wird er wohl nicht in der Ordination sein“, versuchte ich sie zu beruhigen.
    Inzwischen war auch die Polizei eingetroffen. Sie sperrte den Platz vor dem Haus ab. Die weinende Frau und ich befanden uns innerhalb der Absperrung. Niemand schien von uns Notiz zu nehmen.
    Panische Schreie. Hysterisches Kreischen. Einige Hausbewohner trafen bereits Anstalten, aus den Fenstern im dritten und vierten Stock zu springen, und mussten von den Einsatzkräften zurückgehalten werden. Fasziniert sah ich dabei zu, wie sich die Feuerwehrmänner bemühten, den Brand in den Griff zu kriegen. Zum Glück gelang es ihnen bald zu verhindern, dass das Feuer auf die oberen Stockwerke übergriff.
    Durch die heftige Explosion waren einige Fenster im Erdgeschoß und im ersten Stock samt Rahmen sowie Mauerteile aus den Wänden gerissen und auf die Straße geschleudert worden. Auch Mobiliar war aus den Fenstern geflogen. Einzelne Trümmer waren aufs Trottoir gekracht. Das Prasseln der Glasscherben auf dem Pflaster wurde durch das Ächzen und Stöhnen der Holzbalken, die von den Flammen umzüngelt wurden, übertönt.
    „Mein Mann …“, seufzte die ältere Dame verzweifelt. Da mir keine tröstenden Worte einfielen, drückte ich sie ein bisschen fester an mich.
    Dunkelblaue Rauchwolken verfärbten den Himmel. Ölige Ascheflocken rieselten wie schwarzer Schnee auf uns nieder, blieben in unseren Haaren kleben. Der Geruch von Rauch und verbranntem Kunststoff verstopfte meine Nase.
    Als die letzten Flammen endlich zuckend und zischend verebbten, erhaschte ich einen Blick durch die zerborstenen Fenster in die ausgebrannten Räume.
    Einige Feuerwehrmänner wagten sich in das völlig verwüstete Erdgeschoß. Nach einer Weile kamen zwei der Männer mit einer Bahre, auf der sich die Überreste eines verbrannten Opfers befanden, wieder heraus. Instinktiv wandte ich mich ab.
    Die Frau im Nerz riss sich von mir los und stürzte sich auf die Männer mit der Bahre. Zögernd folgte ich ihr.
    Beim Anblick der halb verkohlten Leiche drehte sich mir der Magen um.
    Ich verfluchte meine Neugier, brachte es aber nicht fertig, den Schauplatz dieses schrecklichen Unfalls zu verlassen, ohne zu wissen, was genau passiert war. Wie gebannt starrte ich auf die am Trottoir aufgepinselten Margariten, bis auch sie endlich zu weinen begannen. Ich bildete mir ein, dass sich ihre Tränen mit schwarzem Blut vermischten.
    Vergiss deine Visionen, Kafka, sagte ich mir und riss mich zusammen. Hielt nun wieder nach der älteren Dame Ausschau. Einer der Polizeibeamten erklärte ihr gerade, dass es sich offensichtlich um eine Gasexplosion handle und dass das Todesopfer eine Frau sei.
    Die Tote wurde in einem Rettungswagen weggebracht.
    Die Polizei nahm unsere persönlichen Daten auf und ließ uns dann gehen.
    „Soll ich Sie nach Hause begleiten?“, fragte ich die Frau, die nun wieder nahe bei mir stand.
    „Nein, danke. Aber wenn Sie meinen Wagen parken würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich fürchte, dazu bin ich jetzt nicht mehr fähig.“ Sie klang wieder halbwegs gefasst, obwohl ihre Stimme nach wie vor zitterte.
    Ich nahm die Schlüssel und stellte ihren Skoda Octavia in die nächste Parklücke. Auf der Ablage zwischen Fahrer- und Beifahrersitz entdeckte ich ein Ausweisetui. Neugierig warf ich, bevor ich ausstieg, einen Blick auf die Fahrzeugpapiere. Sie waren auf Angela Bischof, geboren am 24. Oktober 1950, ausgestellt.
    Der Name kam mir bekannt vor.
2
    Um elf Uhr vormittags wachte ich auf. Mit geschlossenen Lidern blieb ich noch ein, zwei Minuten liegen. Sogleich sah ich die Flammenhölle vor mir. Am liebsten wäre ich wieder eingeschlafen. Der penetrante Weckruf meines Handys ließ es nicht zu.
    Ich ging in die Küche und machte mir einen Kaffee. Im Mund hatte ich nach wie vor den bitteren Rauchgeschmack, und meine Lungen fühlten sich an, als hätte ich drei Päckchen Smart geraucht.
    Ich liebte meine Küche, hatte sie doch Österreichs berühmteste Architektin Margarete Schütte-Lihotzky entworfen. Leider hatte ich sie nie persönlich kennengelernt.
    Durchs
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