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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce
Autoren: Gmeiner-Verlag
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›ausborgte‹. Rick nahm Geld
dafür und fühlte sich mit der Zeit wie eine ›Puffmutter‹, wie er dem Tagebuch
anvertraute. Doch der Gedanke an die mehr oder weniger regelmäßigen
Einzahlungen auf sein nicht gerade üppiges, aber immer im Plus befindliches
Studentenkonto behielt die Oberhand gegenüber diesen gelegentlichen Anflügen
von Skrupel.
    Die Monate vor Carolas gewaltsamen Tod hatte Ansbichler Rick
wiederholt von den Problemen mit seiner Frau erzählt, die sich scheiden lassen
wollte. Dann wären die fetten Zeiten vorbei, hatte er gejammert. Denn von
seinem Politikergehalt alleine wäre der aufwendige Lebensstil, aber auch »die
Zuwendungen an dich, Rick« nicht mehr zu finanzieren.
    »So, jetzt kommt noch eine letzte Tagebucheintragung und dann
werden wir alle befreit sein«, kündigte Mraz an. Etwas sehr theatralisch, fand
Palinski. Später sollte er etwas anders darüber denken.
    Ansbichler überflog die Seite, die er jetzt noch lesen sollte.
Plötzlich fing er an zu zittern, dann sogar zu weinen.
    »Bitte nicht, das kann ich beim besten Willen nicht lesen .«
    Mraz blieb aber ungerührt. »Lies das jetzt, du Sau«, forderte er
das inzwischen vor dem Rednerpult kauernde, zitternde Bündel Mensch nochmals
auf.
    »Nein, das kann niemand von mir verlangen«, fast trotzig
versuchte Ansbichler, sich weiter zu widersetzen.
    »Wetten dass«, meinte Mraz. Dann schoss er dem Stadtrat in die
linke Schuhspitze. Der folgende Schrei war durch mehrere dicke Mauern hindurch
bis zu dem mindestens 100 Meter entfernten Michaelerplatz zu hören, wie einige
Ohrenzeugen später versichern sollten. Kein Wunder, hatten sich doch zwei Zehen
Ansbichlers in Sekundenschnelle sozusagen in ihre Moleküle aufgelöst.
    Palinski war schockiert, aber nicht nur er. »Mein Gott, Walter,
was haben Sie gemacht? Das war doch nicht notwendig. Ich hätte ja auch vorlesen
können .«
    »Danke, Palinski, aber das könnte ich Ihnen nicht zumuten. Das
muss schon das Schwein selbst lesen, das für diese schrecklichen Geschehnisse
verantwortlich ist .«
    Mraz wandte sich wieder Ansbichler zu. »Komm steh auf, du
Schlappschwanz. Natürlich schmerzt das, aber daran stirbst du sicher nicht.
Also lies jetzt, sonst ist deine Kniescheibe dran .«
    Mühsam setzte sich der Stadtrat wieder auf, wischte sich über
die Augen und begann stockend, die letzte Eintragung Ricks zu lesen.
    »Es ist fürchterlich, was gestern geschehen ist. Ich bin ganz
sicher, dass Robert hinter diesem vorgetäuschten Anschlag auf sich selbst
steht. Und, dass Carola ganz bewusst erschossen worden ist. Der Ablauf
entspricht völlig dem Muster, von dem er mir vor einem Jahr oder so erzählt
hat. Er hat es wirklich gemacht. Nur, um sich nicht scheiden lassen zu müssen.
Dieses verdammte Geld bringt uns noch alle um. Und ich habe Beihilfe geleistet,
weil ich ihm den Schlüssel für die Wohnung gegeben habe. Gott verzeih mir, ich bin mitschuldig am Tod Carolas. Ich muss ihn
heute Abend dazu bringen, dass wir uns der Polizei stellen. Sonst finde ich im
Leben keine Ruhe mehr .«
    Lähmende Stille lag über dem Saal.
    »Das war sonntagabends. Am Montagmorgen wurde die Leiche meines
Sohns splitternackt am Cobenzl gefunden .« Anklagend
deutete Mraz auf Ansbichler. »Ermordet von diesem Mann hier. Dem zweifachen
Mörder Robert Ansbichler.«
    Palinski brauchte einige Minuten, um wieder sprechen zu können.
    »Stimmt das, was Herr Mraz Ihnen vorwirft? Oder haben Sie eine
Erklärung für diese zweifellos sehr belastenden Indizien ?«
    »Ich kann das alles erklären«, versuchte es Ansbichler nochmals.
Was eigentlich? Zeit zu gewinnen? Oder, was sonst? dachte Palinski. Mit dem,
was jetzt alles bekannt war, war der Stadtrat auf jeden Fall für mindestens 25 Jahre
gut.
    »Dann erkläre einmal, warum ein DNS-Vergleich ergeben würde,
dass du mit Rick vor oder ...«, Mraz brachte es nicht über sich, diesen
Gedanken auszusprechen. »Also, dass du mit Rick noch kurz vor seiner Ermordung
Verkehr gehabt hast. Erkläre uns das einmal .«
    »Ich war das nicht«, presste Ansbichler trotzig heraus. Jetzt
war es Mraz zu bunt geworden und er machte seine vorangegangene Drohung war. Er
schoss dem Stadtrat ins Knie.
    Langsam wurde eine Hinrichtung in Etappen daraus, fuhr es
Palinski durch den Kopf. Um Gottes willen, das war es, was Mraz vorhatte. Er
wollte den Tod seines Sohnes ganz im alttestamentarischen Sinne rächen. Auge um
Auge, Zahn um Zahn,
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